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Das Rätsel des Orakels - Die Zeitdetektive ; 8

Das Rätsel des Orakels - Die Zeitdetektive ; 8

Titel: Das Rätsel des Orakels - Die Zeitdetektive ; 8
Autoren: Ravensburger
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vorn muss der Pleistos sein!“ Der Fluss wand sich durch ein silbergrünes Tal mit unzähligen Olivenbäumen.
    „Wir scheinen also wirklich in Delphi zu sein“, sagte Julian und drehte sich um. „Und es sieht so aus, als wären wir durch diesen Olivenbaum angekommen.“
    Leon fuhr mit den Fingern über die schorfige Rinde des breiten, gedrungenen Baumes. „Den müssen wir uns für unsere Rückreise merken.“
    „Kein Problem“, sagte Julian, dessen Augen sich inzwischen an das helle Sonnenlicht gewöhnt hatten. „Dieser große Olivenbaum ist wirklich sehr auffällig. Hat jemand eine Idee, wie wir in die Tempelanlage hineinkommen? Die Mauer sieht nicht besonders einladend aus …“
    „Wir sollten es einfach mal probieren“, schlug Kim vor. „Auf dem Weg da vorn ist jede Menge los. Die Leute laufen alle auf das Orakel zu. Wir mischen uns unter das Volk.“
    „Genau“, stimmte Julian ihr zu. „Besonders auffallen dürften wir nicht. Für die richtige Kleidung hat Tempus gesorgt.“
    Leon sah an sich hinunter. Statt Jeans und T-Shirt trug er nun einen Chiton , ein kurzes, röhrenförmiges Gewand, das an den Schultern zusammengenäht war. Julian und Kim trugen die gleiche einfache Mode wie Leon.
    Kim hatte außerdem ein Kredemnon , ein Kopftuch, das sie bei Bedarf vor der Sonne schützen würde.
    Die Freunde liefen zum Weg, der von Lorbeer- und Oleanderbüschen gesäumt war. Julian, der als Letzter ging, konnte sich an der schönen Umgebung mit ihren Pinien, Olivenbäumen, Fichten und Zypressen nicht sattsehen.
    Der Frühling hatte längst Einzug gehalten, die Luft war mild und voller würziger Gerüche. Die Landschaft, der in der Sonne glitzernde Fluss, die Tempel, deren kunterbunte Säulen und Dächer sich schimmernd von den kahlen Felsen dahinter abhoben – all das war so friedlich, dass Julian fast über sich gelacht hätte. Was hatte er vorhin noch für Angst gehabt!
    Eine Hand legte sich auf seine Schulter und ließ seinen Atem stocken. Der Junge schoss herum und starrte in das unrasierte Gesicht eines jungen Mannes. Auch er war mit einem Chiton bekleidet, trug darüber aber noch ein Himation , einen Überwurf.
    „Beim Zeus , wen haben wir denn hier?“, fragte der Mann lauernd. Sein Blick war kalt und starr – wie der einer Schlange.
    Julian alarmierte seine Freunde mit einem Pfiff. Sofort drehten sie um und kamen zu ihm.

    „Schon gut, schon gut“, rief der Fremde und lachte spöttisch. „Ich will euch nichts tun. Rauben könnte ich euch auch nichts, denn ihr scheint nichts zu besitzen. Ich finde es nur ungewöhnlich, dass ihr nicht auf dem Weg geht. Jeder benutzt den Weg. Es sei denn, er hat etwas zu verbergen …“
    „Auch du benutzt nicht den Weg“, entgegnete Kim kühl.
    „Richtig“, gab der Mann zu. „Aber ich habe einen guten Grund dafür.“ Er deutete mit dem Daumen auf den Bogen, der über seiner Schulter hing. „Ich war auf der Jagd. Leider erfolglos. Und da habe ich euch an dem Olivenbaum gesehen. Urplötzlich wart ihr da. Seltsam, wie aus dem Nichts … Das kam mir verdächtig vor.“
    Julian überlegte fieberhaft. Hatte der Mann beobachtet, wie sie aus dem Olivenbaum gekommen waren?
    „Wir, wir haben nichts zu verbergen“, stammelte er rasch. „Wir hatten nur Hunger und haben nach ein paar Wurzeln gesucht.“
    Der Fremde nahm die Hand von Julians Schulter. „Ach so“, sagte er, und die Kälte wich aus seinen Augen. Offenbar schien ihm die Antwort zu reichen. Er runzelte die Stirn, als ob er scharf nachdenken würde. „Ich bin übrigens Medias, der Seher, und komme aus Delphi“, sagte er schließlich.
    „Ein Seher?“, fragte Julian überrascht. „Also jemand, der in die Zukunft schauen kann?“
    „Du sagst es.“
    Julian hob die Augenbrauen. „Ich dachte, nur Frauen dürften das in Delphi – die Pythien …“
    Der Seher lachte. „Da musst du schon genau unterscheiden, mein Junge. Eine Pythia verkündet nur den Willen des Gottes Apollon, ein Seher dagegen ist niemandem verpflichtet. Ich erkenne an den Linien der Hand, wie es um die Zukunft des Menschen bestellt ist, der meinen Rat sucht. Diese Kunst hat mir meine Mutter beigebracht.“
    „Ach so“, erwiderte Julian wenig beeindruckt. An die Kunst des Aus-der-Hand-Lesens glaubte er ebenso wenig wie an die Wahrsagerei. Er hielt Medias für einen Schwindler. Aber das ließ er sich nicht anmerken, sondern stellte seine Freunde und sich selbst vor. Wie immer in diesen Momenten erzählte er eine rührselige
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