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Das rote U

Das rote U

Titel: Das rote U
Autoren: Wilhelm Matthießen
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Kleinen wohl so leicht nicht
wiedergesehen... Wissen Sie eigentlich, wer das Rote U ist?“
    Der Landrichter hatte keine
Ahnung.
    Und nun sagte Herr Behrmann ihm
etwas ins Ohr.
    „Sind Sie recht gescheit,
Herr Behrmann?!“ – Der Landrichter war ordentlich zusammengezuckt.
    „Herr Landgerichtsrat, es
ist so, wie ich sage! Und wäre dies Rote U nicht auf dem Posten gewesen
und hätte aufgepasst – weiß Gott, was passiert wäre! Das
Rote U hat durch die Jungen die drei Verbrecher beobachten lassen von dem
Augenblick an, wo sie aus dem Gefängnis kamen. Das Rote U hat geahnt, dass
sie was im Schilde führten. Und hätte das Rote U den Brief, den ihm
die Jungen am Sonntag schickten, gleich am Montag abholen können, dann
wäre Ihr Junge von den Kerlen gar nicht verschleppt worden. Aber als wenn
es das Rote U geahnt hätte – schon vor zwei Monaten hat es von den
Jungen die Villa Jück untersuchen lassen, bis
tief in die Keller hinab. Das Rote U hat gedacht: die Lumpen kommen sicher
dorthin zurück! Und das ist unser, ist Ihr Glück gewesen!“
    „Ja, und dann die Silli !“ rief der Landrichter.
    „Das ist nämlich
meine Schwester!“ sagte Boddas .
    „Ja, deine Schwester, das
ist ein Mädchen! Was meinen Sie, Herr Behrmann, weshalb wollte der vierte
von den Kerlen mit dem Jungen über den Rhein?“
    „Oh, auf der anderen
Seite hätte ihn vorläufig so leicht keiner gesucht! Und nach ein paar
Wochen hätte er Ihnen vielleicht aus Holland geschrieben, wenn Sie ihm
nicht dreißig- oder fünfzigtausend Mark schickten, dann sähen
Sie den Kleinen nicht wieder. Und hätten Sie dann die Polizei angerufen,
dann wär’s um ihn geschehen gewesen...“

Das Rote U
     
     
    Es war Weihnachtsabend. Sonst
wurde überall, bei Bodens, bei Schlössers ,
bei Dölls und bei den Eltern von Knöres immer schon am Heiligen Abend beschert. Aber diesmal sollte der Baum erst des
Morgens, nach der Christmesse, angesteckt werden. Und als nun um sechs Uhr des
Abends die Weihnachtsglocken läuteten, ging bei Bodens, ging bei
Dölls, ging bei Knöres und Schlössers die Haustür auf, und die Kinder kamen
heraus. Alle liefen sie der alten Kirche zu. Denn dort wollten sie sich
treffen.
    Richtig, als Boddas und Silli kamen, denn die
hatten den weitesten Weg, waren die anderen schon da. Und nun gingen sie mit
raschen Schritten über den funkelnden Schnee dem Berger-Ufer zu, wo
Bernhards wohnten. Und zu Bernhards sollten sie am Heiligen Abend kommen.
    Schnell waren sie in der kleinen
stillen Straße, und da war auch schon das Haus. Ja, der Lichterschein des
Baumes strahlte schon durch das hohe Fenster. Aber wenn sie gedacht hatten, ihr
neuer Freund wäre ihnen entgegengesprungen, als sie geklingelt hatten, so
waren sie im Irrtum. Ein feines Dienstmädchen öffnete und führte
sie nach oben. Und droben nahm sie die Frau Bernhard in Empfang...
    Oh, die war ja ganz greis
geworden. Silli sah es sofort. Und vor ein paar Tagen
war sie noch blond gewesen. Aber so glücklich sah sie aus.
    „Da seid ihr ja!“
rief sie, „nun zieht eure Mäntel aus und kommt! Das Christkind ist
schon da gewesen...“
    Aber als nun die fünfe vor
dem strahlenden Weihnachtsbaum standen, da schauten sie gar nicht so recht hin.
Wo steckte denn nur der kleine Bernhard? Nirgends war er zu sehen! Ob er krank
war?
    Aber sie hatten gar keine Zeit
zum Fragen. Schon führten der Landrichter und die Frau Bernhard sie an
einen kleinen Tisch, der ganz beladen war mit Geschenken. Da gab’s
für jeden ein paar wunderbare verchromte Schlittschuhe ,
dann für Silli eine goldene Armbanduhr,
prachtvolle elektrische Taschenlampen für die Jungen, und noch vieles,
vieles andere. Dazu bekam jeder einen Teller mit den feinsten Esssachen –
Printen, Spekulatius, Marzipan – aber sie schauten doch immer von den
Herrlichkeiten weg. Vielleicht entdeckten sie den blassen Jungen irgendwo in
einer Ecke, wo er sich gewiss versteckt hatte. Und Silli hob sogar verstohlen den schweren Vorhang beiseite. Aber niemand war dahinter.
Die Frau Bernhard hatte das wohl gesehen. Und nun lächelte sie ganz
vergnügt und sagte:
    „Ja, Kinder, das war nun
der erste Teil. Jetzt will ich euch mal etwas anderes zeigen. Oder nein, ich
zeig’ es euch nicht... geht nur selber hinein...“
    Sie zeigte auf die
Nebentüre, und der Landgerichtsrat steckte sich schmunzelnd eine Zigarre
an.
    Silli klopfte.
    „Meine weißen
Brüder mögen eintreten!“ rief eine Stimme von drinnen.
    Zögernd achte das
Mädchen die
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