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Das Meeresfeuer

Das Meeresfeuer

Titel: Das Meeresfeuer
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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aus,
wie ein stählerner Korken in einem Flaschenhals. Doch rings
um das Schiff herum begann sich das Wasser einen Weg zu
bahnen. Noch war es nur ein dünnes Rinnsal, aber Mike sah
auch, daß die Risse im Metall rasend schnell größer wurden.
Die LEOPOLD mußte bereits Hunderte von Metern gesunken
sein, und der Wasserdruck war in dieser Tiefe bereits so enorm,
daß er einen haarfeinen Riß binnen weniger Sekunden zu einem
Spalt und dann zu einem klaffenden Leck verbreitern würde.
Schon wurde aus dem Rinnsal ein Strom und dann ein
sprudelnder Wasserfall, der sich an der NAUTILUS vorbei in
die Maschinenhalle ergoß. Mike griff nach Serenas Hand und
zerrte sie hinter sich her, so schnell er nur konnte. Hinterher
wurde ihm klar, daß sie kaum mehr als eine Minute gebraucht
haben konnten, um die NAUTILUS zu erreichen, aber es war
eine Minute ohne Ende. Aus dem Wasserfall wurde ein
reißender Katarakt, der sich brüllend und sprudelnd in die Halle
ergoß und sie mit eisiger Gischt überschüttete. Sie kamen mit
jedem Schritt langsamer voran. Das Wasser war unvorstellbar
kalt, und es warf sich Serena und ihm mit immer größerer
Gewalt entgegen. Schließlich trat Singh hinter sie und versuchte
sie vorwärtszuschieben, aber nicht einmal seine Kräfte reichten
dazu aus. Irgendwie gelang es ihnen zwar, auf den Füßen zu
bleiben, aber sie kamen nicht mehr von der Stelle.
Wahrscheinlich wäre es um sie geschehen gewesen, wäre nicht
in genau diesem Moment die Turmluke der NAUTILUS
aufgeflogen und hätte Ben ihnen nicht ein Seil zugeworfen.
Mike griff blindlings danach. Mit aller Gewalt klammerte er
sich daran fest, und hinter ihm griffen auch Serena und Singh
nach dem rettenden Seil, das genau in diesem Moment mit
einem Ruck straff gezogen wurde. Ben mußte das Tau wohl an
einer Winde befestigt haben, denn sie wurden nur so auf die
NAUTILUS zugerissen.
Mike prallte gegen den stählernen Rumpf der NAUTILUS.
Aber er ließ das Seil nicht los, so daß er weitergezerrt wurde.
Erst als die stählerne Treppe zum Turm hinauf vor ihm lag,
löste er seinen Griff und nutzte den Schwung, den er noch
immer hatte, um auf die Füße zu springen und sich zu Serena
herumzudrehen. Die Atlanterin war jedoch schon aus eigener
Kraft auf die Füße gekommen und war mit einem Sprung an
ihm vorbei, und keine halbe Sekunde später folgte ihr Singh,
wobei er Mike einfach am Kragen ergriff und mit sich zerrte.
Erst als sie den Turm erreicht hatten und Serena bereits die
Treppe hinunterpolterte, ließ Singh Mike wieder los.
Aber Mike folgte ihnen nicht sofort, sondern wandte sich
noch einmal um, um zu Winterfeld zurückzusehen. Was er sah,
das ließ ihn vor Schrecken einen Moment erstarren.
Winterfeld stand unter der aus den Angeln gerissenen Tür und
starrte zu ihnen herüber. Sein Gesicht war voller Blut, und
obwohl der Boden der Maschinenhalle eine starke Schräglage
hatte, reichte ihm das Wasser bereits bis zu den Knien, und es
stieg in jeder Sekunde höher. Überall bildeten sich Strudel und
schäumende Wirbel, und auf der Wasseroberfläche tanzten
metallene Trümmer. Wahrscheinlich war es bereits jetzt unmöglich, die NAUTILUS noch zu erreichen, ohne zu ertrinken
oder von den gefährlichen Metallstücken tödlich verletzt zu
werden. Trotzdem bildete Mike mit den Händen einen Trichter
vor dem Mund und schrie, so laut er nur konnte: »Winterfeld!
Kommen Sie her!«
»Niemals!« brüllte Winterfeld zurück. Seine Stimme war
schrill und drohte überzuschnappen, die Stimme eines
Wahnsinnigen. »Ich werde Erfolg haben! Ihr habt keine
Chance! Jetzt werdet ihr alle sterben, ihr Narren!« Mike wollte
antworten, aber Ben packte ihn grob am Arm und zerrte ihn
herum. »Das hat doch keinen Sinn!« schrie er. »Er will nicht
hören, begreif das doch! Und er hat recht – wir werden alle
draufgehen, wenn wir noch lange hier herumstehen! Das Schiff
sinkt wie ein Stein!«
Natürlich hatte Ben recht. Es ging buchstäblich um Sekunden.
Und selbst wenn Winterfeld hätte hören wollen, wäre es
wahrscheinlich längst zu spät gewesen. Das Wasser strömte
immer stärker und schneller herein. Kein Mensch auf der Welt
konnte durch diese sprudelnde Hölle schwimmen.
Und trotzdem drehte er sich noch einmal herum. Das Wasser
reichte dem Kapitän der LEOPOLD jetzt bis zur Brust, und es
umspülte ihn mit solcher Wucht, daß er sich mit beiden Händen
am Türrahmen festklammern mußte, um nicht von den Füßen
gerissen zu werden. Es war so, wie Ben gesagt
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