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Das rote Band

Das rote Band

Titel: Das rote Band
Autoren: Dana Graham
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hämmerte er gegen das Tor, bis ein greisenhafter Verwalter ihm öffnete. „Wo ist der Burgherr?“, stieß er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor, um zu verhindern, dass er den Alten anschrie.
    „Der Viscount of Highfalls ist nicht da“, ließ ihn der Mann mit stoischer Ruhe wissen. „Der Viscount weilt bei seinem Freund, dem Earl of Greystone, um dort seine Hochzeit zu feiern.“
    Grußlos wandte Victorian sich ab und schwang sich wieder auf sein Pferd. Hatten sich alle gegen ihn verschworen? War das die Rache des Earls of Greystone, weil er dessen Anweisungen nicht Folge geleistet hatte? Und Ian … Wie hatte er zulassen können, dass Eloïse von einem Tag auf den anderen zur Ehe mit einem wildfremden Lord verurteilt wurde, der bestimmt genauso alt war wie sein Verwalter? Wütend nahm Victorian die Zügel auf. Vermutlich hatte Ian zugestimmt, weil der Viscount bereit war, die ganze Familie mit auf seine Burg zu nehmen. Das war zwar ein Trost für Eloïse, aber nicht für ihn! Die Vorstellung, wie Eloïse mit einem anderen Mann zusammenlebte, war unerträglich.
    Trotz des steilen Pfades bergab trieb Victorian sein ohnehin schon geschundenes Pferd zur Eile an. Er musste diese Trauung verhindern. Nicht, weil er Eloïse das schuldig war, sondern, weil er sie liebte. Verflucht, Amira hatte recht! Sein Herz gehörte seit Ewigkeiten Eloïse, und er war ein Narr gewesen, sich nicht dazu zu bekennen. Er würde sich entschuldigen, ihr seine Liebe gestehen und sie umgehend zur Frau nehmen. Und, wenn es sein musste, würde er diesen Viscount vorher töten.
     
    „Jetzt fehlt nur noch dein Schwert, Ian.“ Jake reichte Ian die schwere Waffe, die er ihm vor einem Jahr geschenkt hatte.
    Ian nahm sie entgegen und stutzte. Auf der einen Seite war wie jeher das Wappen von Greystone eingraviert, und die andere wies das Wappen von Highfalls auf!
    Jake lächelte. „Joanna hat mir das Schwert heimlich gegeben, damit ich die Gravur anfertigen lassen konnte, wie ich es dir letztes Jahr versprochen hatte.“ Er strich Ian einige Flusen von dessen Wams. „Steck es ein, und dann gehen wir zum Festsaal, sonst ist Joanna noch vor uns da.“
    Am Eingang des großen Saales übergab Jake Ian in Galads Hände und machte sich auf den Weg zum Zimmer seiner Schwester. Da sein Vater nicht mehr lebte, fiel ihm die Aufgabe des Brautführers zu.
    Vorsichtig warf Ian einen Blick in den Festsaal. Keine Maus passte mehr hinein. Studenten und deren Familien, Nachbarn und Verwandtschaft, alle waren da.
    „Nervös?“, fragte Galad.
    Ian nickte. Er war furchtbar aufgeregt, und das nicht nur wegen der bevorstehenden Hochzeit. „Letztes Jahr wollte die Hälfte der Anwesenden mich noch aus der Burg jagen“, vertraute er Galad seine Befürchtung an, weiterhin abgelehnt zu werden.
    Galad schüttelte den Kopf. „Jetzt bist du der Viscount of Highfalls und bald der Schwager des Earls of Greystone“, erwiderte er mit beruhigender Stimme. „Glaub mir, keiner von ihnen wird sich mehr an letztes Jahr erinnern wollen.“ Er beugte sich zur Seite und blickte in den Gang hinter ihnen, wo der Diener Robert ihm zuwinkte. „Es ist soweit, Ian. Wir müssen nach vorne gehen. Hol tief Luft und dann los.“
    Ian tat wie geheißen und folgte Galad durch den Mittelgang zur Stirnseite des Raumes, wo der Altar aufgebaut war und der Pfarrer sie bereits erwartete. Die Kapelle auf dem Burggelände hätte diese Anzahl von Menschen nicht fassen können, und so war entschieden worden, die Trauung in den Festsaal zu verlegen. Am Altar angekommen, drehte Ian sich um und richtete seinen Blick auf den Eingang. Hoffentlich ließ ihn Joanna nicht zu lange hier vor allen Anwesenden alleine stehen!
    Doch seine zukünftige Frau schien die Zeremonie ebenso wenig abwarten zu können wie er selbst. Zuerst tauchte Jake im Türrahmen auf und dann Joanna. Lächelnd schritt sie am Arm ihres Bruders auf ihn zu, und Ians Kehle schnürte sich zu. Sie war wunderschön! Ihr Kleid aus weißer Seide raschelte bei jedem Schritt, und selbst der Schleier konnte nicht verbergen, wie glücklich sie aussah. Er konnte es immer noch nicht fassen: Gleich würde er Joanna heiraten, und nichts und niemand konnte das mehr verhindern!
    Als sie ihn erreicht hatten, legte Jake die Hand seiner Schwester in Ians Hand und trat zur Seite. Behutsam schlug Ian den Schleier zurück und blickte Joanna an. Es überraschte ihn nicht, Tränen in ihren Augenwinkeln schimmern zu sehen. Ihm selbst erging es kaum anders.
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