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Das Rattenloch

Das Rattenloch

Titel: Das Rattenloch
Autoren: Jason Dark
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hochkommen.«
    In diesen Momenten war ich optimistisch. Die Brut hing nicht mehr an mir. Ich war frei, und ich besaß noch meine Waffe. Die hatte mir Florence im Eifer des Gefechts nicht abgenommen.
    Als ich auf den Füßen stand, gab ich mich schwächer, als ich es wirklich war. Ich stellte mich breitbeinig hin, schwankte dabei etwas, aber mein Blick war scharf und klar. Er glitt an Florence vorbei in die dunkle Höhle hinein, wo ich noch nichts sah. Das Rattenloch gab sein Geheimnis nicht preis.
    »Steh auf, Schwester. Los, nicht so langsam! Du sollst doch alles mitbekommen.«
    »Schon gut.«
    Maxine stand hinter meinem Rücken auf. Die Ratten schufen ihr Platz. Ich hörte, wie sie sich bewegten und mit ihren Füßen über den Boden kratzten.
    »Geh zu ihm, Max!«
    »Und dann?«
    »Ihr könnt die Höhle gemeinsam betreten. Mein großer Freund wird sich freuen. Er hat Hunger, das spüre ich.«
    »Du Scheusal!
    »Danke, Max.«
    Da gab es keine schwesterlichen Bande mehr zwischen ihnen, was auch verständlich war, denn beide Frauen hatten sich zu stark auseinander entwickelt.
    Maxine berührte mich zuerst leicht am Arm, dann hielt sie sich daran fest. »Wir werden nicht aufgeben, John. Vielleicht hat sie auch nur geblufft. Was meinst du?«
    »Ja, vielleicht«, erwiderte ich mit wenig Überzeugung.
    »So eine Rattenmutation kann es doch nicht geben. Das ist hier kein Film, verflucht.«
    Sie hatte recht laut gesprochen und war von ihrer Schwester gehört worden. »Oh doch, Maxine, so etwas kann es sehr wohl geben, und du wirst es auch erleben, das schwöre ich dir.« Sie lachte noch, bevor sie an uns vorbei auf den Eingang des Rattenlochs zuging. Im Moment malte er sich klar und deutlich ab, denn kein Rauch vernebelte die Sicht. Das Feuer brannte hinter uns. Wir spürten seine Wärme, die uns wie ein Hauch erwischte, der von den Füßen hoch bis zum Nacken glitt.
    »Kommt, kommt, nur keine falsche Bescheidenheit. Mein Freund wartet nicht gern.«
    Maxine und ich blieben in Körperkontakt. Ich merkte jetzt, wie sehr die Tierärztin zitterte, aber sie riss sich zusammen und klagte auch nicht.
    Es war der Weg ins Ungewisse. Wenige Schritte bis in die Rattenhölle.
    Wir hatten die Höhle noch nicht betreten, als wir den Geruch wahrnahmen, der uns aus ihr entgegenwehte. Es war schon kein Geruch mehr, sondern ein Gestank. Im ersten Augenblick raubte er uns den Atem und verschlug uns natürlich die Sprache. Ich war irritiert. Es stank nach Abfall, nach Moder und nach altem Fleisch, das allmählich dahinsiechte.
    Hart presste ich den Mund zu und versuchte, möglichst nur durch die Nase zu atmen.
    Die Nackte ging vor uns her. Sie war so anders. Für Florence gab es weder Kälte noch Wärme. Sie war einfach in ihrem Element, und sie hatte sich dieses Leben ausgesucht.
    Plötzlich blieb sie stehen.
    Florence war noch nicht tief in die Höhle hineingegangen. Eine Körperlänge hinter dem Eingang hatte sie ihre Schritte gestoppt. Auch wir blieben stehen und warteten gespannt darauf, was passierte.
    Die Nackte beugte den Kopf vor. Sie tat es mit einer langsamen Bewegung und wirkte wie jemand, der in die Dunkelheit und Leere hineinschnüffelt. Wir hörten auch das entsprechende Geräusch, das aber bald wieder abbrach.
    Dafür vernahmen wir etwas anderes.
    Einen Pfiff!
    Schrill und hoch. Mehr ein Fiepen. Genau dieser Pfiff hätte auch zu einer Ratte gepasst. Eine wie Florence hatte sich diesem Zustand immer mehr genähert, ohne sich allerdings körperlich verändert zu haben. Doch im Innern dachte und handelte sie wie eine Ratte, was mir auch nicht in den Kopf wollte.
    Es passierte nichts.
    Es war nur finster.
    Das Feuer reichte mit seinem Widerschein nur bis zu uns, dann mussten wir zugeben, dass es so dunkel auch nicht war, denn aus dem Hintergrund der Höhle löste sich etwas. Es war ein schattenhaftes Monstrum. Breit, kompakt und hoch zugleich.
    Das musste die Mutation sein.
    Sie war nicht nur mir aufgefallen. Neben mir stöhnte die Tierärztin auf und flüsterte: »Mein Gott, was ist das?« Ich konnte ihren Schauer förmlich fühlen, der ihren gesamten Körper erfasste.
    »Ihr Götze, Max.«
    »Aber...«
    »Hast du ihr nicht geglaubt?
    »Nein, nicht richtig.«
    Sie hielt sich mit einer weiteren Bemerkung zurück, denn jetzt schob sich das Wesen weiter nach vorn. Es war nicht nur breit, es war auch hoch. Mehr als menschengroß. Ein riesiges Gebilde, das die nicht eben niedrige Höhle ausfüllte. Ein Mensch würde dagegen keine
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