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Das Rosie-Projekt

Das Rosie-Projekt

Titel: Das Rosie-Projekt
Autoren: Graeme Simsion
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ähnlich ist, diese Feinheiten ebenfalls nicht wahrnehmen würde, aber es war unlogisch zu erwarten, dass meine potentielle Partnerin meinen Mangel an Hintersinn teilte.
    »Kein Schmuck, kein Make-up?«, beantwortete Claudia korrekt die zwei Fragen, die durch mein letztes Gespräch mit der Dekanin ausgelöst worden waren.
    »Bei Schmuck geht es nicht immer um Außenwirkung«, gab sie zu bedenken. »Wenn du eine Frage in die Richtung brauchst, lass die Schmuck-Frage weg und behalte die mit dem Make-up. Aber frag nur, ob sie sich täglich schminkt.«
    »Größe, Gewicht
und
BMI «, zitierte Gene weiter. »Kannst du das nicht selbst ausrechnen?«
    »Das ist der Sinn der Frage«, erwiderte ich. »Zu prüfen, ob sie ein Grundwissen in Arithmetik hat. Ich will keine Partnerin, die nicht rechnen kann.«
    »Ich dachte, du würdest gern wissen wollen, wie sie aussieht«, sagte Gene.
    »Da ist eine Frage zur Fitness.«
    »Ich dachte mehr an Sex«, sagte Gene.
    »Zur Abwechslung«, kommentierte Claudia, was eine seltsame Bemerkung war, da Gene ständig über Sex redet. Doch seine Bemerkung war berechtigt.
    »Ich werde eine Frage zu HIV und Herpes einfügen.«
    »Stopp«, meinte Claudia. »Du bist viel zu wählerisch.«
    Ich fing an zu erklären, dass eine unheilbare Geschlechtskrankheit ein deutliches Minus darstellte, aber Claudia unterbrach mich.
    »Bei allem.«
    Das war eine verständliche Reaktion. Doch meine Strategie bestand darin, die Möglichkeit eines Fehlers Typ  1 zu vermeiden – Zeit für jemanden zu vergeuden, der unpassend war. Leider erhöhte dies das Risiko eines Fehlers Typ  2 – eine passende Person abzulehnen. Letzteres war jedoch ein akzeptables Risiko, da ich es mit einer sehr großen Ausgangsmenge zu tun hatte.
    Gene meldete sich zu Wort: »Nichtraucher ist okay. Aber wie lautet die richtige Antwort auf die Frage nach Alkoholkonsum?«
    »Null.«
    »Moment mal. Du trinkst aber.« Er deutete auf mein Portweinglas, das er kurz zuvor noch aufgefüllt hatte. »Du trinkst sogar ganz ordentlich.«
    Ich erklärte, dass ich mir durch das Projekt eine Verbesserung meines eigenen Verhaltens erhoffe.
    In dieser Weise fuhren wir fort, und ich erhielt exzellentes Feedback. Der Fragebogen schien mir nun zwar weniger akkurat, aber ich vertraute noch immer darauf, dass er die meisten, wenn nicht alle Frauen aussortieren würde, mit denen ich in der Vergangenheit Probleme gehabt hatte. Aprikoseneisfrau wäre bei mindestens fünf Fragen durchs Raster gefallen.
    Mein Plan war, mich auf traditionellen Partnersuchforen anzumelden, dort aber zusätzlich zu den üblichen unzureichenden Informationen zu Größe, Beruf und ob ich Strandspaziergänge mag einen Link zum Fragebogen einzustellen.
    Gene und Claudia schlugen vor, ich solle außerdem ein paar richtige Verabredungen treffen, um meine gesellschaftlichen Fähigkeiten zu trainieren. Ich sah ein, dass es sinnvoll wäre, die Fragebögen quasi im Rahmen einer Feldstudie zu validieren, deshalb druckte ich, während ich auf die Online-Antworten wartete, einige Fragebögen aus und begann erneut mit jenem Verabredungsprozedere, das ich für immer ad acta gelegt zu haben dachte.
     
    Als Erstes schrieb ich mich für das Programm
Tisch für acht
ein, das von einer kommerziellen Partnerschaftsvermittlung angeboten wurde. Nach einem zweifellos unzuverlässigen Kompatibilitäts-Vortest, der auf inadäquaten Daten beruhte, erhielten vier Männer und vier Frauen, einschließlich meiner Person, Daten zu einer Tischreservierung in einem Restaurant der Innenstadt. Ich nahm vier Fragebögen mit und traf pünktlich um 20 : 00  Uhr ein.
Es war nur eine Frau anwesend!
Die anderen drei waren unpünktlich. Eine erstaunliche Bestätigung der Vorteile einer Auswertung vor Ort! Diese Frauen hätten womöglich mit
(b) ein bisschen zu früh
oder
(c) pünktlich
geantwortet, doch ihr tatsächliches Verhalten demonstrierte das Gegenteil. Ich entschied, vorübergehend
(d) ein bisschen zu spät
zuzulassen, da ein einzelner Vorfall für das generelle Verhalten vielleicht nicht repräsentativ wäre. Im Geiste hörte ich Claudia sagen: »Jeder kommt mal ein bisschen zu spät, Don.«
    Es saßen auch zwei Männer am Tisch. Wir gaben einander die Hand. Mir kam die Assoziation, dass dies eine Parallele zur Verbeugung im Kampfsport darstellte.
    Ich taxierte meine Konkurrenten. Der Mann, der sich als Craig vorgestellt hatte, war etwa in meinem Alter, aber übergewichtig, trug ein weißes, zu enges Hemd und einen
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