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Das Schwarze Weib

Titel: Das Schwarze Weib
Autoren: Julius Wolff
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einen rötlichen Schimmer und wußten nun, daß sie die Eltern noch in der Wohnstube bei der Lampe fanden und ihnen ihr Herz ausschütten konnten.
    So traten sie zu ihnen ein. Ammerie schritt entschlossen voran, trumpfte mit derbem Schlag das Pergament vor ihrem Vater auf den Tisch und platzte los: »Hier, Väterle, hast du die Vollmacht des Klostermeiers von Bronnbach! ich hab' sie ihm eigenhändig abgenommen. Er wollte unter dem Beistande Hammichels und noch eines andern unsere Trudi mit Gewalt über den Rhein entführen, aber wir mit Franz und Steffen haben sie gerettet, und jetzt sitzen die Bösewichter wohlverwahrt im Eulenturm.«
    Der Bürgermeister blickte seine ihm verdächtig vorkommende Jüngste lächelnd an und sagte, ihr mit dem Finger drohend, gutlaunig: »Grashupf, ihr waret bei Gersbachers, da hat dir der Steffen wohl zuviel Ruppertsberger eingeschenkt?«
    »Der Steffen? ach! – wir waren gar nicht bei Gersbachers,« stotterte sie mit heißen Wangen.
    Er entfaltete das Pergament. »Meiner Seele! es ist wahrhaftig die Vollmacht,« sprach er staunend, nahezu verblüfft. »Setzt euch und erzählt!«
    Jetzt trat Elsbeth ein, denn sie hatte die drei über den Hof kommen hören. Sie stutzte vor den ernsten, erregten Gesichtern, aber ehe sie eine Frage tun konnte, machte ihr Madlen ein Zeichen des Schweigens und wies nach einem Stuhl hin.
    Als alle saßen, nahm Ammerie das Wort und schilderte das bestandene Abenteuer so lebendig und anschaulich, daß die Hörenden mit allen Sinnen an ihren Lippen hingen und am Schlusse ihres eindringlichen Berichtes ein tiefes, nachdenkliches Schweigen am Tische herrschte.
    Dann aber gaben Madlen, Christoph und Elsbeth ihrer Freude über Trudis Rettung aus der Gefahr und zugleich ihrer warmen Anerkennung von Peters und seiner beiden Schwäger tatkräftigem Schutze, dem allein die Rettung zu danken war, herzüberquellenden Ausdruck.
    Darauf winkte der Bürgermeister seiner Tochter: »Nun komm' du mal her, Grashupf! was mach' ich denn mit dir? Du bist doch gewiß die Rädelsführerin bei dem Wagestück gewesen, nicht wahr?«
    »Natürlich, Väterle!« gestand Ammerie mit keckem Selbstbewußtsein. »Die Trudi wollte erst durchaus nicht mit, aber ich habe sie doch dazu herumgekriegt, und darauf bild' ich mir nicht wenig ein, denn sonst säßen ja die Schufte jetzt nicht im Eulenturm.«
    »Ja, was wären wir ohne dich!« lachte er und griff ihr liebevoll in das krause Stirnhaar.
    »Und auf welch hinterlistige Weise habt ihr Rackerzeug von Mädels euch von uns weggestohlen!« schalt Madlen in spaßhaftem Tone.
    »Euch um Erlaubnis dazu bitten konnten wir doch nicht, Mütterle,« entgegnete Ammerie. »Darum mußten wir euch vorflunkern, wir gingen zu Gersbachers, denn zu einem Stelldichein mit dem Meier hättet ihr uns doch keinen Urlaub bewilligt.«
    »Allerdings nicht,« sprach Christoph, »aber da alles noch so leidlich abgelaufen ist, sei euch die Flunkerei für diesmal verziehen. Ich hoffe, die nachjagenden Herren werden uns nach dieser Erfahrung mit ihrem Abgesandten, falls der gefangene Marder überhaupt ihr Abgesandter war, in Zukunft ungeschoren lassen.«
    »Seine Vollmacht solltest du dir einrahmen lassen und zur Erinnerung an die Wand hängen, Trudi,« sagte Peter.
    »Ich danke schön, Peter, für solche Erinnerung!« erwiderte Trudi lachend. »Onkel Chrischtoph wird das Dokument wohl in seinem Repositorium begraben.«
    »Richtig, mein Kind,
ad acta
damit!« sprach der Bürgermeister.
    So wurde über die denkwürdige Begebenheit noch viel in Ernst und Scherz hin und her geredet, und die Armbrusters gelangten heut erst sehr spät zu ihrer Nachtruhe.
    Als die beiden Mädchen oben in ihrer Kammer waren und Trudi bereits im Bette lag, beugte sich Ammerie, auch schon entkleidet, zärtlich über sie und begann: »Du hattest doch recht, Trudi, daß das Abschiednehmen eine Falle war, die der abscheuliche Mensch dir gestellt hatte. Gott sei gedankt, daß ihm der Bubenstreich nicht gelungen ist! Jetzt aber möcht' ich dich prügeln vor Freude, daß ich dich wieder hier in den Daunen habe, du – du Würzburgische!«
    »Nur immer zu! von dir will ich die schönsten Püffe für alle die Not und Beschwer, die ich euch verursacht habe, gern hinnehmen,« sagte Trudi mit einem träumerischen Lächeln, sich reckend und streckend in dem wohligen Gefühl, wieder sicher vor Gefahren zu sein und von den Ihrigen so geliebt zu werden.

Einundzwanzigstes Kapitel.
    Im Laufe des nächsten Tages
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