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Das Paradies am Fluss

Das Paradies am Fluss

Titel: Das Paradies am Fluss
Autoren: Marcia Willett
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und sie weiß, dass er überlegt, was er zu ihr sagen soll. Er versucht, ihre Bedürfnisse und Beweggründe zu erraten. Sie geben sich beide so große Mühe, einander Freiraum zu lassen und keine Forderungen zu stellen.
    »Hast du schon überlegt«, erkundigt er sich jetzt, »wo du Weihnachten feierst? Du fährst also endgültig nicht zu Giles und Tessa?«
    »Nein. Schließlich war ich die letzten zwei Jahre bei ihnen, da haben sie eine Auszeit verdient. Sie waren alle letzte Woche hier, wir haben Geschenke ausgetauscht, und sie haben mich für Silvester eingeladen. Ich hatte vorgehabt, vor Weihnachten kurz bei ihnen vorbeizufahren, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich bis in ihre Bucht komme, wenn das mit dem Schnee so weitergeht.«
    »Und was ist mit Cass? Sie hat dich eingeladen. Und Guy und die Zwillinge werden auch zu Hause sein.«
    »Ich weiß«, sagt sie. »Wie sieht es bei dir aus?«
    »Na, ich bin hier«, erklärt er fröhlich. »Sitze wie immer auf meinem Fels. Es wäre sehr schön, dich hier bei mir zu haben, doch ich weiß ja, wie wichtig dir deine Familie ist. Wie geht’s Flossie?«
    Kate ist klar, dass er versucht, sie nicht zu beeinflussen. Er wird nie zwischen ihr und ihren Söhnen und deren Familien stehen.
    »Flossie geht es gut«, sagt sie. »Sie mag den Schnee nicht besonders. Und Nellie?«
    Sie stellt sich das Bild vor: Bruno auf dem Sofa am Kamin, die Beine ausgestreckt und an den Knöcheln überkreuzt. Nellie wird sich, die Nase auf den Schwanz gelegt, neben ihm zusammengerollt haben.
    »Nellie ist selig«, erklärt er. »Wir sind vorhin auf die Klippen hinaufgestiegen, und sie ist richtig herumgetollt. Sie steckt die Nase in den Schnee, wirft dann den Kopf zurück und schleudert ihn in die Luft. Sieht aus wie ein Wasserbüffel in einem Fluss. Sie hatte noch nie vorher Schnee gesehen.«
    Kate lacht. »Das würde ich mir gern anschauen.«
    »Nichts spricht dagegen«, gibt er zurück. »Die Hauptstraßen sind noch frei, und Rafe hat den Land Rover. Du brauchst nur ein Wort zu sagen.«
    »Ich weiß. Ich wünschte nur, ich wüsste, wie dieses Wort heißt, Bruno.«
    »Das Wort lautet ›Liebe‹«, erwidert er leichthin. »Ich bin hier, Kate. Du brauchst weder Angst- noch Schuldgefühle zu haben. Gib mir Bescheid, wenn du dich entschieden hast. Aber so, wie es sich anhört, wird das Wetter nicht besser. Ich hoffe, Guy schafft es rechtzeitig zurück.«
    »Ja«, sagt sie. »Ich auch. Morgen kommt Jess. Dann weiß ich etwas mehr.«
    »Worüber?«
    »Darüber, ob ich weiter hier leben oder das Haus vermieten werde. Vielleicht hilft sie meiner Entscheidungsfindung auf die Sprünge. Schließlich habe ich ihr das Cottage als vorübergehende Bleibe angeboten, obwohl sie sich am Tamar eingelebt zu haben scheint und dort glücklich ist. Und doch sagt mir ein sicherer Instinkt, dass das Cottage wichtig für uns alle war. Nachdem Guy jetzt nach Hause kommt und mit seiner Familie in der Nähe leben wird, gehen natürlich alle davon aus, dass ich hierbleibe. Wir werden sehen.«
    »Es ist leicht, andere für sich entscheiden zu lassen«, meint er, »doch nichts ist lebensbejahender, als seine Entscheidungen selbst zu treffen.«
    Sobald sie Jess erblickt, erkennt Kate, dass etwas Außerordentliches passiert sein muss. Sie kommt kaum durch die Tür und sprudelt schon ihre Geschichte hervor. Kates Verwunderung wächst, als die Namen sich überschlagen – Juliet und Mike, Al und Freddy.
    »Moment, warten Sie mal!«, sagt sie. »Denken Sie daran, dass diese Partys im Seegarten lange her sind. Sie meinen nicht Freddy Grenvile, oder?«
    »Er ist mein Großvater«, antwortet Jess zwischen Lachen und Weinen. »Mein Großvater, Kate! Ist das zu glauben? Ich wollte ein Teil der Geschichte sein, und jetzt bin ich mittendrin.«
    Und sie erklärt noch einmal alles, genauer jetzt, und Kate lauscht verblüfft der merkwürdigen Geschichte; wie sie begann, wie sie sich fortsetzte und wie sie jetzt von Jess weitergeführt wird.
    »Ich glaube«, bemerkt Jess gerade, »wenn ich den Preis nicht gewonnen hätte, hätte ich es nie erfahren.«
    »All diese kleinen Mosaiksteine«, meint Kate staunend, »die alle miteinander verknüpft sind. Und jetzt haben Sie eine große neue Familie.«
    Jess seufzt vor lauter Glück. »Ein paar von ihnen kommen zu Weihnachten nach Hause, wenn sie es schaffen.«
    »Dann fahren Sie über die Feiertage nicht nach Brüssel?«
    Jess schüttelt den Kopf. »Ich habe Mum schon gesagt, dass ich Weihnachten
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