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Das Schweigen der Laemmer

Das Schweigen der Laemmer

Titel: Das Schweigen der Laemmer
Autoren: Thomas Harris
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sparen können.«
    »Ich hätte es dort vorschlagen können, wenn Sie mir dort genaue Anweisungen gegeben hätten.«
    »Ich erwarte nicht, Sie wiederzusehen, Miss Sterling - Barnney, wenn sie mit Lecter fertig ist, klingel nach jemandem, der sie hin-ausbringt.«
    Chilton ging davon, ohne sie nochmals anzusehen.
    Nun waren nur der große teilnahmslose Pfleger und die lautlose Uhr hinter ihm und seinem Drahtgeflechtschrank mit der chemischen Keule und der Zwangskleidung, mit dem Mundstück und der Tranquilizerpistole. Ein Wandregal enthielt eine lange pfeifenähnliche Vorrichtung mit einem U am Ende, um den Gewalttä-
    tigen an die Wand zu fesseln.
    Der Pfleger betrachtete sie. »Dr. Chilton hat Ihnen doch erklärt, nicht die Gitter zu berühren?« Seine Stimme war hoch und heiser zugleich. Sie wurde an Aldo Ray erinnert.
    »Ja, das hat er mir gesagt.«
    »Okay. Es ist an den ändern vorbei, die letzte Zelle rechts. Halten Sie sich in der Mitte des Korridors, wenn Sie hinuntergehen, und kümmern Sie sich um nichts. Sie können ihm seine Post bringen, um die Sache gleich richtig anzupacken.« Der Pfleger schien belustigt. »Sie legen sie einfach ins Tablett und lassen sie durchrol-len. Wenn das Tablett in der Zelle ist, können Sie es mit der Schnur zurückziehen, oder er kann es zurückschicken. Dort, wo das Tablett draußen hält, kann er Sie nicht erreichen.« Der Pfleger gab ihr zwei Zeitschriften, deren lose Seiten auseinanderfielen, drei Zeitungen und mehrere geöffnete Briefe.
    Der Korridor war etwa neunzig Meter lang und hatte auf beiden Seiten Zellen. Einige waren Gummizellen mit einem Beobach-tungsfenster, lang und eng wie eine Schießscharte, in der Mitte der Tür. Andere waren normale Gefängniszellen mit einer auf den Korridor gehenden Gitterwand.
    Clarice Starling war sich der Gestalten in den Zellen bewußt, doch sie versuchte, nicht zu ihnen hinzusehen. Sie war schon über die Hälfte den Korridor hinunter, als eine Stimme zischte: Ich kann deine Fotze riechen. Sie ließ sich nicht anmerken, daß sie es gehört hatte, und ging weiter
    In der letzten Zelle war das Licht an. Sie ging auf die Linke Seite des Korridors, um hineinzuschauen, wobei sie wußte, daß ihre Absätze sie ankündigten.

3. Kapitel

    Dr. Lecters Zelle lag weit hinter den anderen, blickte nur auf einen Wandschrank auf der gegenüberliegenden Seite des Korridors und war auch sonst einzigartig. Die Vorderseite bestand aus einer Gitterwand, doch direkt hinter den Gitterstäben, in einer Entfernung, die größer war als die menschliche Reichweite, befand sich eine zweite Schranke, ein vom Boden zur Decke und von Wand zu Wand gespanntes kräftiges Nylonnetz. Hinter dem Netz konnte Starling einen am Boden festgeschraubten Tisch erkennen, auf dem sich Taschenbücher und Zeitungen stapelten, und einen geraden, ebenfalls festgeschraubten Stuhl.
    Dr. Hannibal Lecter selbst lag auf seiner Pritsche gestützt und las in der italienischen Ausgabe der Vogue. Er hielt die losen Seiten in der rechten Hand und legte sie mit der linken nacheinander neben sich. An der linken Hand hatte Dr. Lecter sechs Finger.
    Clarice Starling blieb in einiger Entfernung vor dem Gitter stehen, etwa der Länge eines kleinen Foyers entsprechend.
    »Dr. Lecter.« Ihre Stimme kam ihr normal vor.
    Er sah von seiner Lektüre auf.
    Eine angespannte Sekunde lang glaubte sie, daß sein Blick summte, doch was sie hörte, war nur ihr Blut.
    »Ich heiße Clarice Starling. Darf ich mich mit Ihnen unterhalten?« Ihre Entfernung und ihr Ton beinhalteten Höflichkeit.
    Dr. Lecter erwog dies, den Finger gegen die geschürzten Lippen gepreßt. Dann nahm er sich beim Aufstehen Zeit und kam in seiner Gitterzelle mit sanften Bewegungen nach vorn. Ohne das Nylonnetz anzusehen, hielt er jäh davor inne, als würde er die Entfernung selbst wählen.
    Sie konnte sehen, daß er klein und geschmeidig war; in seinen Händen und Armen erkannte sie drahtige Kraft.
    »Guten Morgen«, sagte er, als hätte er die Tür geöffnet. In seiner kultivierten Stimme schwang ein leichtes metallisches Schnarren mit.
    Dr. Lecters Augen waren kastanienbraun, und sie spiegelten das Licht in roten winzigen Punkten wider. Manchmal schienen die Lichtpunkte wie Funken in seine Iris zu sprühen. Seine Augen umfaßten Starling ganz.
    In abgemessener Distanz kam sie näher an die Gitterstäbe heran. Die Härchen auf ihren Vorderarmen stellten sich auf und drückten gegen ihre Ärmel.
    »Doktor, wir haben ein schwieriges
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