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Das Netz

Titel: Das Netz
Autoren: Colin Forbes
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ist!«
    »Nein, das tut er nicht, Herr Minister«, sagte Tweed mit ruhiger Stimme. »Ich kann ja verstehen, dass es Sie schockiert, wenn Ihr persönlicher Assistent einer Zelle der El Kaida angehört, aber der Verdacht, dass Mr Palfry dreißig Terroristen Unterschlupf gewährt hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Es sieht ganz so aus, als ob sein Haus dem Kommando als Durchgangsstation zwischen seiner Landung und der Weiterfahrt zur Oldhurst Farm gedient hätte.«
    »Was faseln Sie denn auf einmal von einer Farm?«, fragte Warner. »Erfahre ich denn nie etwas?«
    »Die Oldhurst Farm ist ein verlassener Bauernhof bei Milton Keynes«, erklärte Buchanan. »Dort wurden die Bomben aus gestohlenen Milchtanklastern in die Lieferwagen umgeladen, die wir in der Themse gefunden haben.«
    »Klingt ganz nach dem Plan eines hochintelligenten, wenn nicht gar genialen Gehirns«, sagte Warner und starrte Palfry über seinen Zwicker hinweg mit kalten Augen an.
    »Wie man’s nimmt«, warf Tweed ein, der die Hände in seinen Manteltaschen vergraben hatte. »Immerhin hat das geniale Gehirn von sechs Brücken nur eine zerstören können. Aber mich interessiert im Moment eine ganz andere Frage. Drew Franklin war vor einiger Zeit zusammen mit unserer charmanten Miss Brand in Kairo. Dürfte ich die beiden fragen, wen Sie dort getroffen haben?«
    Tweed sah hinüber zu Franklin und Eva, die keinerlei Anstalten machten, seiner Aufforderung nachzukommen.
    »Das wird ja immer toller«, sagte Warner. »Schon wieder etwas, von dem ich nichts weiß.«
    »Das würde mir an Ihrer Stelle zu denken geben«, erwiderte Tweed kühl. »Wenn Mr Franklin und Miss Brand es vorziehen zu schweigen, hat uns vielleicht jemand anders etwas zu sagen. Wie wäre es mit Ihnen, Mr Margesson?«
    Margesson, der in seinem Geschäftsanzug ganz anders aussah als gewöhnlich, trat lächelnd einen Schritt vor.
    »Victor Warner hat mich häufig am Abend besucht, und wir haben uns lange unterhalten«, sagte er mit einer Stimme, die in nichts mehr an seine religiösen Tiraden erinnerte. »Allerdings waren diese Unterhaltungen immer ziemlich einseitig. Mr Warner hat auf mich eingeredet, und ich habe zugehört. Erst jetzt ist mir klar geworden, dass er mich einer Art Gehirnwäsche unterzogen hat.«
    »Und was hat er da gesagt?«, fragte Tweed.
    »Dass seiner Meinung nach die westliche Zivilisation bis ins Mark verdorben ist. Niemand schert sich mehr um Moral oder Anstand, ein jeder läuft nur noch seinen Trieben hinterher, die eheliche Treue ist nichts weiter mehr als eine Lachnummer, und die Scheidungsrate steigt unaufhörlich an. Warner gibt an dieser ganzen Misere der Emanzipation der Frau die Schuld. Zwar hätten auch verheiratete Männer Affären, sagte er, aber die Frauen seien noch viel schlimmer. Gegen diese Verrohung der Sitten sieht Warner nur eine einzige Rettung: den Islam. Dort wissen die Frauen noch, was sich gehört, dort gehen sie drei Schritte hinter ihren Gatten her und verhüllten ihren Körper, um nicht die begehrlichen Blicke anderer Männer auf sich zu ziehen. Nur durch den Islam könnten im Westen wieder Zucht und Ordnung Einzug halten, hat Warner mir immer wieder eingehämmert.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass Victor Warner unser Land nach den Grundsätzen des fundamentalistischen Islam verändern wollte?«, fragte Tweed.
    »Das Wort fundamentalistisch hat er sehr häufig gebraucht«, sagte Margesson. »Zuerst habe ich ihn für einen Spinner gehalten, aber im Lauf der Zeit sind mir seine Ansichten immer plausibler erschienen, und schließlich habe ich sie zu meinen eigenen gemacht. Ich habe tatsächlich an das geglaubt, was er gesagt hat, und es jedem gepredigt, der in meinen Gesichtskreis kam, ob er es nun hören wollte oder nicht. Jetzt weiß ich, dass Warner mich nur benutzt hat.«
    »Benutzt wozu?«
    »Er brauchte jemanden, an dem er seine Ideen ausprobieren konnte. Meiner Meinung nach ist er ein sehr einsamer Mensch, der unter einem enormen Druck steht.«
    »Glauben Sie ihm kein Wort, Tweed!«, mischte Warner sich ein. »Einer wie der gehört in eine geschlossene Anstalt. Denken Sie nur an die seltsamen Gewänder, in denen er bisher herumgelaufen ist.«
    »Wer in eine Anstalt gehört, wird sich weisen«, entgegnete Tweed ungerührt. »Aber hören wir doch erst einen anderen Zeugen an, der geradezu niederschmetternde Beweise haben dürfte: Billy Hogarth.« Er drehte sich zu Hogarth um. »Würden Sie uns bitte beschreiben, was Sie in der Nacht
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