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Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Titel: Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll
Autoren: Kai Hensel
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mit der Scheuerseite des Schwammes über die Blutflecken. Bald hockte er in Flocken von zartrosa Schaum. Wenigstens hatte sie ihn ausgetrickst. Er konnte sie töten, er konnte sie foltern. Wahrscheinlich würde er bald anfangen. Aber auf diesem Boot, im Meer mit defektem Motor, saß er in der Falle!
    Er kippte mehr Wasser ins Cockpit. Das Wasser floss kaum noch ab. Knöchelhoch stand es im Cockpit, sickerte in seine Stiefel. Er fingerte im Abguss, bekam den Penis zu fassen und warf ihn über Bord. Aber noch immer steckte etwas im Ausguss; es musste der Hodensack sein. Er suchte im Werkzeugkasten. Er fand eine Zange. Er stocherte im Ausguss, bis er den zerquetschten Hodensack aus dem Rohr zog. Er warf ihn über Bord. Gurgelnd lief das Wasser ab. Er wischte mit der Hand durch die Schaumflocken. Der Boden war hellrot, mit dunkelroten Rändern. Er hatte so gut wie nichts erreicht. Morgen früh würden sich Boote nähern, ihre Hilfe anbieten. Spätestens im Hafen würde jeder sehen: Hier hatte ein Gemetzel stattgefunden.
    Er setzte sich auf die Bank. Er schlotterte vor Kälte. Sie schloss die Augen und presste die Zähne aufeinander. Sie erwartete weitere Schläge. Doch sie hörte die Tritte seiner Stiefel, die sich entfernten. Sie richtete sich auf. Er stand wieder am Bug. Er versuchte, noch einmal zu pinkeln. Es kam nichts mehr heraus. Er drückte Tabletten aus der Folie und schluckte sie. Plötzlich straffte sich sein Körper. Er hörte auf zu zittern. Er drehte sich zu ihr. Sein Gesicht war ohne Ausdruck. Er öffnete eine Luke am Bug und kam zurück mit einem Anker.
    »Es ist jetzt zwei Uhr dreißig«, sagte er. »Gegen fünf Uhr wird es hell. Ich habe zweieinhalb Stunden Zeit, Sie zu foltern. Ich fessele Ihren Körper an der Badeleiter. Mit der Zange reiße ich Ihre Ohren ab. Mit dem Hammer breche ich Ihre Nase. Mit dem Dorn steche ich Ihre Augen aus. Mit dem Skalpell schäle ich Ihre Kopfhaut. Immer wieder übergieße ich die Wunden mit Salzwasser. Die ganze Zeit hängt Ihnen der Anker um den Hals. Sobald es dämmert und ich andere Boote sehe, brauche ich bloß die Fesseln aufzuschneiden und Ihren Körper zu versenken.«
    Er setzte ihr seinen Plan auseinander wie ein Buchhalter, der soeben ein Bilanzierungsproblem gelöst hat. »Wenn andere Boote sich nähern, werde ich angeben, ich hatte einen Unfall, und auf meine Schulter verweisen. Niemand hat das Recht, mich ohne Beweise zu beschuldigen.«
    Er blickte sie an, aus fiebrig geröteten Augen. Er erwartete Angst oder Anerkennung. Wahrscheinlich beides. Sie blieb stumm. Er wickelte das Ankertau um ihren Hals. Er prüfte die Größe der Schlaufe. Das Tau sollte sie würgen, aber nicht erdrosseln.
    »Was haben Sie mit Eléni Galánis gemacht?«, fragte Maria.
    »Mit wem?«
    »Mit der Journalistin.«
    »Ich habe sie weggeworfen. Sie –«
    Maria rammte ihm ihre Füße in den Bauch. Er taumelte, fast kippte er über Bord. Sie versuchte einen zweiten Tritt, er hielt ihren Fuß fest. Er drehte ihn, sie rutschte zu Boden. Er warf sich über sie, seine Hände zogen das Ankertau fest. Sie fühlte seinen fieberheißen Körper. Die Hände zogen fester. Sie konnte nicht mehr atmen. Sie fühlte seinen Atem an ihrem Ohr. Seine Schenkel drückten auf ihre Hände. Die Fesseln schnitten in ihre Handgelenke. Sie fühlte etwas Hartes, Kaltes. Das Tau presste ihre Kehle zusammen. Sie fühlte einen Griff, eine Waffe. Ihre Finger waren taub. Sie konnte nicht …
    Plopp!
    Sie fühlte die Waffe aus ihrer starren Hand fallen. Immer fester zog sich das Tau um ihren Hals. Sie hatte nicht getroffen. In ihren Ohren rauschte das Blut. Sie sah rote und schwarze Flecken. Sie sah ein Tor, dahinter ein Licht. Das war der Tod. Sie trat auf das Tor zu. Sie schwebte. Sie spürte ihren Körper nicht mehr. Keinen Hals, kein Gewicht. Kühle strömte in ihren Körper, ihre Lungen.
    Einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen …
    Hinter einem Wald von Flecken und Blitzen sah sie Blutflecken, Spülmittelschaum, den Boden des Cockpits.
    Einatmen, ausatmen, einatmen …
    Ein Gewicht rutschte von ihrem Rücken. Sie hörte den Mann neben sich atmen. Sie drehte ihren Kopf. Ihre Gesichter waren sich nahe.
    Einatmen, ausatmen …
    Wieso würgte er sie nicht mehr? Wieso lächelte er sie blöde an? Sie versuchte, sich aufzurichten. Das Ankertau scheuerte an ihrem Hals. Sie sah Flecken, Blitze, einen dünnen Strahl Blut, der aus seiner Hose lief, über dem Knie. Sie hatte seinen Oberschenkel getroffen. Die Waffe lag neben
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