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Das Orakel von Port-nicolas

Das Orakel von Port-nicolas

Titel: Das Orakel von Port-nicolas
Autoren: Fred Vargas
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gläsernen Eingangstür: Sein dichtes, dunkles, im Nacken etwas zu langes Haar, sein Dreitagebart, seine Plastiktüte, seine von der Bank zerknautschte Jacke – all das würde zu seinen Ungunsten sprechen, und er würde gute Arbeit machen können. Er hatte gewartet, bis er an Ort und Stelle war, um mit seinem Sandwich anzufangen. Seitdem sein Freund, Kommissar Adamsberg*, den Ort verlassen und dabei seinen Stellvertreter Danglard mitgenommen hatte, gab es dort nicht wenige Dummköpfe und andere, die gern buckelten. Mit dem neuen Kommissar hatte er noch eine Rechnung offen, und jetzt bot sich vielleicht die Möglichkeit, sie zu begleichen. Der Versuch kostete nichts. Diesen Kommissar Paquelin, Adamsbergs Nachfolger, hätte Louis mit Vergnügen unschädlich gemacht oder zumindest weit entfernt – in jedem Fall raus aus Adamsbergs Büro, wo man früher so angenehme Momente verbracht hatte, ruhige Momente, intelligente Momente.
    Paquelin war übrigens alles andere als ein Dummkopf, das unterschätzte man leicht. Gott, so meinte Marthe, hatte auch Dreckskerlen ein gut Teil Intelligenz zugebilligt, weshalb man sich, was Gott betreffe, ernsthaft Fragen stellen könne.
     
    * Fred Vargas, Es geht noch ein Zug von der Gare du Nord.
     
    Louis hatte Kommissar Paquelin jetzt seit zwei Jahren im Visier. Paquelin, eine kleine Nummer, was Roheit anging, mochte es nicht, daß die Justiz sich in seine Arbeit einmischte, und das ließ er die anderen auch wissen. Er war der Ansicht, daß die Polizei auf Richter und Staatsanwälte verzichten könne, und Louis war der Ansicht, daß die Polizei ganz dringend auf Paquelin verzichten solle. Aber jetzt, wo er nicht mehr beim Ministerium war, wurde der Kampf komplizierter.
    Kehlweiler pflanzte sich aufrecht, mit verschränkten Armen und dem Sandwich in der Tasche vor dem ersten Bullen auf, den er hinter seiner Schreibmaschine antraf.
    Der Bulle hob die Nase, machte eine kurze Bestandsaufnahme des Mannes da vor ihm und kam zu einem besorgten und unvorteilhaften Urteil.
    »Worum geht’s?«
    »Um Kommissar Paquelin.«
    »Worum geht’s?«
    »Eine Kleinigkeit, die ihn interessieren sollte.«
    »Was für eine Kleinigkeit?«
    »Das würde Ihnen nichts sagen. Das ist zu kompliziert für Sie.«
    Kehlweiler hatte nichts speziell gegen diesen Bullen. Aber er wollte den Kommissar sehen, ohne sich anzukündigen, so wie er war, um das Duell auf die von ihm gewählte Weise zu eröffnen. Aus diesem Grund mußte er von der Wache zum Adjutanten geschickt werden, vom Adjutanten zum Inspektor, bis man ihn als Zwangsmaßnahme schließlich an den Kommissar verweisen würde, damit dieser ihn fertigmachte.
    Noch immer stehend zog Kehlweiler sein Sandwich aus der Tasche und begann zu kauen. Er ließ überall Krümel fallen. Der Bulle begann sich aufzuregen, völlig normal.
    »Also kommt diese Kleinigkeit jetzt? Worum handelt es sich?«
    »Um panierten Schweinsfuß. Das kann Sie nicht interessieren, zu kompliziert.«
    »Name, Vorname?«
    »Granville. Louis Granville.«
    »Papiere?«
    »Hab ich nicht dabei. Ich bin nicht wegen der Papiere hier, ich bin gekommen, um mit der Polizei meines Landes zusammenzuarbeiten.«
    »Scheren Sie sich zum Teufel. Wir verzichten auf Ihre Zusammenarbeit.«
    Ein Inspektor näherte sich und packte Louis an der Schulter. Louis drehte sich langsam um. Es ging los.
    »Machen Sie hier diesen Radau?«
    »Nicht im geringsten. Ich komme, um bei Paquelin eine Aussage zu machen.«
    »Bei Kommissar Paquelin.«
    »Wir sprechen von demselben.«
    Der Inspektor gab dem Bullen ein Zeichen und führte Louis zu einem gläsernen Büro.
    »Der Kommissar darf nicht gestört werden. Daher werden Sie Ihren ganzen Salat bei mir abladen.«
    »Es handelt sich nicht um Salat, sondern um einen panierten Schweinsfuß.«
    »Name, Vorname?«
    »Gravilliers, Louis.«
    »Sie hatten Granville gesagt.«
    »Streiten wir uns nicht um Kleinigkeiten, Inspektor. Ich habe nicht viel Zeit, im Gegenteil, ich hab’s eilig.«
    »Im Ernst?«
    »Kennen Sie Blériot, den Kerl, der sich in den Kopf gesetzt hatte, den Ärmelkanal im Flugzeug zu überqueren, um schneller voranzukommen? Der war mein Ahne.«
    Der Inspektor legte seine Hände auf die Wangen. Er begann nervös zu werden.
    »Sie können sich also das Problem vorstellen«, fuhr Louis fort. »Ich habe das im Blut. Es muß flutschen, wie Paquelin sagt.«
    »Sie kennen den Kommissar?«
    »Gut, sehr gut sogar. Aber er mich nicht. Er hat kein Gedächtnis für Gesichter, so
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