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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)
Autoren: Martine Bailey
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das Funkeln so trügerisch, als stünde sie tatsächlich vor mir. Man erzählte sich eine dumme Geschichte, wie der Edelstein Lady Maria alle Kraft geraubt habe, weshalb sie viele Fehlgeburten erlitt und bereits vor ihrem fünfundzwanzigsten Geburtstag verschied.
    Mrs. Garland hatte sie gekannt, als sie damals nach Mawton kam. Eine geschickte Zuckerbäckerin sei sie gewesen, und sie meinte, die arme Herrin habe tatsächlich Tag und Nacht den Edelstein bei sich getragen, bis Sir Geoffrey ihn ihr schließlich wegnahm, als sie kalt in ihrem Sarg ruhte. Sie war nun schon lange tot, und niemand erinnerte sich mehr an sie, außer Mrs. G und mir, die wir es uns in den Ruinen ihrer wertvollen Destille bequem gemacht hatten.
     
    Kein Lakai stand vor Lady Carinnas Tür. Blieb mir wohl nichts anderes übrig, als selbst zu klopfen. Niemand antwortete, und ich klopfte erneut. Endlich hörte ich eine schwache Stimme. Im Innern fand ich lediglich Lady Carinna. Sie war ganz allein. So ein Mist, fluchte ich innerlich. Ich war’s nun gar nicht gewohnt, so feinen Leuten aufzuwarten.
    «Melady.» Ich zerbrach mir den Kopf, ein paar passende Worte zu finden. «Ich bringe Euch das Essen.»
    Sie lag auf dem riesigen Himmelbett und wurde von den gedrechselten Säulen und blauen Brokatvorhängen fast verdeckt. Überall im Zimmer standen Truhen, aus denen Kleider quollen, die sogar auf dem Boden lagen. Ich musste mächtig vorsichtig mit dem Tablett sein, während ich mich zum Bett vorarbeitete.
    Sie schnipste träge mit einem Finger und zeigte auf das Tischchen neben dem Bett. Dort stellte ich das Tablett ab und schaute mich rasch um. In einem fliederfarbenen, tief ausgeschnittenen Kleid ruhte sie auf den Kissen und zeigte die weißen Strümpfe mit schmutzig grauen Fußsohlen. Auf der Tagesdecke lagen Kuchenreste verstreut und die fettige Kante eines Schinkens. Eigentlich hätte ich sie gern angefaucht, weil sie sich schon woanders etwas zu essen besorgt hatte.
    Sie starrte auf einen Brief, und zwischen ihren aufgemalten Brauen stand eine steile Falte. Auch bemerkte ich Spuren von Tränen, denn ihre Augen waren rot geweint. Ich war so damit beschäftigt, sie dumm anzuglotzen, dass ich beinahe aufschrie, als einer der Hügel aus Seide sich plötzlich bewegte. Ein hässliches Gesichtchen tauchte unter dem Bettzeug auf. Dieser blöde Hund war’s!
    Meine Herrin schnüffelte beim Anblick des Tellers und verzog das Gesicht. «Kratz das Zeug da runter», sagte sie und zeigte auf die hübsche Garnitur aus geröstetem Toast und Hackbällchen. Manche Leute wissen gutes Essen eben nicht zu schätzen, selbst wenn man es ihnen unter die Nase hält.
    «Schneid das klein», verlangte sie, als ich gerade knickste, um wieder zu verschwinden. Also blieb ich und schnitt das Hühnchen klein. Dabei überlegte ich, warum eine Lady wie sie nicht mal mit dem Messer umgehen konnte. Sie krümmte wieder den Finger und bedeutete mir so, mit dem Teller näher zu kommen. Und dann musste ich brav stehen bleiben, stocksteif wie ein Wachposten mit dem Teller vor mir. Ganze zehn Minuten, in denen sie mein perfekt frikassiertes Hühnchen an den Hund verfütterte. Was hatte die alte Kröte vorhin gesagt? «Der Speisende ist ein wahrer Feinschmecker.» Du meine Sterne, dafür würde ich sie eines Tages bezahlen lassen.
    Solange der Hund seine Herrin ablenkte, schaute ich mich unauffällig um. Sie hatte den Brief weggelegt, den sie so mächtig interessiert gelesen hatte, und leider hatte sie ihn zusammengefaltet, weshalb ich nichts davon lesen konnte. Dass sie versucht hatte, eine Antwort zu formulieren, konnte ich an den zerknüllten Papierbällen erkennen, die überall herumlagen. Ich gab mir wirklich Mühe, etwas mehr in Erfahrung zu bringen, und von einem der zerknüllten Briefe konnte ich wenigstens einzelne Passagen lesen. Sie hatte die Zeilen so heftig durchgestrichen, dass das Papier dabei zerrissen war. Tintenflecke verschmierten das meiste, doch ich konnte zumindest etwas entziffern.
    Mein Liebster, es schmerzt … schlimmste Brief, den ich … schreibe. Mein … mein Leben ohne jedes Glück … leichtsinnige Makel wird nicht … Hitze des Feuers, das doch in Wahrheit …
    Das ergab für mich überhaupt keinen Sinn, denn das war alles nur Geschwafel. Doch selbst ich konnte verstehen, warum sie unglücklich war. Was dachte Sir Geoffrey sich nur dabei, dem armen Mädchen so viel Kummer zu bereiten? Der Fall war wirklich tragisch.
    Schließlich drehte das
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