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Das Reich des dunklen Herrschers - 8

Das Reich des dunklen Herrschers - 8

Titel: Das Reich des dunklen Herrschers - 8
Autoren: Terry Goodkind
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sie den anderen an. Richard lehnte auch diese ab und begnügte sich statt dessen mit hartem Reisezwieback, Nüssen und getrockneten Beeren.
    »Aber willst du denn kein Fleisch?«, fragte Jennsen, als sie sich ihm gegenüber auf ihrem Bettzeug niederließ. »Das kann dir doch unmöglich reichen. Du brauchst etwas Sättigenderes.«
    »Ich bekomme kein Fleisch mehr hinunter. Nicht, seit die Gabe in mir erwacht ist.«
    Jennsen rümpfte die Nase und sah ihn fragend an. »Wieso sollte deine Gabe schuld daran sein, daß du kein Fleisch mehr essen kannst?«
    Richard lehnte sich zur Seite, stützte sich auf einen Ellenbogen und betrachtete den weiten, sternenübersäten Himmel, während er nach den passenden Worten für eine Erklärung suchte. Schließlich meinte er: »In der Natur ist Ausgewogenheit die Folge eines Wechselspiels aller existierenden Dinge. Ein einfaches Beispiel: Betrachte die Ausgewogenheit zwischen Raubtieren und ihrer Beute. Gäbe es einen Überschuß an Raubtieren, wäre die Beute rasch verzehrt. Für einen kurzen Zeitraum würden die Raubtiere prächtig gedeihen, dann jedoch würden auch sie Hunger leiden und schließlich aussterben.
    Der Mangel an Ausgewogenheit würde Beute und Raubtier gleichermaßen zum Verhängnis; beider Existenz würde vernichtet. Sie leben in einem ausgewogenen Verhältnis miteinander, weil dies, wenn nicht ihrer bewußten Absicht, so doch ihrem naturgegebenen Wesen entspricht.
    Mit Menschen dagegen verhält es sich anders. Ohne diese bewußte Absicht ist nicht unbedingt gewährleistet, daß wir die oft zum Überleben unentbehrliche Ausgewogenheit erlangen. Deshalb müssen wir, um zu überleben, lernen, unseren Verstand zu gebrauchen. Wir pflanzen Getreide, wir jagen nach Fellen, um uns warm zu halten, wir züchten Schafe, scheren ihre Wolle und lernen, sie zu Tuch zu weben. Wir müssen lernen, uns einen Unterschlupf zu bauen. Wir wägen den Wert verschiedener Gegenstände gegeneinander ab und treiben Handel, um die von uns hergestellten Erzeugnisse gegen Dinge einzutauschen, die wir benötigen - und die von anderen hergestellt, gewebt oder erjagt worden sind.
    Somit stellen wir eine Ausgewogenheit zwischen unseren Bedürfnissen und den uns bekannten Gegebenheiten der Welt her. Wir wägen das, was wir wollen, gegen den vernünftigen Vorteil ab, den es uns bringt, statt einem flüchtigen Bedürfnis nachzugeben, denn wir wissen, nur so können wir auf lange Sicht überleben. Wir nehmen Holz und zünden ein Feuer im Kamin an, um in kalten Winternächten nicht zu frieren, aber so sehr wir auch frieren, sind wir stets darauf bedacht, das Feuer nicht zu groß zu machen, denn damit würden wir riskieren, unseren Unterschlupf, nachdem wir wohlig eingeschlafen sind, in Brand zu setzen.«
    »Aber manche Menschen handeln doch auch aus kurzsichtigem Eigennutz, aus Habgier und aus Gier nach Macht, und richten damit andere zu Grunde.« Jennsen deutete mit dem Arm hinaus in die Dunkelheit. »Sieh doch nur, was die Imperiale Ordnung tut - noch dazu mit Erfolg. Sie scheren sich nicht darum, Wolle zu spinnen, Häuser zu bauen oder Handel zu treiben. Sie schlachten Menschen ab, nur weil sie ein Land erobern wollen, und nehmen sich, was immer sie begehren.«
    »Und wir leisten ihnen Widerstand. Wir haben gelernt, den Wert des Lebens zu erkennen, deswegen kämpfen wir für die Wiedereinführung der Vernunft. Wir sind es, die für Ausgewogenheit sorgen.«
    Jennsen strich sich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. »Aber was hat das alles mit deinem Verzicht auf Fleisch zu tun?«
    »Mir wurde beigebracht, daß auch Zauberer für sich selbst - für ihre Gabe, ihre Kraft - Ausgewogenheit erzielen müssen; wie übrigens auch in allem anderen, was sie tun. Ich bekämpfe diese Soldaten, die Imperiale Ordnung, die das Leben vernichten wollen, weil es für sie keinen Wert bedeutet. Dafür ist es aber erforderlich, daß ich ganz ähnliche Greuel begehe und vernichte, was ich für das wertvollste Gut halte: Menschenleben. Da meine Gabe eng damit verbunden ist, daß ich Krieger bin, gilt mein Verzicht auf Fleisch als Ausgleich für all das Töten, zu dem ich gezwungen bin.«
    »Und was geschieht, wenn du doch Fleisch ißt?«
    Nach dem gestrigen Tag, das wußte Kahlan, hatte Richard allen Grund, durch seinen Verzicht auf Fleisch das Gleichgewicht wiederherzustellen.
    »Normalerweise bereitet mir schon der Gedanke, Fleisch zu essen, Übelkeit. Wenn ich mußte, habe ich es getan, aber wenn irgend möglich verzichte
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