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Das Skript

Das Skript

Titel: Das Skript
Autoren: Arno Strobel
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hingehörte. Überall in dem braunen Teppich aus verwelkten Blättern lagen kleinere abgebrochene Äste. Hier und da wurde der dichte Belag durch Büschel von grünen Halmen unterbrochen, die ihre Spitzen neugierig nach oben streckten, als versuchten sie, einen der hellen Flecken zu erhaschen, die die Frühlingssonne durch das noch lichte neue Blätterdach hoch über ihnen auf den Boden warf.
    Direkt neben der Frau, noch halb um den Baum geschlungen, lag ein Strick auf dem Boden wie der Körper einer Schlange. Wahrscheinlich war der Oberkörper der Toten damit an den Baum gebunden gewesen, als man sie gefunden hatte. Als hätte sie seinen Gedanken gelauscht, fragte Matthiessen: »Wer hat sie gefunden?« Ihre Stimme klang wieder fester. Erdmann sah zu ihr auf und bemerkte erst jetzt den Mann im weißen Schutzanzug, der neben seine Kollegin getreten war. Er kannte ihn, hatte ihn schon ein paarmal an Tatorten und Leichenfundstellen gesehen, aber sein Name fiel ihm nicht mehr ein.
    »Ein Mann, der mit seinem Hund spazieren ging. Er ist da vorne, ein Sani ist bei ihm.« Der Mann zeigte auf eine Stelle gleich hinter der Absperrung, wo ein älterer Herr in der geöffneten Heckklappe eines Krankenwagens saß und sich gestikulierend mit einem weißgekleideten Mann mit orangefarbener Warnweste unterhielt. Der Hund saß neben den beiden auf dem Boden. Erdmann glaubte, aus der Entfernung einen Dackel zu erkennen. »Übernehmen Sie das bitte«, sagte Matthiessen und wandte sich wieder dem Mann im Schutzanzug zu, während Erdmann auf den Krankenwagen zuging.
    Der etwa 75 -Jährige stand offensichtlich unter Schock, und der Mann mit der Warnweste, der kein Sanitäter, sondern Arzt war, wie sich herausstellte, bat Erdmann, seine Fragen möglichst vorsichtig zu stellen. Als Erdmann den älteren Mann ansprach, dauerte es eine Weile, bis er reagierte und mit leerem Blick zu ihm aufsah. Er bestätigte stockend Erdmanns Vermutung, dass die Tote mit dem Seil, das neben ihr auf dem Boden gelegen hatte, angebunden gewesen war. Dann brach der Mann in Tränen aus, was den Arzt dazu veranlasste, sich vor ihn zu stellen, damit er nicht weiter von Erdmann befragt werden konnte. Erdmann sah ein, dass es im Moment keinen Sinn hatte fortzufahren, und ging zurück zu Matthiessen.
    Eine knappe Stunde später saßen sie im Einsatzraum der BAO Heike. Anders als zuvor waren die meisten Plätze nun besetzt. Stohrmann hatte alle Mitglieder der BAO herbeordert, die meisten von ihnen kannte Erdmann schon länger. Zudem saß Kriminalrat Jan Eckes mit am Tisch, der Leiter des LKA 4 . Matthiessen und Erdmann kamen als Letzte dazu, sie hatten den Anruf erhalten, als sie gerade vom Fundort der Leiche aufbrechen wollten. Alle Augen waren auf sie gerichtet, während sie auf zwei freien Stühlen nebeneinander Platz nahmen.
    Auf Stohrmanns Aufforderung hin berichtete Matthiessen, was sie bisher wussten. Bei der Beschreibung des Rückens der Toten begnügte sie sich mit der Information, dass der Frau stümperhaft die Haut vom Körper geschnitten worden war. »Außerdem hat man ihr etwas in die Stirn geritzt. Eins, Bindestrich, zwei. Wir haben noch keine Vorstellung, was das zu bedeuten hat. Die Fotos werden wir gleich bekommen.«
    Erdmann sah, wie einer der Beamten schräg gegenüber bei der Erwähnung der Zahlen auf der Stirn zusammenzuckte. Es war Kommissar Jens Diederich, ein schlaksiger Mann um die dreißig, um dessen Augen und Mund immer ein Grinsen zu liegen schien. Erdmann kannte ihn, seit er etwa zwei Jahre zuvor zur Kripo gestoßen war. Er hatte das Gefühl, dass Diederich etwas sagen wollte, aber Stohrmann kam ihm zuvor. »Aus dem Labor kam eben die Bestätigung: Bei dem Material auf dem Rahmen handelt es sich definitiv um menschliche Haut. Der DNA -Abgleich wird noch dauern, aber aufgrund der Tätowierung müssen wir wohl davon ausgehen, dass dieses Hautstück von Heike Kleenkamp stammt. Eine Verbindung zwischen ihr und der Toten aus dem Stadtpark scheint offensichtlich, wir haben es nun also wahrscheinlich nicht nur mit einem Entführungsfall zu tun, sondern auch mit Mord. Deshalb wird uns Kriminalrat Eckes zusätzliche Kolleginnen und Kollegen des LKA 4 zur Seite stellen.« Während Eckes nun die Namen der Beamten nannte, die er für die BAO abstellte, warf Erdmann immer wieder einen kurzen Blick zu Jens Diederich. Diederich schien sich erst nicht schlüssig zu sein, ob er etwas sagen sollte oder nicht, doch als Eckes sich zurücklehnte, richtete er sich
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