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Das Paradies

Das Paradies

Titel: Das Paradies
Autoren: Barbara Wood
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bereits. Als sie Declan nicht finden konnte, hatte sie sich gesagt: Er will alleingelassen werden.
    Aber im Laufe dieser Nacht, während sie und ihre Großmutter Geschichten erzählten und Geheimnisse austauschten, während sie von Liebe und Treue sprachen und von Dingen, die wichtig waren, hatte Amira gespürt, wie die Liebe zu Declan beinahe übermächtig wurde. Es war, als hätte ihre Liebe geschlafen und nur darauf gewartet, wieder geweckt zu werden. Sie würde Connor so lange suchen, bis sie ihn gefunden hatte.
    Amira griff nach dem Titelblatt der alten Zeitung mit der Schlagzeile: NIGHTCLUB NACH BOMBENANSCHLAG VON TERRORISTEN ZERSTÖRT .
    »Ich war damals krank und habe weder Zeitung gelesen noch Radio gehört. Deshalb wußte ich auch nichts davon«, sagte sie erschüttert.
    »Dein Vater ist seit diesem Unglück ein gebrochener Mann«, sagte Khadija. Sie erhob sich mühsam aus dem Sessel, in dem sie die ganze Nacht gesessen hatte, und streckte den steifen Rücken.
    Der Inhalt ihrer alten Schatulle lag inzwischen auf dem Tisch ausgebreitet: Photos, Zeitungsausschnitte, Erinnerungsstücke, Schmuck – und Amiras letzte Geburtstagskarte an Mohammed. Der Poststempel von Al Tafla auf dem Couvert hatte Khadija geholfen, Amira ausfindig zu machen.
    »Dein Vater hat die Lust am Leben verloren, Amira. Die Ärzte sagen, es fehlt ihm nichts, aber seine Kräfte nehmen immer mehr ab. Er wird bald sterben, weil er nicht mehr leben will.«
    Khadija trat an das Geländer der Veranda und blickte auf den Nil. Im strahlenden Licht des frühen Morgens wirkte sie so zart und rein wie ein Engel. Amira staunte über ihre Großmutter. Sie hatte eine innere Größe und Ruhe gefunden, die sie bewunderte. Khadija hatte sich von dem Leben um sie herum, von ihrer Familie nicht entfernt. Auch jetzt noch, im hohen Alter, wirkte sie mit ihrer ganzen Kraft für die Raschids. Sie trotzte allen Schicksalsschlägen und suchte mit unverminderter Entschlossenheit nach Wegen, das Schicksal zum Guten zu wenden.
    Aus ihren Worten sprachen keine Bitterkeit, keine Härte, keine verletzenden Vorwürfe, sondern nur die Suche nach Verstehen und Verständnis, nach Ausgleich, und der Wunsch zu helfen und die Wunden zu heilen.
    Langsam drehte sie sich um und lächelte ihre Enkeltochter an. »Außer Zeinab weiß niemand, daß ich hier bin, Amira. Sie hat dir das Telegramm geschickt, um meinen Besuch anzukündigen. Sie wollte mich begleiten, aber es gibt Wege, die eine Frau allein gehen muß.«
    »Zeinab …« Amira wiederholte langsam den Namen. »Mein Kind war überhaupt nicht tot. Ich habe eine Tochter und wußte nichts davon.«
    »Wir dachten alle, du hättest sie im Stich gelassen, Amira. Deine Mutter sagte, du wolltest das Kind nicht.«
    »Ich glaube, meine Mutter hatte nur einen Wunsch: Ich sollte Ägypten verlassen. Und vielleicht wußte sie, daß ich nicht in das Flugzeug gestiegen wäre, wenn ich gewußt hätte, daß das Kind lebt.«
    Amira blickte auf Zeinabs Photo. »Ich habe meinen Sohn verloren«, sagte sie leise. »Aber Gott hat mir eine Tochter geschenkt.«
    »Amira, du kannst und darfst Zeinab nicht die Wahrheit sagen. Sonst mußt du ihr auch sagen, unter welchen Umständen sie gezeugt worden ist.«
    »Vielleicht hast du recht …« Sie lächelte schwach. »Weißt du, Umma, ich bin so froh, daß Jasmina mein Geheimnis nicht verraten hat. Meine Schwester hat mein Vertrauen nicht enttäuscht. Und sie hat sich meines Kindes angenommen, weil sie glaubte, ich hätte es verstoßen. Ach, es ist alles so schrecklich!«
    »Nein, deine Schwester hat dich nicht verraten. Ich habe Nefissa später gefragt, woher sie das von dir und Hassan wußte, und sie hat mir gestanden, daß sie dir bis zu Hassans Haus gefolgt war. Jasmina hat dein Geheimnis gewahrt.«
    Beim Gedanken an Zeinabs Vater legte Amira das Photo aus der Hand.
    »Wer hat Hassan ermordet?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Amiras Blick fiel wieder auf die Schlagzeile, und als Khadija es sah, sagte sie: »Mohammed ist den Märtyrertod gestorben, Amira. Alle, die in der Nähe waren, sagen, er hat versucht, die anderen zu retten. Er muß die Bombe entdeckt oder gesehen haben, wie sie neben die Bühne gelegt worden ist, denn er ist direkt dorthin gerannt und hat alle aufgefordert, sofort den Saal zu verlassen.«
    Sie ging zu ihrer Enkeltochter und legte ihr tröstend die Hand auf den Kopf. »Amira, dein Sohn ist bei dem Versuch gestorben, andere zu retten, obwohl er sich selbst hätte retten können. Er
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