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Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Titel: Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5
Autoren: Arthur Conan Doyle
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geben, bis der Boden Englands für Sie zu heiß wird. Ist das Spiel das wert? Sie wären sicherlich klüger beraten, wenn Sie die Dame in Frieden ließen. Es wäre nicht angenehm für Sie, wenn man sie mit Tatsachen aus Ihrer Vergangenheit bekannt machte.‹
      Der Baron hat unter der Nase kurze gewachste Haare, wie Fühler eines Insekts. Und die bebten vor Vergnügen, während er zuhörte, und schließlich lachte er leise in sich hinein.
      ›Entschuldigen Sie, aber ich finde es vergnüglich, Mr. Holmes‹, sagte er, ›es ist wirklich ko misch anzusehen, wie Sie ein Spiel zu machen versuchen, ohne Karten in der Hand zu haben. Ich glaube, niemand könnte das besser als Sie, aber es ist trotzdem bloß rührend. Nicht eine Trumpffarbe haben Sie, Mr. Holmes, nur die kleinsten Luschen.‹
      ›Das glauben Sie.‹
      ›Das weiß ich. Lassen Sie mich Ihnen etwas klarmachen: mein Blatt ist so stark, daß ich es mir leisten kann, es aufzudecken. Ich bin glücklich, die ungeteilte Zuneigung der Dame gewonnen zu haben. Und sie hat sie mir trotz der Tatsache geschenkt, daß ich ihr ganz offen von all den unglücklichen Zwischenfällen meines Lebens erzählt habe. Ich sagte ihr auch, daß einige miese, ränkevolle Leute – ich hoffe, Sie erkennen sich selbst wieder – zu ihr kommen und ihr alle die Dinge erzählen würden, und ich habe ihr Ratschläge gegeben, wie sie die behandeln soll. Haben Sie schon etwas von posthypnotischer Suggestion gehört, Mr. Holmes? Nun, Sie werden sehen, wie sie funktioniert. Ein Mann mit starker Persönlichkeit kann Hypnose ohne vulgäre Bestreichungen oder ähnlichen Unsinn bewirken. Man ist also auf Sie vorbereitet und wird Ihnen, daran zweifle ich nicht, einen Besuch gewähren; die Dame gehorcht dem Willen ihres Vaters ganz – bis auf die eine kleine Ausnahme.‹
      Nun, Watson, da gab es dann wohl nichts mehr zu sagen, und ich verabschiedete mich mit soviel kalter Würde, wie ich aufbringen konnte; aber ich hatte die Hand schon auf der Klinke, da hielt er mich zurück.
      ›Übrigens, Mr. Holmes‹, sagte er, ›kannten Sie Le Brun, den französischen Polizeiagenten?‹
      ›Ja‹, sagte ich.
      ›Wissen Sie, was ihm zugestoßen ist?‹
      ›Ich hörte, einige Apachen hätten ihn am Montmartre überfallen und zum Krüppel geschlagen.‹
      ›Ganz recht, Mr. Holmes. Es war ein seltsamer Zufall, daß er eine Woche zuvor in meinen Angelegenheiten Nachforschungen angestellt hatte. Tun Sie es nicht, Mr. Holmes, es geht nicht gut aus. Das haben schon einige begreifen müssen. Mein letztes Wort an Sie: Gehen Sie Ihren Weg und lassen Sie mich den meinen gehen. Alles Gute denn.‹
      So war das, Watson. Jetzt wissen Sie alles.«
      »Der Kerl scheint gefährlich zu sein.«
      »Mächtig gefährlich. Um einen Prahlhans kümmere ich mich nicht, aber diese Art Mann sagt eher weniger, als sie im Sinn hat.«
      »Müssen Sie sich wirklich einmischen? Macht es denn etwas aus, ob er das Mädchen heiratet?«
      »Wenn man bedenkt, daß er seine letzte Frau zweifelsohne ermordet hat, möchte ich sagen, daß es sehr viel ausmacht. Außerdem gibt es den Klienten. Nun, wir brauchen das nicht zu bereden. Wenn Sie Ihren Kaffee ausgetrunken haben, kommen Sie am besten mit in meine Wohnung, denn der muntere Shinwell wird schon da sein mit seinem Bericht.«
      Und er war tatsächlich schon da, als wir ankamen, der riesige, plumpe, rotgesichtige Mann, dem der Skorbut das Gebiß zerstört hatte und dessen lebhafte schwarze Augen das einzige äußere Zeichen eines sehr wachen Verstandes waren. Es schien, als hätte er einen Abstieg in die Regionen getan, die sein Reich waren, und neben ihm auf dem Sofa saß die Probe, die er von dort mitgebracht hatte, eine schlanke junge Frau mit bleichem, von Spannung beherrschtem Gesicht, noch jugendlich und doch so sehr von Sünde und Sorge gezeichnet, daß man die schrecklichen Jahre an den hinterlassenen Spuren ablesen konnte.
      »Das ist Miss Kitty Winter«, sagte Shinwell Johnson, indem er sie mit einer Bewegung seiner fetten Hand vorstellte. »Was sie nicht weiß… na, sie wird selber sagen, was los ist. Hab sie mir gleich gegriffen, Mr. Holmes, eine Stunde nachdem Sie mir den Auftrag erteilt hatten.«
      »Bin ja auch leicht aufzustöbern«, sagte die junge Frau. »Verdammt, er findet mich immer, der Porky Shinwell. Wir sind alte Kumpels, Porky und ich. Aber es gibt bei Gott einen, der noch tiefer in den Dreck müßte als wir,
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