Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Menue

Titel: Das Menue
Autoren: Robert Rankin
Vom Netzwerk:
besaß nicht sonderlich viel Talent, doch das machte er mit seinem Ehrgeiz wett. Er wollte sich nicht durch die Tatsache entmutigen lassen, dass er nicht besonders gut malen konnte. Er war entschlossen, reich und berühmt zu werden.«
    »Und wen hat er dann aufs Kreuz gelegt?« Rex hätte es eigentlich besser wissen müssen, als ausgerechnet diese Frage zu stellen.
    »Er gilt als der einflussreichste Künstler des gesamten zwanzigsten Jahrhunderts. Konnte nicht einmal eine Wand richtig weiß streichen. Und selbstverständlich war er keiner von uns.«
    »Ein Phnaarg!«, sagte der auf das Gründlichste erleuchtete Rex. Es war eine kosmische Wahrheit, die vor der Apokalypse nur wenigen bekannt gewesen war. Die gesamte menschliche Geschichte war nichts weiter als eine Fernseh-Seifenoper, geschaffen und dirigiert von Wesen vom Planeten Phnaargos, um ihr unersättliches heimisches Publikum zu befriedigen.
    »Wie es der Zufall will«, fuhr Christeen fort, »war der größte Künstler des zwanzigsten Jahrhunderts ein Bursche aus Nordirland, Dave Carson. Aber wer erinnert sich heute noch an den Namen?«
    »Wahrscheinlich genauso viele, wie sich an diesen Picasso erinnern.«
    » Sic transit gloria mundi. «
    »Ah, ja«, sagte Rex. »Da fällt mir ein, dass ich dich eigentlich schon die ganze Zeit nach meiner Schwester fragen wollte.«
    »Sie ist auch irgendwo hier in der Gegend.«
     
    Kurze Zeit zuvor war Gloria Mundi aus dem Swimmingpool von Elvis gestiegen. Sie warf einen Blick allergrößter Verachtung auf Sam Maggott, der sich in einem Liegestuhl lümmelte und Elvis’ letzten Drink süffelte, ohne sich auch nur im Geringsten um ihre Notlage zu kümmern. Die Frage, was sie eigentlich hier zu suchen hatte oder ›wann‹ hier überhaupt war, lastete nämlich recht schwer auf ihren hübschen Schultern.
     
    Jack Doveston wurde überraschend schnell wieder nüchtern. Sein Bildschirm tanzte. Wer auch immer in das System der Universität eingedrungen war, er wusste ganz genau, was er wollte. Die seltenen Bücher auf den Festplatten wurden gescannt, und zwar mit einer unglaublichen Geschwindigkeit. Jack schaltete die Protokollfunktion des Druckers ein. Er war gespannt, zu sehen, was da vor sich ging.
    Jacks Gedankengang war nämlich ungefähr Folgender:
    Irgendjemand ist in das System eingedrungen.
    Der Dekan will unbedingt erfahren, wer dieser Jemand ist.
    Der Dekan hat sehr teure Ausrüstung beschafft, um das zu erfahren.
    Ergo: Was auch immer gestohlen wird, muss von beträchtlichem Wert sein.
    Ergo: Es könnte sich als profitabel herausstellen, das ›Was‹ zu identifizieren, bevor ich mir den Kopf über den ›Wer‹ zerbreche.
    Jack war höchst zufrieden mit seinem Gedankengang. Er besaß eine Art von berauschender Symmetrie.
    Der Drucker begann zu rattern und spuckte Zeile auf Zeile auf das Endlospapier. Fragmente in Latein, Gotisch, Altenglisch. Größtenteils sah es aus wie vollkommener Unsinn. Und dann war es vorbei. Jimi hörte auf zu spielen, und in Jacks Büro wurde es sehr still.
    »Menschenskind!«, sagte Jack Doveston. »Was haben wir denn hier?« Er studierte den Computerausdruck. Es sah ein wenig aus wie ein Gedicht. Ein wenig, aber nicht sehr. Eher schon wie…
    »Eher schon wie ein Rezept…« Jack untersuchte den Ausdruck mit wachsendem Interesse. »Oder eine Formel. Oder… oder ein Zauberspruch. Das… das ist eine Beschwörung!« Jack stieß einen Pfiff aus. Er hatte genug Zeit hier unten zwischen all den antiken Wälzern verbracht, um eine Beschwörung zu erkennen, wenn ihm eine ins Gesicht starrte. Jack riss das Papier aus dem Drucker und starrte die Buchstaben an. Sie besaßen eine gewisse Balance, fast eine musikalische Harmonie. Die Silben schienen ihm von der Seite entgegenzuspringen, als könnten sie es gar nicht erwarten, gelesen zu werden.
    »Das wird ja immer merkwürdiger.« Bestimmt machte es nichts aus, wenn er sie las. Schaden konnte es jedenfalls nicht. Magie war mehr Kunst als Wissenschaft, und ein Laie war nicht ohne weiteres imstande, Resultate zu produzieren. Magie unter Laborbedingungen war etwas Unmögliches. Es war, als würde man einem Kind ein paar Noten und ein Piano geben und erwarten, dass es ein Konzert spielte. Wer sein Leben der schwarzen Kunst verschwor, gab seine Seele dafür. Kaum weiter überraschend, dass Magie einem skeptischen Wissenschaftler in einem Labor kein müdes Stirnrunzeln entlockte.
    All das wusste Jack nur zu genau. Er erhob sich, nahm den Computerausdruck
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher