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Das Reich der Katzen (German Edition)

Das Reich der Katzen (German Edition)

Titel: Das Reich der Katzen (German Edition)
Autoren: Alisha Bionda
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lange im Dämmerschlaf gelegen hatte, brach
endlich mit aller Gewalt hervor. Sie begann die Freuden der Jagd zu spüren.
Fühlte angenehme Spannung in sich wachsen. Das Gefühl gefiel ihr. Mehr als sie
jemals geahnt hatte. Gleichzeitig erschreckte es sie aber noch. Doch ihr lief
im wahrsten Sinne des Wortes das Wasser im Maul zusammen. Und in dem Augenblick,
als die kleine Feldmaus aus dem Gebüsch gerannt kam, erstarben alle Gefühle in
Onisha. Sie war nur noch Katze. Mit einem einzigen Satz sprang sie auf den
kleinen Nager und spürte die köstliche Erregung des kätzischen Blutrausches.
    Fleur amüsierte sich köstlich, als sie Onisha mit der toten Maus
im Maul ankommen sah. Sie selbst hatte einen prachtvollen Vogel erlegt und ihn
bereits zu einem großen Teil verspeist. »Das gibt es doch nicht, Mylady hat
eine Maus erlegt! Und das ohne Ohnmachtsanfall. Ich glaube, es gibt noch
Hoffnung für dich, Onisha.«
    »Ja, ja«, brummte diese und ließ die Maus fallen. Stirnrunzelnd
betrachtete sie das tote Tier und versuchte Fleurs Kichern zu ignorieren. Für
einen Moment schien Onisha bei dem Gedanken, die Zähne in das Fleisch ihrer
Beute zu schlagen, zu erstarren, aber dann biss sie zu.
     
    Nachdem Onisha die Maus verspeist hatte, war ihr sehr nach einem
kleinen Nickerchen. So war sie es nun einmal gewöhnt. Und alte Gewohnheiten
legt man nicht so ohne weiteres ab. Sie ließ sich auf die Seite sinken. Gab
sich genüsslich der Wärme der Sonne hin. Dabei grunzte sie zufrieden und rollte
sich zu einer dunklen Fellkugel zusammen.
    Fleur gähnte, ebenfalls gesättigt. »Auch wenn du sonst unmögliche
Anwandlungen hast, ist das eine blendende Idee. Schließlich haben wir einen
anstrengenden Fußmarsch vor uns.« Onisha hörte zwar die Worte, weigerte sich
aber, deren Inhalt zu verstehen. Aber Fleur ließ ihr nicht die Spur einer
Chance und plapperte munter drauflos. »Aaaah, es hat mir wunderbar geschmeckt.
Jetzt noch eine kleine Siesta und dann gehen wir weiter. Wenn wir den Wald
verlassen haben, müssen wir nur noch einige Kilometer querfeldein und dann ...«
    »Einige Kilometer?«, kreischte Onisha. »Ich dachte, dein ominöser
Ben wäre schon in nächster Nähe.«
    Fleur hütete sich auch nur ein Sterbenswörtchen darüber verlauten
zu lassen, dass ihnen noch ein gewaltiger Fußmarsch bevorstand. Sie zog es vor
die Schlafende zu spielen und schlummerte schließlich tatsächlich ein. Sie wäre
wahrscheinlich erst am nächsten Morgen erwacht, so erschöpft war sie, hätte
Onisha nicht einen spitzen Schrei ausgestoßen. Fleur schreckte hoch, als hätte
sie ein Heer roter Waldameisen gebissen.
    »He, was ist los?«, rief sie. »Was soll der Lärm?«
    »Da drüben ... am Waldrand«, stotterte Onisha. Sie schlotterte am
ganzen Leib. Fleur blickte in die Richtung und fühlte, wie ihr der Atem
stockte. Eine schattenhafte Gestalt hob sich schemenhaft von dem Abendhimmel
ab. Bevor sich Fleur fragen konnte, ob sie wirklich so lange geschlafen hatten,
dass es bereits dunkelte, bewegte sich die Schattengestalt und kam näher.
    Onisha stieß ein ängstliches Zischen aus.
    »Bleib, wo du bist«, herrschte Fleur sie an. »Der Wald heißt
nicht umsonst der Wald der wandernden Schatten.«
    Die Gestalt war nun bis auf wenige Meter herangekommen. Onisha
blieb der nächste Ton in der Kehle stecken, so erschrocken war sie. Zitternd
und mit pochendem Herzen saß sie neben Fleur und wünschte sich unsichtbar zu
sein.
    Vor ihnen stand eine schlanke Frauengestalt mit einem Katzenkopf.
    »Bastet!«, flüsterte Fleur. Der Schreck war ihr deutlich
anzusehen. Ihre Barthaare zitterten und ihre Kiefer malmten wie Mühlsteine
aufeinander, was ein knirschendes Geräusch verursachte. Angstvoll blickte
Onisha wieder zu der Frauengestalt hoch und hätte am liebsten erneut
aufgeschrien: Bastets Augen waren ebenso blau wie die Fleurs. Es schimmerten
zwar winzige Goldpartikel in ihnen, aber sonst waren sie identisch. Und sie
beide hatten noch eine Gemeinsamkeit: zwei große, spitze Ohren.
    Die Katzengöttin deutete auf Fleur und flüsterte: »Du hast nicht
mehr viel Zeit, du musst dich beeilen. Das Reich der Katzen wartet auf dich. Um
dorthin zu gelangen, musst du das Buch der Tore in dem Schwarzen Kloster
finden. Dann wirst du wissen, was zu tun ist!«
    Fleur und Onisha saßen noch lange regungslos da, nachdem sich die
Gestalt in kleine Nebelschwaden aufgelöst hatte. Onisha sah Fleur an. Ihre
großen Kulleraugen waren voller Fragen. Und als Fleur keine
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