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Das Nest

Titel: Das Nest
Autoren: Val McDermid
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auch nur anzurühren«, erwiderte Lindsay. »Bitte vertrau mir.«
    Cordelia küßte sie. »Dir vertrau’ ich ja, aber den anderen Wahnsinnigen nicht.«
    Lindsay lächelte. »Essen wir was, hm? Und dann, vielleicht zeitig ins Bett?«
    Am folgenden Morgen lächelte Lindsay beim Gedanken an die gemeinsam verbrachte Nacht glücklich in sich hinein. Sie sammelte ihre Papiere zusammen und bereitete sich auf ein frühes Treffen mit Duncan in der Redaktion vor. Bevor sie aufbrach, umarmte Cordelia sie und meinte noch: »Viel Glück, und gib gut auf dich acht. Ich bin wirklich stolz auf dich, weißt du?«
    »Wie schön. Also, bis bald.«
    »Ich fürchte, bei mir wird’s ziemlich spät werden. Tut mir leid, ich wußte nicht, daß du da sein würdest. Ich hab’ William versprochen, heute abend mit ihm das Drehbuch für die neue Serie umzuarbeiten«, erklärte Cordelia.
    Lindsay lächelte. »Kein Problem. Wahrscheinlich dauert’s bei mir auch eher länger, bei der Story. Vielleicht wart’ ich sogar auf die erste Ausgabe. Wir sehen uns dann irgendwann.«
    Vor dem Haus winkte Lindsay ein Taxi heran und fuhr damit zum Zeitungsgebäude. Kaum hatte sie die Redaktionsräumlichkeiten betreten, als auch schon Duncans Stellvertreter auf sie zuschoß und ihr ausrichtete, sie solle sofort in das Büro des Chefredakteurs kommen. Die Sekretärin war offensichtlich ebenfalls vorbereitet, denn statt gemütlich eine Tasse kalten Kaffees angeboten zu bekommen wurde Lindsay unverzüglich vorgelassen.
    Drei Leute warteten auf sie – Duncan, Bill Armitage, der Herausgeber, und Douglas Browne, der Leiter der Rechtsabteilung des Clarion. Von keinem von ihnen kam ein Grußwort. Lindsay wurde klar, daß sie es darauf anlegten, sie einzuschüchtern und stählte sich innerlich. »Hier ist mein Artikel«, sagte sie, um das Schweigen zu brechen. Sie drückte Duncan den Pack in die Hand, aber der warf kaum eine Blick darauf.
    Bill Armitage fuhr sich in wohlbekannter Gestik mit den Fingern durchs dichte graue Haar. »Du hast deine Zeit vergeudet, Lindsay«, erklärte er. »Wir werden keine einzige Zeile dieses Artikels verwenden.«
    »Wie bitte?« Ihre Überraschung war nicht gespielt. Streichungen und Umarbeiten hatte sie erwartet, aber nicht diese Wand des Schweigens.
    Duncan antwortete mürrisch: »Du hast es gehört, Baby. So viele Unannehmlichkeiten wie an diesem Wochenende wegen einer einzigen Story haben wir seit dem Zweiten Weltkrieg hier nicht mehr erlebt. Kurz und bündig: Man hat uns zu verstehen gegeben, daß es für diese Zeitung den Todesstoß bedeuten würde, sollten wir uns auf diese Geschichte kaprizieren. Du bist Gewerkschafterin, du kennst unsere finanzielle Lage. Großartige Schlachten im Gerichtssaal können wir uns nicht leisten. Außerdem stehe ich auf dem Standpunkt, wenn wir unsere Mitarbeiter nicht schützen können, dürfen wir sie auch nicht ins Gefecht schicken.«
    Armitage unterbrach Duncans Verteidigungsrede. »Wir tragen Verantwortung der Öffentlichkeit gegenüber. Was bedeutet, daß wir unseren Lebensunterhalt nicht verdienen, indem wir unnötigen Ärger heraufbeschwören. Und ganz ohne Umschweife: Wir haben nicht vor, unbewiesene Anschuldigungen gegen den Sicherheitsdienst zu drucken. Das würde nur das Vertrauen der Leute in die Organisationen zerstören, die sich um unseren Schutz kümmern. Und sonst gar nichts.«
    Lindsay war fassungslos. »Ihr meint, der Geheimdienst hat sich bereits mit euch in Verbindung gesetzt?«
    Der Herausgeber schüttelte herablassend den Kopf. »Ja, was glaubst du denn? Daß der Aufruhr, den du dort veranstaltet hast, spurlos an uns vorbeigehen würde? Himmel Herrgott, Lindsay, du bist doch jetzt lange genug in dem Geschäft, da könntest du schon etwas weniger naiv sein. Mit dieser Story werden wir nicht durchkommen, siehst du denn das nicht ein, auch wenn du noch so stichhaltige Beweise hast!«
    Zweifel machten sich auf Lindsays Gesicht breit. »Und die habe ich, Bill. Außerdem Bestätigungen für die meisten Ereignisse durch dritte Personen, und eine Kopie von dem bewußten Computerband kann ich jederzeit auftreiben. Die Polypen können auch nicht einfach alles ableugnen. Kommissar Rigano sollte in der Lage sein, einiges zu bezeugen.«
    »Rigano befand sich ebenfalls unter den Leuten, die gestern hier waren«, gab Browne zurück. »Von dort brauchst du keine Hilfe zu erwarten. Betrachte den Artikel als gestorben, Lindsay.«
    »Es tut mir leid«, versicherte ihr Duncan. »Ich weiß, du
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