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Das Schattenreich von Morin

Das Schattenreich von Morin

Titel: Das Schattenreich von Morin
Autoren: Jan Niens & Kai Niens
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die Herde in die Stallungen bringen.« Bejahend, aber etwas mürrisch, antwortete der Junge: »Ja, da kommt eine große Sturmfront auf uns zu und der Herbst naht heran, der Spätsommer neigt sich dem Ende.«
    Die Sonne senkte sich bereits in ihrem blassen Rotorange am Horizont. Von Osten näherte sich das Unwetter schnell, die Wolken zogen in einer breiten Front auf die Inseln zu.
    Schnell trieben die beiden die Herde auf den Hof.
    Der Hof bestand aus einem Haupthaus und den Stallungen, die Häuser der Inselelben waren klein, doch von edler Gemütlichkeit, warm und behaglich im Winter, im Sommer frisch, das Gebäude ähnelte einem langgezogenen Getreidespeicher mit Wohnhaus, der Giebel und das Reetdach standen auf hohen, von runden Steinplatten besäumten Steinsäulen.
    Im Inneren befand sich eine große Stube mit Kamin und Küche, die anderen Zimmer befanden sich im Dachgeschoss, das viele runde Fenster besaß.
    Lorbo versorgte noch die Tiere, bevor er sich mit seinen Freunden in dem abgelegenen Gasthaus Wandershall an diesem Abend treffen wollte, trotz des schlechten Wetters sputete er sich, sattelte rasch sein altes Inselpony und machte sich auf den Weg, als die Sonne unterging. Die Abendluft war kühl, fröstelnd zog Lorbo den Kragen seines Mantels enger.
    Sein Weg führte ihn durch kleine Wälder nahe der alten Handelsstraße. Nebel und Nässe taten das Übrige, um seine Stimmung nicht gerade zu erheitern.
    Aber er freute sich schon auf seine Freunde, die sicher bereits im Wandershall auf ihn warten würden. Da er diesen Weg bereits hundertmal zurückgelegt hatte, fiel dem jungen Mann an diesem Abend die tiefe Stille auf, die anscheinend das ganze kleine Tal nördlich der alten Handelsstraße erfasst hatte.
    Das vertraute Rascheln, Summen und Zirpen, die Rufe jener Vögel, der Nachtigallen, war verstummt, all das fehlte.
    Lorbo lauschte angestrengt auf irgendeinen Laut, aber sein scharfes Gehör vermochte nichts wahrzunehmen außer die tiefgründige Stille, das Brummen des nahenden Gewitters ließ seine Nackenhaare sich sträuben.
    Gänsehaut machte sich auf ihm breit, er schüttelte beunruhigt den Kopf, schaute in die schemenhafte Schwärze. Sollte er jenem Ammenmärchen glauben, die er im Wandershall vor einigen Wochen aufgeschnappt hatte,“ein erschreckendes Wesen mit schwarzen Schwingen sei gesichtet worden“?
    Er schalt sich einen Narren, sicher Geschwätz von alten Leuten, wenige kannten die Gegend so gut wie er, ein zu tief hängender Ast streifte sein Gesicht und fügte ihm einen gehörigen Schrecken zu, doch die wundersame Stille blieb eine erdrückende Stille, sein Pony begann plötzlich unruhig zu tänzeln, zu schnauben und ging jäh mit ihm durch, das Pony galoppierte wie von Sinnen und warf den erschrockenen Lorbo schließlich ab.
    Lorbo fluchte, als er im dichten Gebüsch unsanft landete.
    Ein plötzlicher Luftstrom zog Lorbos Neugierde jenseits des Waldes auf sich, er sah einen riesigen schwarzen Schatten, der seinem Pony hinterher jagte, geduckt und starr vor Schreck suchte Lorbo im Unterholz Deckung, er vermochte sich nicht zu rühren. Aus der Ferne hörte er das klagende Wiehern seiner alten Stute, gefolgt von einem markerschütternden Schrei, der jäh erstarb.
    Vor Schreck erstarrt gelang es Lorbo nicht, einen klaren Gedanken zu fassen, Panik machte sich in ihm breit, was sollte er tun?
    Davonrennen!
    Dieses Wesen würde ihn sehr schnell finden, so entschied er sich zu warten.
    Die Minuten vergingen als wären es Stunden, sein Herz raste. Er spähte in die nächtliche Dunkelheit, erkennen konnte er nichts, eine dumpfe Kälte machte sich in ihm breit, eine Warnung seines Körpers ließ Lorbo still verharren. Lorbo duckte sich, machte sich im Dickicht klein, nicht weit von ihm raschelte etwas, dann hörte er Geäst brechen und bersten. Was immer auch in der Dunkelheit lauerte, war riesig; es suchte, es vermied nicht im Geringsten leise zu sein.
     
    Panik machte sich in ihm breit, er verspürte das erste Mal in seinem Leben Angst.
    Lorbo hielt die Luft an, kein Atem huschte über seine Lippen, er vernahm dumpf seinen eigenen Herzschlag, wie Trommeln pulsierend, aufgeregt hektisch schlagend, er fühlte sich gejagt wie ein Tier. Plötzlich, ganz in seiner Nähe. Er duckte sich tiefer ins Dickicht, still, leblos vergingen die Minuten, als würde die Zeit stillstehen. Er spähte aus den Augenwinkeln und erblickte einen schemenhaften, riesigen, dunklen, in Finsternis gehüllten Schädel mit Augen
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