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Das sechste Opfer (German Edition)

Das sechste Opfer (German Edition)

Titel: Das sechste Opfer (German Edition)
Autoren: Martin Johannson
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meinen Lippen schmeckte, aber mittlerweile einen bitteren Nachgeschmack hinterließ. Denn in wenigen Stunden kam meine Frau nach Hause und die Realität meiner Ehe würde in mein Leben zurückfinden.
Ich fühlte mich erschreckend unwohl. Das Kribbeln in meiner Magengegend machte meine Hände fahrig, und schon bei dem Gedanken, Nicole belügen zu müssen, schossen die Stresshormone durch meine Adern und trieben Schweißperlen auf meine Stirn. Ich war kein Mann, der ohne mit der Wimper zu zucken seiner Frau einfach Lügengeschichten auftischen konnte. Für den Bruchteil einer Sekunde huschte der Gedanke durch meinen Kopf, ihr die Wahrheit zu gestehen und auf ihre Vergebung zu hoffen. Aber diese Möglichkeit schob ich ganz schnell wieder zur Seite. Sobald Nicole von meiner Affäre erfahren würde, hätte ich sie verloren. Denn sie war keine Frau, die das einfach verzeihen würde.
Das unangenehme Kribbeln in meinem Bauch nahm zu, je später es wurde, und als gegen Abend sich der Schlüssel in der Tür drehte, hatte es sich zu einem starken Unwohlsein gesteigert. Ich fühlte mich hundsmiserabel. Keine Spur mehr von der Euphorie der vergangenen Nacht. Am liebsten hätte ich das Ganze ungeschehen gemacht, nur um Nicole offen in die Augen blicken zu können.
Mit weichen Knien stand ich auf und ging zu ihr in den Flur, wo sie sich gerade den Mantel auszog.
Als ich sie sah, schien sie mir auf einmal seltsam fremd und unbekannt, aber irgendwie auch völlig vertraut. Jede ihre Bewegungen hatte ich schon tausend Mal gesehen, ihrer Stimme schon Millionen Mal gelauscht. Dennoch war heute alles anders. Ich war anders.
»Hallo, Schatz. Na, wie war's?«
Ich bemühte mich um einen lockeren Tonfall, der in meinen Ohren völlig übertrieben klang. Aber sie schien es glücklicherweise nicht zu bemerken. Vielleicht bildete ich mir aber auch nur ein, anders zu klingen als sonst.
»Gut. Ich bin todmüde, es war eine lange Fahrt.« Sie drückte mir einen Kuss auf die Wange, während sie sich die Stiefel abstreifte.
    Nach dieser vertrauten Geste fühlte ich mich plötzlich noch schlechter und ich hatte das Gefühl, das begangene Unrecht an ihr wieder gutmachen zu müssen. Deshalb versuchte ich sie nach dem Kuss festzuhalten und liebevoll in den Arm zu nehmen, was sich jedoch als gar nicht so einfach erwies. Noch den Stiefeln beschäftigt verlor sie das Gleichgewicht und kippte gegen mich. Ich fing sie zwar auf, doch sie löste sich aus meiner Umarmung.
»Was soll das denn, Peter? Lass mich erst mal ankommen.« Sie klang unwirsch.
»Wie war denn nun das Treffen? Hattest du Spaß?«
»Ja, hatte ich.« Sie ging ins Wohnzimmer und ließ sich auf die Couch fallen. »Ich kann mich auch ohne dich amüsieren!«
Da war er endlich, der erwartete Vorwurf. Ich überhörte ihn und brachte ihre Tasche, die sie im Flur stehen gelassen hatte, ins Schlafzimmer.
»Und der Chemielehrer, in den du mal verliebt warst? Wie geht's ihm?«
Ich ging zurück zu ihr ins Wohnzimmer, wo ich mich neben sie auf die Couch setzte.
Sie seufzte erschöpft. »Er hat keine Haare mehr und ungefähr zwanzig Kilo mehr auf den Rippen, aber er ist immer noch süß.«
Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, was an einem haarlosen Dickwanst süß sein sollte, aber ich sagte nichts dazu. »Freut mich, dass du Spaß hattest.«
»Und wo warst du gestern Abend? Ich hab versucht, dich anzurufen, aber du bist nicht rangegangen.«
Ich hatte längst darüber nachgedacht, was ich auf diese Frage antworten sollte, in der Theorie hatte jedoch alles etwas überzeugender geklungen.
Wie geplant beschloss ich dennoch, bei der Wahrheit zu bleiben.
»Ich hab's gehört, ich war nur nicht schnell genug am Telefon. Du hast gerade aufgelegt, als ich abgenommen habe.«
Sie zog skeptisch die Augenbrauen zusammen. »Ich dachte schon, du warst mit Franz unterwegs. Warst du?«
»Nein! War ich nicht! Ehrlich. Ich war hier, frag Franz!«
Es war leicht, eine unrichtige Anschuldigung abzustreiten, und ich fühlte mich auf einmal besser. Sie schien mir zu glauben und lehnte sich an das Sofa. Ich hatte in der vergangenen Woche das Klassentreffen meiner Frau völlig vergessen, weil ich die ganze Zeit gedanklich mit Clara beschäftigt gewesen war und deswegen sogar meine Arbeit vernachlässigt hatte, so dass Nicole allein nach Rostock fahren musste. Was ich wiederum schamlos ausgenutzt hatte. Ich war definitiv ein Schwein.
»Ich bin mit meiner Arbeit gut vorangekommen, falls dich das tröstet. Du weißt doch, ich bin gut
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