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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert
Autoren: Sergej Lukianenko
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hätte den Phagen auch freiwillig geholfen«, antwortete ich. »Sie hätten mir ruhig sagen können, worum es geht. Aber ich habe Verständnis dafür, denn das ist alles sehr geheim. Und ich hätte mich verplappern können.«
    Ada Schnee hob erstaunt ihre Augenbrauen.
    Stasj begann leise zu lachen.
    »Tikkirej, ich kenne dich durch und durch«, äußerte Ada und lachte herzlich. »Du – bist ich. Ich war ein kleiner Junge, ich war ein kleines Mädchen. Ich war Hunderte kleiner Mädchen und Jungen. Ich erinnere mich an mich selbst in deinem Alter. Alle deine Reaktionen sind vorhersehbar. So wie sich in einem bestimmten Alter jedes Kind einem erwachsenen Menschen anschließt, ihn blind kopiert, nachahmt, vergöttert. Aber trotzdem... warum verteidigst du die Phagen dermaßen?«
    »Es kann schon sein, dass auch sie lügen«, gab ich zur Antwort. »Vielleicht haben sie sich mir gegenüber nicht gut verhalten. Aber...«
    »Aber...?«, fuhr Schnee interessiert fort. »Aber Stasj ist dein Freund? Geht es nur darum?«
    »Nicht nur. Die Phagen lügen ebenfalls, schämen sich aber dafür. Sie jedoch nicht.«
    »Das nennt sich Pharisäertum, Tikkirej Frost, Heuchelei. Schlechte Taten vollbringen und sie bereuen.«
    »Und dasselbe machen und nicht bereuen, das nennt man Gemeinheit!«
    »Was ist gemein an der Tatsache, dass die Malocher eine neue Ideologie an Stelle einer anderen bekamen?«
    »Dass Stasj von Menschen niemals als Malochern sprach.«
    Ada Schnee schaute auf Alla Neige. Als ob eine Welt für sie zusammengebrochen wäre.
    »Tikkirej«, begann Neige. »Du bist aufgeregt und durcheinander, aber versteh bitte...«
    »Ich bin kein bisschen durcheinander«, erwiderte ich. »Im Augenblick bin ich völlig ruhig. Ich schaue Sie an und freue mich nicht, zu Ihnen zu gehören«
    »Es ist unmöglich, dass du nicht auf unserer Seite stehst«, sagte einer der Männer und trat einen Schritt vor. »Tikkirej, vielleicht fällt es dir schwer, diese alten Weiber zu verstehen.« – Ada schnaubte ärgerlich – »Aber mich musst du doch verstehen. Wir sind gleich. Völlig identisch. In der Kindheit haben wir beide Milchreis gehasst und uns vor der Dunkelheit gefürchtet...«
    »Ich hatte keine Angst vor der Dunkelheit«, meinte ich. »Kein bisschen. Vielleicht als ganz kleines Kind, aber dann hat mir Mama von der Sonne erzählt und dass immer irgendwo Licht ist. Ich wusste, dass Dunkelheit nicht auf ewig herrscht, sondern dass sie der Erholung dient.«
    Jetzt schauten sich alle vier an. Und ich sprach, dabei völlig vergessend, dass ich eigentlich Gnade für Stasj und Semetzki erbitten wollte:
    »Und überhaupt bin ich nicht so wie ihr. Ich bin für radioaktive Planeten modifiziert. Das heißt, dass ich etwas andere Gene habe. Ich hasse euch! Und ihr könnt nicht einmal verstehen, wie sehr und warum! Ihr seid eine Bande verrückter Klone, die beschlossen hat, an die Macht zu kommen. Wenn die Leute erfahren, wer ihr in Wirklichkeit seid, werden sie euch in Stücke reißen. Ihr tut mir direkt leid.«
    »Das scheint eine weitere Fehlentwicklung zu sein...«, sagte Neige leise. Sehr leise, aber ich hatte es gehört. Und jubilierte! Ich hätte nie gedacht, dass man sich so über eine Drohung freuen könnte! Das bedeutete, dass sich nicht alle Klone den Verschwörern angeschlossen hatten und dass ich noch wirkliche Klonbrüder und Klonschwestern finden könnte. Normale, die nicht den Wunsch hatten, die Macht zu erobern und Kriege zu entfachen!
    Ada Schnee schloss für einen Augenblick die Augen. Die Verwundung hatte sie mitgenommen. Vielleicht litt sie auch daran, dass einer der »Enkel« sich als aus der Art geschlagen erwies.
    »Wir werden später darüber entscheiden«, sagte sie hart. »Jetzt befassen wir uns mit den anderen. Dshedai!«
    Stasj schwieg.
    »Phag!«, berichtigte sich Schnee mit einem Lächeln.
    »Ich höre, Frau Schnee«, erwiderte Stasj höflich.
    »Du hast deine Chancen, zu entkommen, völlig richtig eingeschätzt, Phag. Sie existieren praktisch nicht«, sagte Schnee, wobei sie das Wort »praktisch« betonte. »Aber mir scheint, dass du vieles nicht bis zum Ende dargelegt hast. Die Verhandlungen, die gegenwärtig geführt werden, sind eine Fiktion. Die Raumschiffe des Imperiums befinden sich auf den Umlaufbahnen unserer Planeten. Es ist nicht nur eine Demonstration ihrer Stärke... Ihr bereitet euch trotz allem auf einen Angriff vor?«
    »Woher soll ich das wissen?«, fragte Stasj. »Ich stehe nicht im Dienst des
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