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Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition)

Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition)

Titel: Das Ritual der Gleißenden Dämonen (German Edition)
Autoren: Stefan Balzter
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sofort zurück zum Streifenwagen, der gerade noch in Sichtweite stand.
     
    Als Reser allein war, bemerkte er die Bewegung. Groß, dunkel – vielleicht ein Tier, das durch den offenen Eingang die Wärme des Innenraums gesucht hatte.
    Resers Dienstpistole lag schwer in seiner Hand. Er hatte sie seit über einem Jahr nicht gebraucht und nur am Schießstand gezogen. Irgendwie fühlte sie sich dort anders an. Leichter. Und nicht so kalt.
    Er hob den Arm und zielte auf den Schatten, der sich jetzt hinter einer Madonnenskulptur in der Eingangshalle verbarg. Vielleicht ein Tier – aber wenn nicht ...
    „Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus, dann geschieht Ihnen nichts“, rief er. „Sie sind verhaftet.“
    Er hielt die Pistole fast ohne Zittern auf den Schatten gerichtet, der sich jetzt aufrichtete und sein Versteck verließ, um sich wortlos dem Polizisten zu nähern. Klobige Armeestiefel knirschten durch die am Boden verstreuten Glasscherben.
    Es war ein Mensch! Mein Gott, wie konnte ein Mensch so sehr wie ein Raubtier wirken? Aber jetzt sah man es ganz deutlich. Die Gestalt, die ihm entgegenkam, war unter einem weiten, umhangartigen Mantel verschwunden, dessen Kapuze ihre Gesichtspartie gänzlich bedeckte.
    „Bleiben Sie stehen und nehmen Sie die Hände hoch“, bellte Reser in Richtung des weiten Mantels. Ein unbenutzter Bereich seines Unterbewusstseins stellte verwirrt fest, dass er die Farbe dieses Kleidungsstücks überhaupt nicht beschreiben könnte, wenn es später um seine Zeugenaussage ginge. Irgendetwas zwischen grau, braun und dunkelgrün, aber ein wenig blau schien auch dabei zu sein, und irgendwie wirkte er durchsichtig. Nein, durchsichtig war das falsche Wort – es war eher so, dass er den Blick an sich vorbei zu lenken schien.
    „Bleiben Sie stehen, oder ich muss schießen“, wiederholte er laut. „Was haben Sie hier angestellt, Mann?“
    „Ich“, zischte es unter dem Mantel, „habe nur mal die Alarmanlage ausprobiert. Sie funktioniert.“
    „Sie halten sich wohl für sehr witzig“, rief Reser. Der Kerl blieb doch immer noch nicht stehen! Reser richtete seine Heckler & Koch P30 nach oben und drückte den Abzug. Ein scharfer Knall durchschnitt die Luft.
    Immer noch kam die Gestalt langsam auf ihn zu.
    Diesmal zielte er richtig.
    Und drückte ab. Einmal, und noch einmal, immer wieder, und im nächsten Moment lag Hermann Reser auf dem Boden, die Gestalt hockte auf seinem Brustkorb, und Reser schrie und schoss, und dann schrie er nicht mehr, und der Mantel mitsamt seinem Träger war in der Dunkelheit verschwunden.
    Achim Schüssler hatte all das vom Wagen aus mit angesehen. Erst jetzt erwachte er aus seiner Lähmung, rannte zu seinem Kollegen, rief dessen Namen, sah die Verletzung aus nächster Nähe und konnte sich gerade noch abwenden, bevor er auf die Knie fiel und die vier Tassen Kaffee erbrach, mit denen er den Nachtdienst hatte überstehen wollen.
     

Erster Teil
     
     
    This ain't no technological breakdown,
    Oh no,
    This is the road to hell.
     
    - Chris Rea, „The Road To Hell“

1. Kapitel
     
    Aus den Nebeln der Zeit dringt eine Legende zu uns.
    Eine Legende von Blut. Von Macht und von Tod.
    Sie streckt ihre Krallen aus dem Sumpf der Jahrhunderte. Kratzt des Nachts an unserer Haustür, unseren Fenstern, unserer Zuflucht.
    Wir hatten geglaubt, wir seien sicher.
    Wir hatten sie ins Reich des Aberglaubens verbannt.
    Aber es gibt Dinge, die nicht sterben können. Auch wenn die Zeit starb, da man an sie glaubte.
    Das Böse schert nicht, ob wir an es glauben. Es existiert. Das ist ihm genug.
    Und wenn es Nacht wird, wenn die sterbende Sonne ihre letzten schwachen roten Strahlen wie einen Hilferuf über den Himmel sendet und schließlich im Dunst versunken ist, erwacht es zum Leben.
    Wir können die Nacht ausleuchten. Nicht jedoch die Nächtlichen.
    Wir können die Dunkelheit verjagen. Nicht jedoch die Finsternis.
    Wir können den schwarzen Himmel weiß erhellen. Nicht jedoch können wir die Schwärze jener Wesenheiten lichten, die in der Stille auf uns lauern.
    Nein, wir können aus der Nacht nicht den sicheren Tag machen.
     
    Der gesichtslose Schwarze Mann wartet auf uns, und er ist entschlossen, uns zu töten.
     
    Die Legende singt leise in der fernen Dunkelheit. Klagelieder, die sich im Traum in unsere Ohren schleichen und uns Angst machen. Angst vor dem Draußen. Angst vor dem, das wir mit all unserer Technik und Rationalität nicht verbannen konnten, nicht aus unserer Welt,
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