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Das Monopol

Titel: Das Monopol
Autoren: Nicolas Kublicki
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marktbeherrschende Stellung.«
    Er zog einen kleinen Gegenstand aus der Tasche, hielt ihn in die Höhe. »Sehen Sie das hier? Das ist der Diamant für den Verlobungsring meiner Freundin. Ehrlich gesagt, hab ich sie noch gar nicht gefragt, also sagen Sie es bitte nicht weiter.« Die Geschworenen lachten leise und entspannten sich; der junge Anwalt vom Justizministerium hatte das Eis gebrochen. »Es ist ein einkarätiger Diamant. Er ist echt. Ich habe es nachprüfen lassen. Für diesen Stein habe ich siebentausend Dollar bezahlt. Natürlich mit meiner Visa«, fügte er hinzu. »Das ist der ungefähre Preis, den alle Juweliere für einen Einkaräter verlangen. Siebentausend Dollar. Aber wissen Sie, was dieser Stein in Wirklichkeit wert ist?« Er machte eine Pause, ließ den Diamanten zu Boden fallen und trat mit dem Stiefelabsatz darauf. Die Geschworenen schnappten nach Luft. »Warum erschrecken Sie sich denn? Weil Sie glauben, dass dieser Diamant tatsächlich siebentausend Dollar wert ist, nicht wahr? Nun, da liegen Sie falsch. Würden die Preise nicht von Waterboer kontrolliert – und zwar mit Hilfe, Wissen und Begünstigung durch die Angeklagten –, wäre dieser Diamant«, er zeigte auf den Stein, »nicht mehr wert als fünfzig Dollar.«
    Er hielt inne. Auf den Gesichtern der Geschworenen spiegelte sich Fassungslosigkeit.
    »Genauso sieht es aus. Fünfzig Dollar. Wie das möglich ist, möchten Sie wissen? Die Antwort ist ganz einfach.« Er beugte sich zur Geschworenenbank vor und senkte die Stimme. Jedes Mitglied der Jury spitzte die Ohren. »Diamanten sind gar nicht so kostbar.«
    Carlton richtete sich wieder auf. »Ja. Diamanten sind nicht so kostbar. Denn der Diamant ist kein seltener Stein. Man findet ihn häufig, und in vielen Staaten der Welt, diesen Stein, der nur aus reinem Kohlenstoff besteht.« Er studierte die ungläubigen Mienen der Geschworenen. »Das haben Sie nicht gewusst, stimmt’s? Sonst hätten Sie nicht freiwillig derart überhöhte Preise für Ihre Verlobungsringe bezahlt.«
    Die verheirateten oder verlobten Frauen in der Jury starrten auf ihre Brillanten. Die Männer blickten finster.
    »Unzählige Menschen wurden betrogen. Und das ist der Grund, warum Monopolisten in den Vereinigten Staaten illegal sind. Ein Monopolist kontrolliert die Produktion, den Verkauf und die Preise. Waterboer kontrolliert die Förderung und Verteilung von Diamanten auf der ganzen Welt. Und damit auch den Preis. Ich werde Ihnen ein Beispiel geben. Wenn es in den Vereinigten Staaten nur eine einzige Telefongesellschaft gäbe, würde ein Gespräch … sagen wir, 1000 Dollar kosten. Finden Sie das nicht auch ein bisschen viel?«
    Lester Churchman sprang auf. Er schwitzte heftig. »Einspruch, Euer Ehren! Hier steht keine Telefongesellschaft vor Gericht. Was will die Anklage mit diesem Beispiel bezwecken?« Es war ein aberwitziger Einspruch, doch Churchman konnte nicht zulassen, dass Carlton die Geschworenen dermaßen in Bann zog. »Ich beantrage, diese letzte Äußerung aus dem Protokoll zu streichen.«
    »Stattgegeben«, verfügte Richterin Taggart und wandte sich dann an die Geschworenen. »Die Geschworenen werden die letzte Bemerkung der Anklage ignorieren. Sie wird aus dem Protokoll gestrichen.« Sie wandte sich an Carlton. »Kommen Sie zur Sache, Mr Carlton, oder Ihr Eröffnungsplädoyer ist zu Ende«, ermahnte sie ihn.
    »Ja, Euer Ehren.« Carlton zwinkerte den Geschworenen zu. Der Einspruch war genau im richtigen Moment gekommen. »Richterin Taggart hat Recht, meine Damen und Herren. Ich komme jetzt zum Kernpunkt. Waterboer ist ein Monopol. Darüber besteht kein Zweifel. Seit mehr als hundert Jahren hat Waterboer jedes verfügbare Mittel genutzt, um die Förderung und Verteilung von Diamanten zu kontrollieren, darunter auch Mittel wie Mord, Bestechung, Folter und Kinderarbeit. Waterboer unterstützte im Zweiten Weltkrieg die Nazis und während des Kalten Kriegs die Kommunisten in der Sowjetunion. Heute finanziert das Unternehmen weiße Rassisten, die russische Mafia und russische Nationalisten. Und alles nur, um den Diamantenpreis zu kontrollieren. Sie brauchen sich nicht allein auf mein Wort zu verlassen – es sind bewiesene Tatsachen, dokumentiert in diesen CIA- und FBI-Berichten, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.« Carlton legte die Hände auf zwei gebundene Dokumentenstapel. Sie waren so hoch, dass sie Erika vor den Blicken der Geschworenen verbargen – und das war auch durchaus
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