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Das Schiff im Baum: Ein Sommerabenteuer (German Edition)

Das Schiff im Baum: Ein Sommerabenteuer (German Edition)

Titel: Das Schiff im Baum: Ein Sommerabenteuer (German Edition)
Autoren: Jutta Richter
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sie gelacht und Lieder gesummt und war so fröhlich gewesen wie lange nicht mehr.
    »Wenn man eine Reise macht, dann braucht man Proviant, ihr Lieben!«
    »Die scheint ja richtig froh zu sein, dass sie uns loswird!«, hatte Ole geflüstert.
    »Ich höre alles!«, hatte Mama geflötet. »Und das stimmt nicht! Ich freue mich nur für euch!«
    »Dann freut sich ja wenigstens einer!«
    »Miesmuffelchen!«, lachte Mama.
    Ausgerechnet heute knallte die Sonne so vom Himmel, dass man den ganzen Tag lang ungestört im kühlen Kaufhaus an der Playstation hätte spielen können.
    An solchen Tagen waren die Computerabteilungen nämlich immer wie ausgestorben.
    Die Verkäuferinnen dösten an den Kassen und warteten auf den Feierabend.
    Aber wir fuhren stadtauswärts, nach Betenbüttel!
    Die Stereoanlage wummerte und Mama trommelte mit den Fingerspitzen den Takt dazu aufs Lenkrad.
    »Hat das Schwimmbad in Betenbüttel auch eine Wasserrutsche?«, rief Ole.
    »Bestimmt«, rief Mama, ohne den Kopf zu drehen.
    »Wenn wir da sind, geh ich sofort ins Schwimmbad!«, sagte Ole.
    Ich nahm mir einen Keks.
    »Ihr werdet schon sehen«, rief Mama. »Es ist wunderschön dort!«
    Im Rückspiegel konnte ich Mamas Augen sehen und eine steile Grübelfalte über ihrem Nasenrücken und ich wusste genau, wenn Mama diese Falte hat, ist irgendwas nicht in Ordnung.
    Aber das behielt ich für mich, denn ich wollte nicht, dass Ole Angst bekam.
    Wenn mein Bruder Angst hat, fängt er nämlich an zu quengeln, und wenn er quengelt, ist er unausstehlich. Ich lehnte den Kopf an die summende Fensterscheibe und zählte die Autos, die uns entgegenkamen.
    Ich musste wohl eingeschlafen sein, denn als ich die Augen wieder aufmachte, lag Ole halb auf mir und schnarchte leise. Ich versuchte, Mamas Blick im Spiegel aufzufangen, aber sie hatte diese große, dunkle Sonnenbrille aufgesetzt und ich sah, dass die Grübelfalte zwischen ihren Augenbrauen noch tiefer geworden war.
    Hinter der Windschutzscheibe flirrte die Hitze, und wenn ich die Augen zusammenkniff, sah es aus, als würde die Autobahn schmelzen.
    Vor uns war alles frei. Ich drehte den Kopf und schaute durch die Heckscheibe.
    Nichts, kein Auto, kein Lastwagen, kein Motorrad, einfach nichts. Rechts neben der Autobahn sah ich Wiesen und Weiden und gelbe Kornfelder. Ein paar Kühe drängten sich um einen kleinen Baum. Es gab keine Stadt, keine Häuser, keine Kirchtürme. Nichts war da außer diesem unendlich flachen Land, das in der flirrenden Mittagshitze vor sich hin döste.
    Auch Ole war aufgewacht. Auch er guckte aus dem Seitenfenster.
    »Ziemlich öde Gegend!«, sagte ich und dann ging Oles Quengeln los.
    »Mama! Ist es noch weit?«
    Mama zuckte zusammen und drehte das Radio leiser.
    »Was hast du gesagt, mein Schatz?«
    »Ob es noch weit ist?«
    »Nein, mein Schatz, wir sind bald da!«
    »Mama, ich kann nicht mehr sitzen!«
    »Es dauert nicht mehr lange!«
    »Mama, mir ist so warm!«
    »Dann trink einen Schluck!«
    »Mama, das Wasser ist auch warm!«
    Mama setzte den Blinker und fuhr von der Autobahn ab.
    »Mama, ich hab überhaupt keinen Platz. Die Katharina macht sich so breit.«
    Ich puffte Ole in die Seite.
    »Mama, die Katharina haut mich!«
    Mama stellte das Autoradio wieder lauter.
    Am Straßenrand lag ein überfahrener Hase. Zwei Krähen flogen auf, als wir dran vorbeikamen.
    »Was machen die denn da?«, fragte Ole.
    »Siehste doch! Die fressen fauliges Hasenfleisch!«, antwortete ich.
    »Mama, die Katharina erzählt ganz eklige Sachen!«, rief Ole.
    Noch immer war uns kein Auto entgegengekommen. Vielleicht war die Gegend verstrahlt und niemand durfte ins Sperrgebiet und Mama hatte, als wir schliefen, die großen Warnschilder mit dem Totenschädel und den gekreuzten Knochen einfach übersehen.
    Ich überlegte gerade, ob ich das Ole sagen sollte, als ganz hinten am Horizont ein Trecker auftauchte.
    Nachdem er vorbei war, drehte sich der alte Bauer immer wieder um und sah uns nach und Ole und ich warteten darauf, dass der Trecker in den Graben fuhr.
    »Gleich kommt die Apfelbaumchaussee!«, rief Mama. »Die führt von Betenbüttel nach Großwedau! Und sie ist schnurgerade! Da bin ich früher immer mit dem Fahrrad langgefahren, wenn Tante Polly den Zucker beim Kaufmann vergessen hatte! Die Bäume hat unser Onkel Fiete selbst gepflanzt!«
    Großwedau hörte sich vielversprechend an. Schien also doch besiedelt zu sein, die Gegend.
    Ole und ich reckten die Hälse. Wir starrten durch die
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