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Das sechste Opfer (German Edition)

Das sechste Opfer (German Edition)

Titel: Das sechste Opfer (German Edition)
Autoren: Martin Johannson
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Sterben denkt er bestimmt nicht.«
Der Kerl stöhnte erneut als Bestätigung meiner Worte, doch Manuel ließ das kalt. »Ich kenne den Kerl nicht. Er ist mir egal, und seine Freundin erst recht.«
Der Verwundete zischte zwischen seinen Zähnen hervor: »Lass die Scheiße, was soll das? Wir werden hier alle in die Luft fliegen.«
»Na und?« Manuel sah mich unvermindert kühl an.
Ich redete weiter. »Siehst du, dein Kumpel ist anderer Meinung. Du solltest auf ihn hören. Sobald du auch nur mit dem Finger zuckst, fliegen wir in kleinen, roten Fetzen raus auf die Straße. Hast du mal ein Stück Lunge gesehen, das einfach so herumliegt? Kein schöner Anblick. Denkst du, dass dann einer alles sortiert und deine Leber und meine Niere dem jeweils richtigen Kopf zuordnet? Nicht dass wir dann völlig durcheinander begraben werden.«
Ich hatte noch nie ein Stück Lunge außerhalb eines Körpers gesehen, nur eine Leber bei Dr. Janosch im Seziersaal. Aber Manuel blieb sowieso ungerührt von meinen Ausführungen. »Es ist mir egal, solange du mit in die Luft fliegst, ist es mir nur recht.«
»Aber mir nicht.« Der Hintere zischte wieder und stöhnte danach vor Schmerzen.
Ich sah nur zu dem Verwundeten und zielte erneut sehr genau auf die Bombe an seinem Gürtel. Der Kerl sackte langsam immer mehr in sich zusammen. An seinem Bein lief das Blut herunter und bildete eine rote Pfütze auf dem Boden.
»Dein Freund braucht dringend einen Arzt. Eine Minute und 40 Sekunden lang hat er noch Zeit, die Bombe zu entschärfen und zu überleben.«
»Er ist nicht mein Freund.«
Der Hintere hatte die Hand mit der Waffe inzwischen sinken lassen, er rang nach Luft. Die andere Hand wanderte langsam zum Gürtel. Ich ließ ihn gewähren.
Manuel schien diese Bewegung gespürt zu haben, denn er drehte den Kopf, ohne mich aus den Augen zu verlieren. »Du wirst das nicht tun!« Seine Stimme klang scharf und befehlend.
Doch der Verwundete ließ sich nicht aufhalten. »Ich habe keine Lust für so ein paar Scheiß Bücher zu sterben.« Er klang keuchend und gepresst. Er klappte sein Visier hoch, um Luft zu bekommen. Er war jung, höchstens zwanzig, sein Gesicht schmerzverzerrt. »Ich hasse Bücher.«
Noch 54 Sekunden.
»Es ist mir egal, was du willst, du wirst diese Bombe nicht entschärfen. Dieser Kerl hier wird sterben, entweder vor mir, weil ich ihm eine Kugel in den Kopf jage oder mit mir. Er hat mich um meine Belohnung gebracht. Meine Freundin hat mir die Hölle heiß gemacht, weil ich nicht mit ihr nach Mauritius fliege. Er hat mich lächerlich gemacht und an die Bullen verraten. Dafür wird er büßen.« Er hielt mir den Lauf seiner Pistole direkt vor das linke Auge. »Wenn ich gewusst hätte, dass du mir noch mal solche Schwierigkeiten machen würdest, wäre ich neulich noch mal in deine Wohnung gekommen und hätte dich in Ruhe erledigt. Wie deinen oberschlauen Freund.«
Mein Herzschlag setzte für einen Moment aus, als seine Worte in mein Bewusstsein drangen. Er hatte Franz umgebracht! Er war derjenige, der meinen besten Freund und Kameraden auf dem Gewissen hatte. In meinem Inneren zog sich alles zusammen. Er war auch in meiner Wohnung gewesen und hatte die Akten genommen.
Als hätten meine Eingeweide Feuer gefangen, brannten Wut und Hass auf diesen Abschaum der Menschheit heiß in mir, der so selbstsicher und überheblich vor mir stand und jetzt auch noch mein Lebenslicht ausknipsen wollte.
»Ich will hier raus.« Der Hintere nestelte an der Bombe herum. Doch Manuel drehte sich blitzschnell um, richtete die Waffe auf seinen Kollegen und drückte ab. Die Kugel landete unter dem aufgeschlagenen Visier genau in seiner Stirn.
Sein Körper wurde von der Wucht des Einschlages nach hinten auf die Bücher geworfen, wo er schließlich ganz in sich zusammensackte. Der Junge war tot.
Manuel wandte sich sofort wieder mir zu, doch ich hatte den kurzen Moment, in der seine Waffe nicht auf mich gerichtet war, genutzt, um mich gegen ihn zu werfen und mit aller Kraft gegen die Wand zu schleudern. Der behelmte Kopf donnerte gegen die Mauer. Ich presste meine Beretta dicht in die Öffnung zwischen Helm und Anzug, in seinen Hals, die einzige ungeschützte Stelle seines Körpers.
»Das machst du nicht, dazu fehlt dir der Mumm, Weichei.«
Es kochte und brodelte in mir. Das war meine Chance, Franz’ Tod zu rächen und den Mörder für alles zu bestrafen, was er ihm und mir angetan hatte. Ich musste nur auf den Abzug drücken. Eine leichte Bewegung meines Fingers und
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