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Das Reigate-Rätsel

Das Reigate-Rätsel

Titel: Das Reigate-Rätsel
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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habe Mrs. Straker nach diesem Kleid gefragt, dabei habe ich es so angestellt, daß sie nicht gemerkt hat, worauf ich hinauswollte. Sie hat dieses Kleid nicht bekommen. So habe ich mir die Adresse der Modemacherin gemerkt und sie aufgesucht.
    Als ich ihr das Foto von Straker zeigte, konnte sie leicht unseren mysteriösen Mr. Derbyshire ausmachen.
    Von da an wurde alles einfach. Straker hatte das Pferd in die Mulde geführt, von wo aus man sein Licht nicht sehen konnte. Simpson hatte auf der Flucht seinen Schal verloren, den Straker aufhob, sicherlich mit dem Hintergedanken, daß er ihm nützlich werden konnte, die Hinterhand des Pferdes zu verbinden.
    Als er endlich bei der Mulde war, mußte er seinen Standort hinter dem Pferd suchen und ein Licht anzünden. Aber das Tier wurde wahrscheinlich von der plötzlichen Helligkeit des Lichtes erschreckt. Mit dem feinen Instinkt der Tiere fühlte es, daß etwas Schlimmes in der Luft lag. Es trat aus und traf mit dem Hinterfuß direkt die Stirn des Trainers. Dieser hatte, obgleich es stark regnete, seinen Mantel ausgezogen und über den Busch gelegt, um so mehr Bewegungsfreiheit für seine Arbeit zu haben, und so schoß ihm das Messer, als er fiel, direkt in den Oberschenkel.
    Mach' ich mich soweit verständlich?«
    »Wunderbar! « rief der Colonel, »wunderbar! Sie könnten dabeigewesen sein.«
    »Zu meinem letzten Schluß, das muß ich zugeben, brauchte ich sehr lange. Ich überlegte mir, daß selbst ein in seinem Beruf so erfahrener Mann wie Straker eine so heikle Sache wie das Durchtrennen einer Sehne kaum vornehmen würde, ohne vorher ein wenig geübt zu haben.
    Woran aber konnte er üben? Ich sah die Schafe auf der Koppel, stellte meine Frage, und zu meiner eigenen Verwunderung bekam ich bestätigt, daß meine Theorie richtig gewesen war.
    In London habe ich die Modistin aufgesucht und habe herausgefunden, daß ihr Mr. Straker, als unter dem Namen Derbyshire bekannt, ein sehr guter Kunde war, der eine sehr modebewusste Frau hatte, die gerne teure Kleider trug. Ich bin ganz sicher, daß diese Frau ihn in haushohe Schulden stürzte, so daß ihm am Ende nur noch dieser miserable Trick übrigblieb.«
    »Sie haben wunderbar alles erklärt, bis auf eines«, sagte der Colonel. »Wo war das Pferd?«
    »Ah, es riß aus und wurde von einem Ihrer Nachbarn versorgt. Aber in dieser Sache muß ich wohl um eine Amnestie bitten. Wir haben Clapham Junction erreicht, in weniger als zehn Minuten werden wir an der Victoria Station sein. Wenn Sie Lust haben, in unserer Wohnung noch eine Zigarre mit uns zu rauchen, Colonel, dann erzähle ich Ihnen noch ein paar andere Details, die Sie interessieren werden.«

    Das gelbe Gesicht

    Meine Leser werden mich sicher verstehen, wenn ich bei der Niederschrift der vielen Abenteuer meines Freundes und der unzähligen Fälle, die wir bearbeitet haben, natürlich die Erfolge herausstreiche und die Niederlagen übergehe. Das geschieht allerdings nicht, um seinen guten Ruf zu wahren - denn gerade wenn er mit seiner Weisheit am Ende war, mußte ich seine erstaunliche Energie, seine Intelligenz und seine enorme Flexibilität bewundern -, sondern ich lasse die erfolglosen Fälle weg, weil dort, wo er einen Mißerfolg zu verbuchen hatte, selten ein anderer einen Erfolg erzielen kann. So müßte dann die Geschichte ohne Ende bleiben. Manchmal geschah es allerdings, daß die Wahrheit doch entdeckt wurde, auch wenn er sich geirrt hatte. Ich habe ein gutes halbes Dutzend dieser Fälle notiert. Das Musgrave-Ritual und die Geschichte, die ich Ihnen jetzt erzählen werde, sind zwei von dieser Art. Ich habe sie ausgewählt, weil sie die interessantesten Züge tragen.
    Sherlock Holmes war kein Mann, der Sport um des Sports willen trieb. Trotzdem gibt es wenige Männer, die über größere Muskelkraft verfügen, und meines Wissens ist er auch einer der größten Boxer seiner Klasse. Dennoch erachtete er ein Körpertraining, das nicht mit einem bestimmten Zweck verbunden war, als reine Zeitverschw endung. Wenn ihn kein berufliches Interesse trieb, rührte er sich selten vom Fleck. Dann allerdings konnte er absolut unermüdlich und unschlagbar sein. Daß er sich unter solchen Umständen seine Kondition erhielt, ist wirklich bemerkenswert. Er aß sehr wenig und lebte karg und spartanisch wie ein Mönch. Von seinem gelegentlichen Kokaingebrauch einmal abgesehen, hing er keinen Ausschweifungen nach. Er hielt sich auch nur an die Drogen, um in Zeiten, wo es keine
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