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Das sechste Opfer (German Edition)

Das sechste Opfer (German Edition)

Titel: Das sechste Opfer (German Edition)
Autoren: Martin Johannson
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im Recherchieren.«
»Ich weiß.«
Sie sah erschöpft aus, das Wochenende hatte tiefe Ringe unter ihren Augen hinterlassen. Die feinen Linien um ihren Mund und in den Augenwinkeln hatten sich in den vergangenen Jahren leicht vertieft, doch sie war noch immer sehr schön. Ihr blondes Haar ließ ihre hellen Augen tiefblau leuchten, und ihre feine, ebenmäßige Haut hatte einen weichen, zarten Schimmer. Ich war ein Glückspilz, diese Frau zu besitzen.
Ich wollte mich zu ihr beugen, um sie an mich zu drücken, doch in diesem Moment sprang sie auf.
»Ich hab was für dich.« Sie ging zu ihrer Reisetasche im Schlafzimmer, kam aber sofort mit einer Visitenkarte in der Hand zurück, die sie mir reichte.
»Frederic ist ein ehemaliger Schulkamerad von mir, der eine große Firma hat und einen neuen Personalmanager sucht. Er würde sich freuen, wenn du ihn mal anrufst.«
Ich sah auf die Karte, die von einem Frederic Kohlschläger, Geschäftsführer der QUASI GmbH, stammte. Edles Papier mit silberner Schrift. Neben den Namen stand in blauer Tinte die private Telefonnummer. Was auch immer die produzierten, es sah teuer aus.
Ich runzelte die Stirn. »Die Firma ist in Rostock.«
»Na und? Auch dort gibt es gute Firmen und gute Stellen. Ich bin dort geboren und aufgewachsen.«
Ihre Stimme wurde spitz. Ich schluckte den in mir aufkeimenden Ärger hinunter und versuchte, ruhig zu bleiben.
»Das will ich auch gar nicht in Frage stellen. Ich will damit nur sagen, dass wir dann nach Rostock ziehen müssten und du deine Stelle hier aufgeben müsstest. Das geht nicht.«
»Bei dir geht immer alles nicht. Rostock ist nicht aus der Welt, das sind zwei Stunden von Berlin entfernt. Du könntest dort arbeiten und ich hier. Einmal durch Berlin zu fahren kann unter Umständen länger dauern als eine Fahrt nach Rostock.«
Jetzt war ich geschockt. »Du willst, dass ich jeden Tag nach Rostock pendele? Bist du verrückt?«
Sie drehte sich zu mir und kniff die Augen zusammen. »Oder du wohnst die Woche über bei meinen Eltern. Glaub mir, mir wäre es lieber, wenn du dir hier in Berlin endlich eine richtige Arbeit suchen würdest, aber das machst du ja leider nicht.«
Ich legte die Karte auf den Tisch vor mir, dann drehte ich mich wieder zu ihr. Ich wollte keinen Streit, nicht heute.
»Ich will mit dir jetzt nicht darüber diskutieren. Das hatten wir schon. Erzähl lieber noch was von deinem Klassentreffen.«
Doch Nicole runzelte die Stirn. »Du kannst nicht ewig ausweichen, wenn es um dieses Thema geht. Du gehst auf die Vierzig zu, mein Freund! Wenn ich all meine Klassenkameraden sehe, was die aus sich gemacht haben, dann ist es mir fast peinlich zu sagen, dass du nur einen popeligen Artikel pro Woche in einer Zeitung schreibst, die keiner kennt. Frederic ist Geschäftsführer einer bedeutenden Firma, Sebastian Manager der größten Werft in Rostock, Bernd hat ein Restaurant, wo man Wochen im Voraus reservieren muss, und Maik ein Übersetzungsbüro, das sich vor Aufträgen kaum retten kann. Und keiner hat je vom Financial Report gehört.«
Langsam konnte ich meinen Ärger nicht mehr zurückhalten. »Verstehe ich das gerade richtig? Du schämst dich für mich?«
»Nein, das tue ich nicht, aber du vergeudest dein Leben, Peter. Das habe ich dir schon hundertmal gesagt, aber du verstehst es offenbar nicht. «
Sie hatte ihre Augenbrauen zusammengezogen, so dass die Falte zwischen ihren Augen steil in die Höhe ragte. Die Ruhe fiel jetzt auch von mir ab, und ich ließ mich auf den Streit ein. Er verdrängte wenigstens meine Schuldgefühle und kühlte mein schlechtes Gewissen.
»Es ist mir egal, wie hoch die Auflage der Zeitung ist, und es interessiert mich nicht, was deine Freunde in Rostock machen. Dieser blöde Frederic wird mich nicht einstellen. Ich werde nicht nach Rostock gehen, um in einem Büro eingesperrt zu sein und irgendwelche Akten von einer Seite auf die andere zu stapeln. Ich mag meine Arbeit. Ich mag es zu schreiben, auch wenn es vielleicht nicht für den Pulitzerpreis reicht, aber ich bin immerhin mein eigener Herr. Du kannst gerne weiter Karriere machen, aber bitte nicht meine.«
Sie sah mich an und schüttelte müde den Kopf. »Ich dachte immer, du hättest Ziele in deinem Leben. Da habe ich mich wohl geirrt.«
Sie sah mich herausfordernd an. Ich erwiderte ihren Blick. Die Antwort auf dieses Argument hatte ich mir schon vor langer Zeit überlegt.
»Ich will in Ruhe mein Geld verdienen, ich will eines Tages eine Familie haben und sie gut
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