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Das Reich der Katzen (German Edition)

Das Reich der Katzen (German Edition)

Titel: Das Reich der Katzen (German Edition)
Autoren: Alisha Bionda
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immer noch vor sich hin knurrte. »Der
Grollende Riese hat sich ja für den zweiten Akt ein besonders possierliches
Tierchen ausgesucht.« Die große Krähe sah seine gefiederten Genossen an. »Jetzt
sind wir gefordert, meine Freunde ...«
    »Wie darf ich das denn verstehen?« Ben musterte Blackbird
misstrauisch.
    Der neigte den Kopf und trippelte auf und ab. Sein Gefieder
glänzte wie flüssige Tinte im Abendlicht. »Wir werden dem knurrenden Angeber da
oben mal gehörig den Marsch blasen. Nicht wahr, meine Freunde?«
    Zustimmendes Krächzen.
    »Und wie soll das über die Bühne gehen, wenn ich fragen darf?«,
wollte Ben wissen.
    »Du darfst, du darfst.« Blackbird klapperte keck mit seinem
spitzen Schnabel. »Wir werden uns wieder in die Luft erheben und dann
gleichzeitig auf dieses Vieh hinabstoßen. Unsere Schnäbel sind sehr scharf und
hacken bestimmt ziemlich tiefe Wunden in den Dickwanst hinein.« Er betrachtete
das wohlgenährte Tier, das immer noch auf der Lauer lag und ihnen den einzigen
Weg nach oben versperrte.
    »Das kann doch nie und nimmer gut gehen«, bezweifelte Ben den
Erfolg des Krähenangriffs.
    Blackbird stieß ein meckerndes Geräusch aus. »Wenn ihr schnell
genug an ihm vorbeilauft, klappt es. Aber ihr dürft nicht trödeln.«
    Blackbird und sein Schwarm kreisten schon wieder in der Luft. Er
hatte die Katzen angewiesen, möglichst viel Radau zu schlagen, um den Puma
abzulenken und nicht auf den Himmel und die von dort drohende Gefahr aufmerksam
zu machen. Das hatte schon in der Stadt der Krokodile bestens funktioniert.
    »Man soll Strategien, die Erfolg gebracht haben, ruhig ein
zweites Mal anwenden«, verkündete Blackbird, bevor er mit seinen Freunden
entschwand.
    Und so gab sich die Katzenschar redlich Mühe, Lärm zu schlagen.
    Der Berglöwe reagierte sofort.
    Er erhob sich geschmeidig und reckte die Nase über den
Felsvorsprung. Feindselig knurrte er die Katzen an und öffnete sein geiferndes
Maul. Beim Anblick seiner gewaltigen Reißzähne spürte Onisha ihre Knie so weich
wie Softeis in der Sonne werden. Das kann doch nicht gut gehen, durchzuckte es
sie und sie war mit der Befürchtung nicht allein.
    Der Angriff der Krähen kam für den Puma völlig unerwartet.
Blackbird und seine Freunde verteilten sich geschickt in der Luft und stießen
auf den schutzlosen Körper des Berglöwen nieder. Mit flatternden Flügeln
balancierten sie über dem wütenden Tier und hackten mit der ganzen Kraft ihrer
spitzen Schnäbel blutende Wunden in sein Fleisch. Der Puma brüllte auf, erhob
sich auf die Hintertatzen und versuchte mit den Vorderpranken, an denen Krallen
wie scharfe Messer blitzten, die Vögel zu erhaschen.
    »Los, worauf wartet ihr noch?«, zischte Valentin den Katzen zu.
    Onisha und Fleur rasten auf der Stelle los. Die Angst beflügelte
sie. Als Onisha an dem Puma vorbeiflitzte, sah sie gerade noch in den
Augenwinkeln, wie er eine der Krähen erwischte. Onisha schickte ein Stoßgebet
zum Himmel, dass der Vogel entweder freikommen oder einen schnellen Tod finden
würde.
    Als sie alle an dem Puma vorbei und in Sicherheit waren, erhob
sich Blackbird mit dem Rest seiner Kameraden in die Luft. Ein Drittel der
Krähen hatte ihr Leben gelassen und die schwarzen Körper lagen wie stumme
Mahnmale um den Puma verstreut, der sichtlich angeschlagen war. Er beachtete
die toten Vögel nicht. Hatte das Interesse an ihnen verloren. Sein Knurren war
nicht nur wütend, es hatte einen eindeutig enttäuschten Unterton. Denn er
wusste, dass er nicht mehr an die Katzen herankam. Sie waren kleiner und
wendiger als er. Konnten sich auch in kleinen Erdlöchern oder Felsvorsprüngen
verstecken.
    Erst als sie genug Abstand von ihm hatten, wagten sie stehen zu
bleiben und zurückzublicken. Onishas Atem rasselte wie ein alter Motor, in
ihren Ohren war ein stetiges Brausen. Aber sie hatten es geschafft. Hatten die
erste Schreckgestalt des Grollenden Riesen überwunden. Auch wenn es beinahe zu
leicht gegangen war. So leicht, dass Onisha befürchtete, es könne nur noch
dicker kommen. Aber sie hatte sich daran gewöhnt, sich auch über Teilsiege zu
freuen. Für diesen hier hat ein Drittel von Blackbirds Freunden ihr Leben
gelassen, dachte sie mit einem Anflug von Scham. Wie konnte sie da davon
sprechen, dass es zu leicht gegangen war?
    Der Puma fauchte, warf ihnen einen letzten hasserfüllten Blick zu
und trollte sich.
    »Ich bin mal gespannt, was dieser dämliche Grollende Riese sonst
noch alles für uns auf Lager hat.«
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