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Das Orakel von Antara

Das Orakel von Antara

Titel: Das Orakel von Antara
Autoren: Gabriel Galen
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du? Ich habe Angst! Ich, der dem Bären mit bloßen Händen entgegentrat und zehn Mannslängen tief in das Becken des tosenden Wasserfalls sprang - ich, ich fürchte mich vor dem, was mir das Schicksal nun entgegenstellt.
    Wie kann ich unser Volk vor den Moradonen retten, wo ich nicht einmal ein Schwert zu handhaben weiß? Soll ich sie mit dem Dreschfl egel erschlagen? Und welcher der Antaren wird einem Mann folgen wollen, den der jüngste Knabe der nordwestlichen Stämme im Speerwurf besiegt? Nein, ich mache unserem Vater keinen Vorwurf. Wie hätte er es mich lehren sollen? Er hat die Aufgabe treu erfüllt, die Phyrras ihm übertragen hat. Gut behütet und verschwiegen hat er mich vor den Augen der Welt verborgen, wie es des Königs Schwertbruder bestimmte. Doch nun? Mir fehlt nicht weniger als alles, um die in mich gesetzte Hoffnung zu erfüllen. Ach Reven, was soll ich tun, wohin soll ich gehen, um die Pläne der Götter zu verwirklichen?“
     
    Beruhigend legte Reven die Hand auf Yorns Arm. „Sei guten Muts, Bruder!“ sagte er. „Auch die Götter werden nicht von dir erwarten, dass du jetzt losstürzt und in wenigen Wochen beendest, was sie seit so langer Zeit dulden. Ich kann verstehen, dass du verwirrt und ratlos bist. Aber wie immer willst du alles sofort erledigen, alles sofort begreifen. Die Zeit wird dir die Lösungen deiner Probleme eine nach der anderen bringen.
    Wenn du meinen Rat hören willst, so sollten wir zunächst zu den Stämmen unseres Vo lkes aufbrechen, die sich in die Berge und zu den großen Seen zurückgezogen haben. Waskor war vom Stamm der Niveder, und somit gehörst auch du zu ihnen. Lass' uns zu ihnen gehen! Vielleicht leben noch einige Leute, die den Orakelspruch bei deiner Geburt kennen, den Phyrras leider nicht mehr berichten konnte. Vielleicht kennt auch jemand von ihnen die Karte und kann dir ihren Sinn deuten. Und selbst wenn das nicht so ist, so können dich die Männer deines Stamms doch all das lehren, was du als Sohn des Helden Waskor können solltest.“
     
    Mit einem freudigen Lächeln sprang Yorn auf. „Du gibst mir das Leben wieder, Bruder!“ rief er überschwänglich. „Aber so war es ja immer: Wie groß meine Probleme auch waren - ein paar Worte von dir - und sie zerstoben wie Spreu im Wind.“ Er zog Reven in die Arme. „Was täte ich ohne dich?“ fragte er, und Reven spürte, dass er das ernst meinte. Doch dann stutzte Yorn. „Hat du eben gesagt, dass „ wir“ zu den Nivedern gehen sollen? Heißt das, dass du mich begleiten willst? Was wird der Vater dazu sagen?“
     
    „Wie könnte ich dich allein gehen lassen!“ lächelte Reven. „Hast du nicht gerade selbst gesagt, du wärest ohne mich hilflos wie ein Kind? Wer sollte darauf achten, dass du nicht zu übermütig wirst, wenn nicht ich? Der Vater weiß das, und darum hat er nichts dagegen, dass ich mit dir ziehe, obwohl es ihm und Mutter wohl fast das Herz brechen wird, sich von uns beiden auf einmal trennen zu müssen. Aber der Vater weiß auch, dass du deinen Weg gehen musst, und es war ihm schon lange klar, dass ich niemals freiwillig von deiner Seite weichen würde.“
    „ Auch ich würde lieber sterben, als dich zu verlassen, Reven“, sagte  Yorn leise. „Ich wäre nur allein gegangen, weil ich fühle, dass ich gehen muss und dass große Gefahren auf meinem Weg liegen. Ich hätte nie von dir verlangt, sie mit mir zu teilen, denn nicht dir haben die Götter diese Bürde auferlegt. Auf meinen Schultern ruht die Last zu versuchen, die Antaren von ihren Peinigern zu befreien. Du jedoch könntest in Frieden hier weiterleben und den Eltern ihr Alter verschönen. Ich will nicht, dass auch du dein Leben in Gefahr bringst.“
     
    In Revens Augen blitzte Entrüstung auf. „Bin ich nicht auch ein Antare?“ rief er. „Habe ich nicht auch die Pflicht und das Recht, mein Volk von dieser Geißel zu befreien? Und bin ich nicht dein Bruder? Wenn uns auch nicht das Blut verbindet, so hat uns doch die gleiche Mutter genährt. Und ist nicht das Band der Seele stärker als das des Bluts? Könnten wir uns näher stehen als jetzt, wenn uns auch der gleiche Schoß geboren hätte?
    Nein, Yorn, wenn auch nur dir das Schicksal diesen Auftrag gab, mich hat es dazu an deine Seite gestellt. Es war der Wille der Götter, dass du von einem Mann aufgezogen wurdest, der schon einen Sohn hatte, damit du in diesem Bruder Hilfe fändest für deine schwere Aufgabe. Siegst du, will ich an deiner Seite den Sieg feiern, fällst
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