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Das Orakel der Seherin

Das Orakel der Seherin

Titel: Das Orakel der Seherin
Autoren: Christopher Pike
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heller und heller, so stark, daß ich ihre Energie über mir spüre und wahrnehme, wie sie durch den Kopf in meinen ganzen Körper strömt.
    Ein blauer Stern direkt über mir leuchtet besonders hell, und ich sehe auf und konzentriere mich auf ihn. Er wird größer, und fast erscheint er mir wie eine riesige blaue Untertasse, die auf die Erde zurast. Ein hoher Klang hallt durch die Luft, und wieder erinnere ich mich an Paulas Worte:
    »Die Strahlen des Sterns drangen durch meine Lider, und ich wollte schreien.
    Vielleicht habe ich auch geschrien. Aber ich glaube nicht, daß ich wirklich Schmerzen hatte. Es erschien mir eher, als würde ich irgendwie verwandelt werden.«
    Jetzt glaube auch ich, daß ich schreie. So ähnlich habe ich mich gefühlt, als das Mondlicht in meinen Kopf floß und mich wie einen friedlichen Geist über die Wüste schweben ließ. Doch diese Empfindung ist tausendmal intensiver. Es ist fast, als ob das Sternenlicht die Nervenfasern in meiner Wirbelsäule beleuchtet und sie in eine bestimmte magnetische Konstellation bringt, ein stellares System von Kommunikation und Antrieb, das schon von Anbeginn der Zeiten existiert und das doch niemand erkannt hat. Ich muß mich nur hineinfal-len lassen, um es zu nutzen. Gleichzeitig überlege ich, ob ich mich körperlich unwohl fühle oder vielleicht sogar Schmerzen habe. ›Segensreicher Schrecken‹
    scheint mir der richtige Ausdruck dafür zu sein, denn einerseits zerstört es alles, was ich je als zu mir gehörend empfunden habe, andererseits empfinde ich diese Zerstörung als unendlich erleichternd. Aber gerade in dem Moment, als ich glaube, entweder unverzüglich zu explodieren oder aber mich in einen galaktischen Androiden zu verwandeln, hört es unvermittelt auf.
    Im Gegensatz zu Paula falle ich nicht in Ohnmacht. Statt dessen schwebe ich plötzlich hoch über der Wüste – in einer glitzernden blauen Hülle.
    Es ist sehr angenehm. Diese Hülle, dieser Wesenszustand entbehrt die Last alles Körperlichen. Ich bin ganz zufrieden damit, zwischen den Sternen herumzuschweben. Tief unter mir sehe ich noch immer die Wüste, die sich langsam verändernden Sandhügel der Dünen, die Schatten der hohen Joshuas unter den giftigen Strahlen der galaktischen Sterne. Ich begreife, was für eine große Rolle die Sterne in unserem Leben spielen, begreife ihren ständigen subtilen Einfluß auf die Energiefelder, von denen wir noch nicht einmal wissen, daß diese uns umgeben. Aber ich denke auch nicht zuviel darüber nach, denn ich verspüre keine Lust, mich mit Gedanken zu belasten.
    Nach einiger Zeit erkenne ich, daß ein dichtes Bündel roter Energien von oben herabsteigt. Allein sein Anblick erfüllt mich mit Ekel, und ich will ihm ausweichen. Es ist das Gegenteil von dem, was ich bin; es ist weder Liebe noch Segen. Ich will es auf jeden Fall meiden, koste es, was es wolle, und ich weiß, daß allein mein Wille ausreicht, um ihm aus dem Weg zu gehen.
    Doch plötzlich erinnere ich mich wieder daran, wer und was ich bin.
    Die Umwandlung hat mir einen vorübergehenden Gedächtnisverlust beschert.
    Ich erinnere mich daran, warum ich in die Wüste gekommen bin. Ich erinnere mich an das Kind.
    Weit unter mir sehe ich James mit dem Baby im Arm. Er ist in jenes rote Licht gehüllt, doch das Kind in seinen Armen leuchtet wie ein winziger blauer Stern. Ich sehe von einem zum anderen, hin und her. Als das Bündel roter Energie näher kommt, sehe ich, daß es stärker wird und etwa die Form einer fliegenden Untertasse annimmt. Es erscheint mir, als sei es aus der Ferne geschickt worden, damit ich eine Entscheidung treffe. Ich in meinem blauen Körper kann versuchen, in dieses Schiff einzudringen und die Setiane an dem zu hindern, was sie vorhaben, oder aber ich kann einfach davonschweben und unbeschwert glücklich sein. Die erste Möglichkeit bringt große Gefahren mit sich. Ich weiß, daß sie mich gefangennehmen können. Meine Seele wird vielleicht für immer dazu verflucht sein, an einem dämonischen Ort zu verbleiben.
    Denn wenn ich in das Schiff eindringe, werde ich auch in einen Dämon eindringen müssen.
    Die Entscheidung bleibt allein mir überlassen, das scheint mir das Universum in diesem Moment deutlich zu sagen.
    Dann denke ich unvermittelt an Kalika und an ihr großes Opfer.
    Dieser Gedanke enthebt mich einer Entscheidung, trifft sie für mich.
    Ich schwebe in das Schiff.
    Es ist voller Schlangen. Ich sehe sechs von ihnen, häßliche Ungetüme mit langen
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