Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Schloss Im Moor

Titel: Das Schloss Im Moor
Autoren: Arthur Achleitner
Vom Netzwerk:

Barons. Aber des Fräuleins Oberkiefer forderte eine Selbstüberwindung, die ihm noch nicht möglich zu sein
schien.
    »Fachmann sind Sie, Herr Baron, nicht!« spottete Olga, als sie die Teilnahmslosigkeit Hodenbergs bemerkte.
    »Doch, gnädiges Fräulein, das heißt: wir hatten, als wir noch auf hannoverschem Boden seßhaft
waren, beim Rittergut eine Brauerei. Ich bin jedoch nicht für die Fabrikation ausgebildet worden, es fehlte an
Interesse.«
    Olga interessierte sich nun lebhaft für hannoversche Verhältnisse und fragte mit einem Eifer, der für
Hodenberg bald lästig wurde und ihn veranlaßte, vom landwirtschaftlichen Thema zur Erörterung der
persönlichen Verhältnisse überzugehen. Seufzend erzählte der Baron, es sei ihm leider die liebtraute
Heimat verschlossen, sein altes, von Heinrich dem Löwen direkt abstammendes, uraltes Adelsgeschlecht sei untereinander
schwer verfeindet, der feudale Besitz mußte verkauft werden. Stetig auf Reisen, sei er nach Bayern gekommen, und nun
fahnde er nach einer Gelegenheit, sich in absolut ruhiger Gegend ankaufen und seßhaft machen zu können.
    »Wie interessant! Es wäre reizend, wenn Sie sich, Herr Baron, in unsrer Nähe niederlassen würden;
freilich wüßte ich nicht, welches Gut verkäuflich sein sollte. Zankstein ist nicht feil, die resolute
Benedikte klebt an ihrer Scholle, obwohl – nein, ich will nichts weiter sagen.«
    »Ist Zankstein ein Rittergut?«
    »Das nicht, ein kleiner Besitz weiter drüben am See, einstöckiger Ansitz, der viel Geld schluckt durch
ewige Reparaturen. Benedikte dürfte schon ein ganzes Vermögen in das Gut gesteckt haben und dennoch fast keine
Rente herausbringen.«
    »Nee, ich danke für solche Kaufgelegenheit!«
    »Wäre auch nichts für Sie, Herr Baron! Die Abgeschlossenheit ist zeitweilig zu arg. Vielleicht finden wir
etwas Passendes später. Aber nun dürfte es genug sein, in den Malztennen ist nichts zu sehen, der Gärkeller
bietet kein Interesse; wenn es angenehm ist, begeben wir uns in die Stallungen . . .«
    »Mit größtem Vergnügen, gnädiges Fräulein!«
    »Pferde hatten Sie doch jedenfalls auf Ihrer früheren Besitzung?«
    »Gewiß, fast konnte man Marstall sagen, Reitgäule und Wagenpferde edelsten Geblütes, im
Wirtschaftsbetriebe Pferde Lütticher Schlages, es war herrlich zu schauen, ich vermisse den Marstall schwer, werde noch
gemütskrank, wie es Heinrich der Löwe, mein Ahnherr, auch gewesen ist.«
    »Was? Heinrich der Löwe, der Gründer Münchens, soll gemütskrank gewesen sein? Herr Baron, das
dürfen Sie in Bayern nicht behaupten!«
    »Weshalb nicht? Ich muß es doch wissen, ich, der von dem Löwenherzog direkt abstammt!«
    »Das will und kann ich nicht bestreiten; aber Heinrich der Löwe war alles andere eher, nur nicht
gemütskrank, das weiß ich von der Schule her. Möglich, daß man in Hannover das glaubt, in Bayern
gewiß nicht.«
    »Wir wollen nicht streiten, gnädiges Fräulein! Wenn es Sie interessiert und Sie mal nach Landsberg, wo ich
zur Zeit wohne, kommen, will ich Ihnen meinen Stammbaum zeigen.«
    Die Baulichkeiten der Rieder Besitzung waren praktisch angelegt, aneinandergereiht, es trennte nur ein Gartenstreifen das
eigentliche Schloß von dem Marstallgebäude, daher gelangte das Paar rasch in die Pferdeställe.
    Olga beobachtete ihren Begleiter scharf, doch unauffällig und zeigte ihm Pferde ungarischer Abkunft, sagte aber kein
Wort über deren Abstammung.
    »Prächtige Tiere, unverkennbar englisches Blut, freilich nicht hochgestellt genug!«
    Das Lachen Olgas mahnte den Baron zur Vorsicht; eifrig wischte er sein Monokel mit dem Taschentuch, steckte das Glas ins
Auge und versicherte, kurzsichtig zu sein, daher ihm die Verwechslung unterlaufen sei.
    Fast schnippisch erwiderte das Fräulein: »Kurzsichtige tragen hierzulande Brillen!«
    »Pardon! Ich bin nur auf dem linken Auge kurzsichtig, und bei uns ist das Brillentragen nicht üblich, geradezu
verpönt seit . . .«
    ». . . Heinrich dem Löwen?«
    »Das allerdings weiß ich nicht, werde aber im Familienarchiv nachforschen lassen.«
    »O bitte, das wäre wirklich interessant, zu erfahren, ob Heinrich der Löwe auch bereits ein Monokel
getragen hat.« So ernsthaft und treuherzig blickte Olga bei diesen Worten den Baron an, daß Hodenberg den Spott
nicht merkte. Beim Verlassen des Marstalls händigte der Baron dem Personal ein überreiches Trinkgeld ein und
erntete dafür begeisterten Dank der überraschten Leute.
    Das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher