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Das Menue

Titel: Das Menue
Autoren: Robert Rankin
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werden wir diesmal alles wieder gutmachen.«
    »Und das wurde auch allerhöchste Zeit, Rambo. All diese Lämmer, die heutzutage auf der Erde leben, gehen mir mächtig auf mein olfaktorisches Organ.«

2
    AKUPUNKTUR : Eine gehässige Angewohnheit,
die bei den verschlagenen Chinesen sehr beliebt ist.
    Hugo Rune, Das Buch der Allerletzten Wahrheiten.
     
    Runes Misstrauen gegenüber den ›verdammten Chinesen‹ ist allem Anschein nach auf ein Essen zurückzuführen, das er Anfang der dreißiger Jahre zusammen mit George Orwell in einem Chinarestaurant in Pimlico eingenommen hat. Orwell hat die Begebenheit im ersten Entwurf von ›Fix und fertig mit Hugo Rune‹ festgehalten:
     
    ›Rune lud mich zum Dinner ein, um seine Idee für ein Buch zu diskutieren, das fünfzig Jahre in der Zukunft spielen sollte, in den 1980ern, mit dem geplanten Titel ›Big Sister‹. Ich erinnere mich noch, dass sein Appetit bereits damals durch und durch ungeheuerlich war. Wir waren fast mit dem dreizehnten Gang durch, als er plötzlich seinen Hals umklammerte und zu Boden fiel. Mithilfe eines Woklöffels und zwei Essstäbchen gelang es mir, einen Drei-Zoll-Knochen aus seinem Hals zu ziehen, der sich später als Oberschenkelknochen eines ringelschwänzigen Murmeltiers herausstellte.
    Der Restaurantbesitzer war untröstlich und zerriss prompt die Rechnung. Rune jedoch war außer sich und ging später vor Gericht, um auf Schadensersatz zu klagen.‹
     
    Evelyn Waugh hat diesen Zwischenfall ebenfalls festgehalten, obwohl er in Waughs Schilderung sechs Monate früher und in einem anderen Restaurant stattfand. Merkwürdigerweise handelt es sich offensichtlich um genau den gleichen Knochen.
    Sir John Rimmer, Der unglaubliche Mr. Rune
     
    Die Straße nach Graceland, der Elvis-Presley-Boulevard, ist ungefähr so breit, wie sie lang ist. Sozusagen. Und sie ist nicht mit besonders guten Vorsätzen gepflastert (was nicht heißen soll, dass sie nicht vielleicht doch zur Hölle führt). Jedenfalls wird sie nicht von Hunden verschmutzt, und Herumtreiber, ob es nun tatsächlich welche sind oder ob sie sich nur bücken, um offene Schnürsenkel zu verschlaufen, werden in Windeseile verscheucht. Wermut-Penner mit Papiertüten nehmen ihre abendliche Flüssigmahlzeit nicht in dieser Ecke der Wälder ein. Mit den Worten von Bobby the Z: »Es gibt keine Hintern vor den Toren von Graceland.« Junge weibliche Verehrerinnen, die gekommen sind, um dem King zu huldigen, werden eher unfreundlich begrüßt von den bewaffneten Milizionären mit ihren Killerhunden, der so genannten Memphis-Mafia.
    Doch dann, mit einer Plötzlichkeit, die alles umso schrecklicher machte, war das Undenkbare geschehen. Der King war tot. Ein großes Chaos war ausgebrochen. Die vergoldeten Tore standen weit offen, Füße trampelten über den geheiligten Rasen. Polizeihubschrauber drehten ihre unregelmäßigen Kreise, Flüstertüten geboten Ruhe. Die Straßen waren abgesperrt, Polypen zückten ihre Schusswaffen, und die Sirenen der Ambulanz stießen ihre untröstlichen Klagerufe aus. Die Nachricht war bereits über die Sender gegangen. Eine Ära war zu Ende. Elvis der Mensch war tot, doch Elvis die Legende war gerade erst geboren.
    Sam Maggott hat sich bis ins Epizentrum des Chaos vorgearbeitet. Es ist das Auge des Hurrikans. Hier gibt es nichts außer unwirklicher Stille und grässlicher Einsamkeit. Die Geburt ist schon kein besonders würdevolles Ereignis, und der Tod erst recht nicht. Ein fetter Mann liegt auf dem kalten gefliesten Boden. Er trägt einen Pyjama, gelbes Oberteil, blaue Hosen. Er hat die Knie bis fast ans Kinn angezogen. Er hat bereits angefangen zu stinken. Sam schiebt seine Polizeimütze in den Nacken und wischt sich mit dem Handrücken über die feuchte Stirn. Hinter ihm rennen Leute rufend, weinend und streitend durcheinander. Der Tote ist endlich ganz allein. Sam bückt sich, um den Leichnam zu untersuchen. Er betastet den dicken blauen Hals. Beinahe liebevoll streicht er über die aufgedunsene kalte Wange. Eine graue Kotelette löst sich unter seiner Berührung und fällt auf die Fliesen. Sam ist fasziniert. Er starrt benommen auf die Kotelette, dann hebt er sie auf und klebt sie wieder auf die Wange. Verkehrt herum. Zu seinem Erstaunen bemerkt Sam, dass der Verstorbene eine Perücke trägt. Sam wird es nicht der Presse erzählen. Später wird er äußerst überrascht feststellen, dass es auch sonst niemand getan hat.
     
    Unter den Klängen des unsterblichen Jimi
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