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Das Netz Der Grossen Fische

Das Netz Der Grossen Fische

Titel: Das Netz Der Grossen Fische
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wage es, den Namen des Mafiabosses auszusprechen, den du nicht genannt hast. Wenn er von deinem Werk begeistert ist, lässt er dich rufen, bringt dich in ein Haus auf dem Land, wo er dich über alle Einzelheiten befragt, und am Ende wirst du dich in diesem Haus so wohlfühlen, dass du nie mehr von dort zurückkehrst. Kapiert, du Arschloch?«
    »Aber ich wollte die Story Senator Stella zu lesen geben. Wäre doch möglich, dass sie so großen Anklang bei ihm findet, dass er mich gut dafür bezahlt. Und du könntest doch …«
    »Such dir ’n anderen Agenten. Buonanotte.«
    Gabriele packte ihn am Arm.
    »Hör zu …«
    Michele machte sich von ihm los und ging davon, dann, nach ungefähr dreißig Schritten, blieb er stehen und drehte sich um. Lamantia, der immer noch so dastand, wie er ihn verlassen hatte, war nur noch ein undeutlicher Schatten. Während er zurückblickte, sah er ein Auto dicht neben dem Bürgersteig anhalten. Gabrieles Schatten verharrte reglos.
    Aus dem Wagen stiegen zwei weitere Schatten und eilten auf Lamantia zu.
    Dann führten diese drei Schatten eine Art lautloses Ballett auf, verknäulten sich ineinander, bewegten sich ein wenig nach links, dann ein wenig nach rechts, verschmolzen zu einem einzigen großen Schatten, der zu atmen schien, sich ausdehnte und wieder zusammenzog. Dann hatte Caruso den Eindruck, als würde der immer noch gestaltlose Schatten von dem Auto eingesaugt, dessen hintere Türen offen standen. Er verschwand darin, das Auto fuhr los und machte eine Kehrtwende.
    Genau in diesem Augenblick wurde Michele, der plötzlich schweißgebadet war, klar, dass er Gabriele Lamantia nie wiedersehen würde.
    Da drehte er sich um und fing verzweifelt an zu laufen, ohne zu wissen, warum.
    Keuchend kam er in seinem Residence-Hotel an. Er hatte den ganzen Weg zu Fuß zurückgelegt, weil er nicht mehr zum Restaurant wollte, um dort sein Auto zu holen. Es war vier Uhr morgens, die ganze Müdigkeit des Tages war über ihn hereingebrochen, und er konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. Der Nachtportier kam und öffnete ihm die Tür wie ein Schlafwandler. Er sagte kein Wort und legte sich gleich wieder hin.
    Als Michele am Tresen vorbeikam, bemerkte er, dass etwas in seinem Postfach lag. Ein Päckchen, etwas größer als eine Streichholzschachtel, und eine Notiz des Tagesportiers: »Abgegeben für Dott. Caruso um 18.30 Uhr«.
    Er steckte das Päckchen in die Tasche, nahm den Aufzug, betrat sein kleines Apartment, zog sich nackt aus und ging unter die Dusche. Anschließend trocknete er sich ab und legte sich hin. Jetzt war es halb fünf.
    Während er den Wecker auf neun stellte, fiel ihm das Päckchen wieder ein. Er stand auf, holte es aus seiner Tasche und öffnete es. Zwei auf einen Drahtring gezogene Schlüssel befanden sich darin, ein alter und ein neuer, glänzender.
    Er meinte, sie noch nie vorher gesehen zu haben. Was hatte das zu bedeuten? Doch er war viel zu müde, um sich Fragen zu stellen und Antworten zu geben. Er legte die Schlüssel auf das Nachtschränkchen, stieg ins Bett, streckte den Arm aus und löschte das Licht. Zwei Minuten später saß er aufrecht im Bett, mit weit aufgerissenen Augen. Ein inneres Zittern hatte ihn erfasst, er stand auf, zog saubere Sachen an, rief ein Taxi, fuhr mit dem Aufzug hinunter und nannte dem Taxifahrer die Adresse.
    »Ist Ihnen nicht gut?«
    Er musste totenblass sein und spürte, wie sein Herz raste.
    »Alles in Ordnung, danke.«
    Die Straßen waren noch menschenleer, das Taxi brauchte nur wenige Minuten, bis es vor dem geschlossenen zweiflügeligen Tor eines Wohnhauses zum Halten kam.
    »Können Sie einen Augenblick auf mich warten?«
    Er stieg aus, ging zu dem Tor, steckte den alten Schlüssel ins Schloss, drehte ihn um, und das Schloss klickte.
    Er stand da wie versteinert, in der einen Hand den Schlüssel, die andere gegen den geschlossenen Torflügel gestützt. Dann nahm er seine ganze Kraft zusammen, kehrte zum Taxi zurück und bezahlte. Er drückte den einen Flügel auf, ging hinein und hörte, wie er hinter ihm wieder ins Schlossfiel. Er ging sechs Stufen hoch, öffnete die Tür des Aufzugs und drückte den Knopf zur obersten Etage.
    Er steckte den neuen Schlüssel ins Schloss der ersten Wohnung auf der linken Seite, drehte ihn so behutsam um, dass er völlig lautlos aufsperrte, und betrat den dunklen Flur, der ihm derart vertraut war, dass er nirgends anstieß. Er ging den ganzen Korridor auf Zehenspitzen hinunter und gelangte zum
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