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Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel
Autoren: V.C. Andrews
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Sylvia mich einmal zu oft nachgeahmt hatte, daß sie öfter in diesem Schaukelstuhl gesessen hatte, als er mich hatte hineinzwingen können.
    Jetzt war sie es, die die Gabe besaß–was immer das für eine Gabe sein mochte, und wenn es überhaupt möglich war.
    »Ich nehme deinen Mercedes, Papa. Ich hoffe, das geht in Ordnung.«
    Er nickte benommen. »Autos bedeuten mir jetzt nichts mehr«, murmelte er. »Mein Leben ist zu Ende, wenn du gehst.«
    Über meine Schulter starrte er Sylvia an, die an die Tür kam. Irgend etwas in ihrer Haltung erinnerte mich an Tante Elsbeth. Aber auch Ähnlichkeit mit Mammi lag in ihrem leicht ironischen Lächeln.
    O mein Gott! Mein Kopf fing an zu schmerzen, wie er wohl immer schmerzen würde, wenn ich in diesem Haus bleiben würde, mit seinem Gold und Messingglanz, mit den Myriaden von Farben, die meine Gedanken verwirrten und mich von weit wichtigeren Dingen ablenkten.
    Wir waren schon ein merkwürdiger Haufen, wir Whiteferns. Auf die sonderbarste Weise immer anders als die andern. Worte, die ich Tante Elsbeth zu Mammi hatte sagen hören und zu dem Porträt von Tante Mercy Marie, das aus den dienstäglichen Teestunden eine Zeremonie gemacht hatte, die ich nicht genießen konnte.
    Als ich mich anschickte, Arden zu verlassen und ihn nie wiederzusehen, flehte Papa mit seinen dunklen Augen und versagte Sylvia gleichzeitig, meinen Platz einzunehmen. Sollte er doch die Konsequenzen tragen, daß er sie zu dem gemacht hatte, was sie war…Gott allein wußte, ob es Vera oder Sylvia war, die Papa mehr haßte. Ich vermutete, daß Sylvia jede Frau außer mir zerstören würde, die in Papas Leben trat–wenn er überhaupt noch einmal eine andere Frau haben wollte.
    »Viel Glück und auf Wiedersehen, Sylvia. Wenn du mich jemals brauchen solltest, komme ich und nehme dich mit mir heim–wo immer mein Heim sein mag.«
    Wieder nickte ich Papa zu, der düster und grimmigdasaß. Ich weigerte mich, Arden anzusehen, der die Treppe herunterkam, angezogen und bereit, ins Büro zu fahren. Ich bedankte mich noch einmal bei Sylvia, weil sie dagewesen war, als ich sie brauchte.
    Eine sonderbare Weisheit stand in ihrem Blick, als sie nickte, ohne ein Wort zu sagen. Dann drehte sie sich um und nagelte Papa mit ihrem durchdringenden Starren in seinem Sessel fest. Ich schauderte, denn ich hatte den Verdacht, daß Papa nicht viel Freude an seiner jüngsten Tochter haben würde, die mit ihren blitzenden Prismen das Schicksal jener beherrschte, die versuchten, zu dominierend zu werden.
    Zögernd trug Arden meine Tasche zum Auto und verstaute sie sorgfältig im Kofferraum, während ich hinter dem Steuer Platz nahm und mich anschickte, loszufahren. Ardens Gesicht verriet seinen Kummer. »Auf Wiedersehen, Arden. Ich werde nie vergessen, wieviel Spaß wir zusammen hatten, als ich dachte, daß du mich liebst. Auch wenn ich sexuell nicht so reagiert habe, wie du es dir gewünscht hast, so habe ich dich auf meine Art doch immer geliebt.«
    Er zuckte zusammen vor Schmerz über meinen gleichgültigen Abschied. Dann meinte er verbittert: »Du kommst wieder. Du glaubst, du kannst dich von mir, von Whitefern, von Sylvia und deinem Vater verabschieden–aber du kommst wieder.«
    Meine Hände umklammerten das Steuerrad noch heftiger, als ich dachte, daß dies Papas letztes und teuerstes Geschenk für mich war. Ich sah mich um. Der Sturm der letzten drei Tage war vorüber, der Himmel reingewaschen und strahlendblau. Die ganze Welt schien plötzlich neu zu riechen, frisch, einladend. Ich atmete tief ein und fühlte mich plötzlich sehr glücklich. Frei, endlich, endlich frei.
    Frei von diesem Haus, das mit der Kuppel ohne Braut und Bräutigam wie ein vergessener Hochzeitskuchen aussah. Es war die Dämmerung, Düsterkeit im Innern dieses Hauses, die alle Farben so beherrschend werden ließ. Irgendwo fern von hier würde ich mich auf eigene Füße stellen, würde ein wirklicher, realer Mensch werden, der wußte, wer er war.
    Was befahl mir gegen meinen Willen, den Kopf zu wenden und noch einmal über mein Fortgehen nachzudenken? Ich wollte nicht bleiben!
    Langsam, ganz langsam wurde mein Kopf gezwungen, sich zu drehen, und bald schaute ich zum Haus hin. Mein Blick hob sich zu dem Fenster im ersten Stock–diesem Zimmer, von dem ich immer angenommen hatte, daß es ihr Zimmer gewesen war. Durch das milchige Glas sah ich ein bleiches, kleines Gesicht herausstarren–ein Gesicht, das dem meinen so ähnlich war, daß es mir die Luft
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