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Das Skript

Das Skript

Titel: Das Skript
Autoren: Arno Strobel
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war im Wohnzimmer dabei, aus einem Regal einzelne Bücher herauszunehmen und durchzublättern. »Ich glaube, ich habe gefunden, was wir suchen«, sagte Erdmann.
    Matthiessen stellte schnell das Buch zurück, das sie in Händen gehalten hatte, und sah sich den Mietvertrag gemeinsam mit Erdmann an. Er war datiert auf den ersten Oktober des vergangenen Jahres und begrenzt auf ein Jahr. Der Mietpreis betrug 100  Euro im Monat, sämtliche Gewährleistungen und Reparaturansprüche wurden in einer gesonderten Klausel ebenso ausgeschlossen wie der Anspruch auf funktionierende Versorgung mit Wasser und Heizung. Lediglich Strom gab es. Es war ein Mietvertrag über eine unbewohnbare Ruine. Nach einer Weile riss Erdmann sich von dem Schriftstück los und sah Matthiessen an. »Das ist es. Ich weiß, dass es das ist.«
    Bevor Matthiessen etwas dazu sagen konnte, klingelte ihr Telefon. Sie meldete sich, hörte einen Moment lang zu und sagte: »Das ist gut. Ist er ansprechbar? … Das habe ich mir … ach … und? …« Sie hörte eine lange Zeit nur zu, dann sagte sie: »Doch, es kann sein … Haben Sie Hauptkommissar Stohrmann schon informiert? … Ja, gut. Bleiben Sie da und lassen Sie außer den Ärzten und den Schwestern niemanden zu ihm. Danke.«
    Matthiessen legte auf und sah Erdmann an. »Jahn ist bei Bewusstsein. Er sagt, er habe gestern Morgen einen Anruf bekommen. Eine flüsternde Stimme hat sich als sein größter Fan ausgegeben und ihm gesagt, er solle in der Nacht zu dem Fabrikgebäude kommen. Die Stimme hat ihm genau beschrieben, wo der Kellerraum sich befindet, und gesagt, er müsse Heike Kleenkamp und Nina Hartmann dort befreien. Dann solle er die Polizei rufen und würde anschließend als Held dastehen. Die Publicity würde seine Bücher noch erfolgreicher werden lassen. Aber er dürfe die Polizei nicht vorher informieren, sonst würden die Frauen sofort getötet.«
    »Romanautor rettet Verlegertochter, die nach seinen Buchvorgaben getötet werden soll.« Erdmann hörte selbst, wie verächtlich seine Stimme klang. »Welch eine Überschrift. Und warum ist er dann abgehauen, als wir kamen?«
    »Er sagt, als wir plötzlich auftauchten, war ihm klar, dass er hereingelegt worden war und wir ihn verdächtigen würden. Er hat Panik bekommen und ist geflohen.«
    Für einen Moment herrschte eine geradezu gespenstische Stille. Alle Kollegen hatten aufgehört mit ihren Durchsuchungen. Niemand bewegte sich, niemand sprach ein Wort. Es war die Stille, die entsteht, wenn man einen gewaltigen Blitz gesehen hatte und mit angehaltenem Atem auf den Donner wartet. Der kam in der Person von Andrea Matthiessen, die plötzlich geradezu zu explodieren schien. »Alles mal herhören: Stephan, du forderst ein SEK -Team an, und mach denen Dampf, die sollen auf der Stelle da erscheinen. Der Rest, sofort raus zum Auto. Die Adresse steht hier auf dem Papier, aber Sie bleiben hinter uns. Wenn wir da sind: kein Tamtam, keine quietschenden Reifen, keine zugeschlagenen Autotüren. Wir müssen davon ausgehen, dass die Täterin sich im Moment dort aufhält. Wenn sie uns hört, kann es sein, das sie die Frauen tötet, bevor wir eingreifen können. Sie bleiben draußen und sichern. OK Erdmann und ich werden mit den Leuten vom SEK da reingehen. Jetzt wird’s ernst. Also los.«

36
    Das Haus befand sich etwa zwei Kilometer von dem Fabrikgelände mit dem nachgebauten Keller entfernt, in der Nähe des Steendiek-Kanals. Die Angaben im Mietvertrag waren nicht übertrieben, das Gebäude war nicht bewohnbar. Das gut 1000  Quadratmeter große, verwahrloste Grundstück, auf dem es stand, war an drei Seiten von einem Bauzaun umgeben, an der vierten Seite befand sich ein hoher Maschendrahtzaun. Den Eingang bildete eine etwa einen Meter breite Lücke an der Ecke zwischen Draht- und Bauzaun. Das Haus war nur einstöckig, hatte aber eine recht große Grundfläche von etwa 15 mal 20  Metern. Der schmutzig graue Außenputz war teilweise abgeblättert, rote, verwitterte Steine waren darunter sichtbar. Die Fenster waren mit Holzbrettern verbarrikadiert, in zweien von ihnen klafften zentimeterbreite Spalten mit zersplitterten Rändern. Die dunkle rotbraune Holztür hing schief in den Angeln, schien aber noch zu schließen. Das Gebäude wirkte abweisend und bedrohlich.
    Sie warteten auf die Männer vom SEK , die nur kurz nach ihnen ankamen. Erdmann sah ihnen dabei zu, wie sie aus den beiden dunklen Limousinen stiegen. Mit ihrer martialisch anmutenden Ausrüstung
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