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Das scharze Decameron

Das scharze Decameron

Titel: Das scharze Decameron
Autoren: Leo Frobenius
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Mutter hat mich auf gute Dinge hingewiesen.« Simoa fuhr fort. Das Mädchen seufzte und sagte: »Ach, wenn ich dich doch immer so bei mir behalten könnte. Aber ich will nicht habsüchtig sein. Ich habe noch sechs Schwestern. Bleibe bei jeder einen Tag.«
    Die älteste Tochter des Kadi nahm Simoa ben Abid an der Hand und führte ihn in das Nebenzimmer. Sie rief ihre Schwestern. Die sechs Schwestern kamen. Eine jede war schöner als die andere. Die älteste Tochter sagte: »Hier, meine Schwestern, ist eine junge Frau, die unser guter Vater uns als Dienerin gesandt hat. Diese junge Frau besitzt etwas anderes als wir. Unsere Mutter hat sie gelehrt, es anzuwenden, und sie hat mir damit heute schon eine Freude bereitet, die süßer war als jede Speise, die ich bisher gekostet habe. Heute wird sie nun noch bei mir bleiben. Morgen aber kommt sie zu dir, der zweiten, übermorgen zu dir, der dritten. An jedem Tage der Woche soll eine von uns die Gabe dieser jungen Frau genießen und so glücklich werden.«
    Alle sieben Mädchen umringten nun Simoa ben Abid. Alle betrachteten und betasteten ihn. Alle riefen aus: »Ach, was ist diese junge Frau schön!« Dann kehrte die Älteste mit Simoa zu ihrem Lager zurück und genoß mit ihm das Glück der Verschiedenartigkeit bis zum andern Morgen. Am andern Morgen ging Simoa in die Kammer der zweiten Tochter des Kadi und lag bei ihr, bis es wieder Morgen war. Die zweite Tochter des Kadi sagte: »Meine Schwester hat von dem Glück gesprochen, das du, junge Frau, ihr bereitet hast. Aber sie hätte uns noch mehr davon sagen sollen. Es gibt sicher nichts zwischen Himmel und Erde, was dieser Lust gleichkommt.« Am dritten Tage ging Simoa zur dritten Tochter des Kadi, am vierten zur vierten, am fünften zur fünften, am sechsten zur sechsten, am siebenten zur siebenten Tochter des Kadi. Eine jede Tochter war schöner als die andere, eine jede war glücklicher als die andere.
    An jedem Tage sandte der Kadi zu Simoa und ließ ihm sagen: »Komm zu mir, ich will dich heiraten.« An jedem Tage antwortete die Tochter des Kadi, bei der Simoa gerade war: »Heute muß die junge Frau noch bei mir bleiben. Ich habe sie liebgewonnen. Jede von uns Schwestern will sie einen Tag lang bei sich haben. Wir alle haben sie lieb gewonnen. Wenn die Woche um ist, kann die junge Frau zu unserem Vater gehen und mit ihm sprechen.«
    Als Simoa den siebenten Tag bei der siebenten Schwester verbracht hatte, rief er sie alle zusammen. Alle umarmten ihn und sagten: »Komm bald wieder. Du bist unser Glück.« Simoa umarmte alle sieben Schwestern. Dann ging er zum Kadi. Der Kadi empfing Simoa ben Abid und sagte zu ihm: »Meine junge Frau, seitdem ich dich gesehen habe, können meine Gedanken nicht mehr von deiner Schönheit lassen. Ich habe in den sieben Tagen nicht schlafen können, weil du mir nicht aus den Gedanken kamst. Ich bitte dich nun, mir deine Liebe nicht zu versagen. Ich bitte dich nun, meine Frau zu werden. Ich werde dir ein angenehmes Leben bereiten.« Simoa sagte: »Ich bin bereit, deine Frau zu werden. Du weißt aber, daß mein erster Mann mich geschlagen hat, sobald er meine Liebe genossen hatte. Ich fürchte, alle Männer sind gleich roh und grausam. Ich verlange also von dir, daß du dich jedesmal, wenn ich bei dir liegen soll, dich von mir an Händen und Füßen binden und die Schlingen am Holzbalken festmachen läßt. Nur so werde ich mich sicher fühlen. Wenn du diese Bedingung in den Ehevertrag aufnehmen willst, bin ich bereit, dich zu heiraten.« Der Kadi sagte: »Da du so schlechte Erfahrungen gemacht hast, bin ich bereit, auf diese Bedingung einzugehen.« Simoa sagte: »Dann setze den Vertrag auf und rüste die Hochzeit!«
    Der Kadi setzte den Ehevertrag auf. Dann rüstete er das Hochzeitsfest. Während der Zeit blieb Simoa in den Kammern der sieben Töchter des Kadi und schlief bei jeder noch einen Tag und eine Nacht. Dann wurde das Hochzeitsfest begangen. Das Fest dauerte sieben Tage. Am siebenten Tage wurde Simoa dem Kadi zugeführt.
    Der Kadi umschlang Simoa und sagte: »Nun liege mir bei.« Simoa sagte: »Warte bis zum Morgen. Ich bin so ermüdet.« Der Kadi sagte: »Es ist mir recht!« Als es Morgen war, sagte der Kadi: »Nun liege mir bei.« Simoa sagte: »Es ist mir recht. Erst wollen wir aber die Bedingungen des Vertrages erfüllen.« Der Kadi sagte: »Wenn du darauf bestehst, soll es mir recht sein.« Simoa nahm starke Stricke. Er band den Kadi an Händen und Füßen fest zusammen. Dann
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