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Das Rattenloch

Das Rattenloch

Titel: Das Rattenloch
Autoren: Jason Dark
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Eingang zum Rattenloch, in dessen große Öffnung hin und wieder die Feuerzungen hineinzuckten, aber von der Dunkelheit rasch aufgesaugt wurden.
    Ich wollte gar nicht daran denken, wer auf meinem Körper hockte. So gelang es mir, das Gefühl des Ekels zu unterdrücken. Es reichte auch, dass ich sie roch.
    Was ihre Körper genau ausströmten, wusste ich auch nicht. Jedenfalls war es kein Wohlgeruch, sondern eher ein Gestank, in den sich auch der Geruch nach Eiter hineinmischte.
    Es stammte von den Beulen, die Haut und Fell der Tiere hatten platzen lassen. Einfach ekelhaft, aber nicht zu ändern.
    Ich hoffte, dass die Tiere irgendwann verschwinden würden. In den folgenden Minuten war das nicht der Fall. Auch Maxine litt oder war verdammt wütend, denn sie flüsterte: »Allmählich fange ich an, meine Schwester zu hassen.«
    »Das glaube ich dir«, raunte ich zurück.
    »Ich verstehe einfach nicht, wie sie so abgleiten konnte. Das ist Wahnsinn! Wir waren immer gut zu Tieren und kamen mit ihnen zurecht, aber Florence hat sich in eine Richtung entwickelt, die ich nicht akzeptieren kann. Das werde ich auch nie begreifen können, sollte ich lebend hier wegkommen.«
    »Bestimmt.«
    »Optimist.«
    »Muss man sein.«
    »Du hast immer überlebt, wie?«
    »Ja, habe ich. Und deshalb gebe ich auch jetzt nicht auf. Sie hätten uns schon töten können. Wir hätten jetzt Skelette sein können, aber wir sind es nicht...«
    »Was sagt uns das?«
    »Dass sie uns noch braucht.«
    »Meinst du?«
    »Da bin ich mir sicher.«
    »Wozu braucht sie uns denn?«
    »Keine Ahnung. Ich kann mir nur vorstellen, dass dieses verdammte Rattenloch einige Gefahren in sich birgt oder auch Überraschungen.«
    Maxine senkte ihre Stimme noch mehr. »Und sie ist darin verschwunden«, flüsterte sie. »Sie ist noch nicht zurückgekehrt. Warum nicht? Was hält sie davon ab?«
    »Ich habe keine Ahnung. Ich weiß auch nicht, ob sich jemand in der Höhle aufhält.«
    »Wer könnte das denn sein?«
    »Mach dir darüber keinen Kopf.«
    Das Gespräch schlief ein. Ich hörte Maxine atmen. Dann sprach sie sehr leise mit sich selbst. Nur ein einziges Mal noch verstand ich den Namen ihrer Schwester.
    Warten mit Ratten überall am Körper. Still sitzen. Es war der Anfang einer Hölle, denn meine Haut begann zu jucken. Mich überfiel das starke Bedürfnis, mich überall kratzen zu müssen. Auf dem Kopf, im Gesicht, an der Brust, den Armen und Beinen. Aber ich durfte mich nicht bewegen. Die verdammten Ratten warteten nur darauf, zubeißen zu können.
    »Sie kommt!«
    Ich hatte die Höhle nicht im Auge behalten, dafür war Maxine zuständig. Als ich ihren Ruf vernommen hatte, verdrehte auch ich die Augen und schaute hin.
    Ja, sie hatte sich nicht geirrt. Innerhalb des Eingangs bewegte sich etwas. Nicht direkt, etwas weiter zurück, aber es war nicht der Rauch, der dort tanzte.
    In den folgenden Sekunden war ich voll konzentriert. Ich spürte auch den Juckreiz nicht mehr, weil ich wusste, dass es weitergehen würde. Endlich. Sie musste etwas tun, und sie hatte sich nicht bekleidet. Noch immer nackt betrat Florence Wells den Bereich des Eingangs und geriet in den Widerschein der Flammen, der ihrer starren Gestalt so etwas wie Leben einhauchte.
    Florence ging so weit vor, bis wir sie am besten sahen. Und wir erkannten, dass sich der Mund in der unteren Gesichtshälfte bewegte und sich wahrscheinlich zu einem Lächeln oder Grinsen verzog. Sie konnte sich auch so fühlen, die Ratten gehorchten ihr. Sie war die Königin oder Herrin über diese Tiere.
    Maxine hielt es nicht mehr aus. Die Emotionen mussten sich freie Bahn verschaffen.
    »Sei verflucht, Florence!«
    Die Antwort bestand aus einem scharfen Lachen. Zunächst, dann stoppte es, und wir hörten Florence sprechen. »Schwesterherz, warum regst du dich so auf?«
    »Willst du das wirklich hören?«
    »Ja.«
    »Was du tust, ist verbrecherisch.«
    »Ach, glaubst du das wirklich?«
    »Sonst hätte ich es dir nicht gesagt.«
    Damit war Florence nun gar nicht einverstanden. »Was haben die Menschen denn mit den Tieren gemacht?«, höhnte sie. »Soll ich es dir sagen? Sie haben die Tiere in enge Käfige gesperrt. Sie wurden gefoltert und misshandelt. Man machte sie fertig. Man experimentierte mit ihnen, und man hat sie sogar aufgeschnitten. Man hat ihnen Schlimmes angetan. Ich will gar nicht auf Einzelheiten zu sprechen kommen, Max, du bist Tierärztin, und du weißt es selbst. Oder willst du noch mehr hören?«
    »Ich weiß es
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