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Das Meer und das Maedchen

Das Meer und das Maedchen

Titel: Das Meer und das Maedchen
Autoren: Kathi Appelt
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Süßkartoffelpastete, zu der sie Sprühsahne servierte – was sich wiederum als Sindbads Leibspeise erwies.
    Die Bewohner der Oyster Ridge Road waren aus ihren Häusern an den Strand gekommen, hatten Würstchen gegrillt und Marshmallows geröstet. Dogie hatte auf seiner Ukulele gespielt und Signe hatte sich auf einem Badetuch zusammengerollt und war eingeschlafen, als er gerade ein lustiges kleines Lied gesungen hatte: „Kleine Motte, bist jetzt drei. Isst nicht mehr bloß Apfelbrei. Willst jetzt schon so allerlei.“
    BF hatte sich ebenfalls zusammengerollt, dicht am Feuer. Er war müde, weil er Sindbad den ganzen Nachmittag quer über den Strand gejagt hatte. Sindbad dagegen war müde von der Riesenportion Sprühsahne.
    Mirja wollte, dass sie aufwachten und sie sahen, wie sie auf den Wellen schaukelte. Ihr Boot hüpfte auf und ab. Es war kalt. Sie hatte nur eine Badehose und ein neues T-Shirt an, das ihr Dogie geschenkt hatte. Der Saum des T-Shirts war nass, weil im Boden ihres kleinen Bootes das Wasser stand.
    Mirja fing an zu weinen, aber da tauchte ein wunderschönes Gesicht neben ihr aus dem Wasser auf. Es war Meggie Marie, ihre Mutter. Ein kleines Rinnsal aus Erleichterung sickerte in ihr Herz. Meggie Marie schüttelte die langen Haare und eine Wasserfontäne sprang in die Luft, schimmernde Tropfen über der glitzernden Wasserfläche. Wenigstens war Mirja nicht allein. Aber warum war Signe nicht bei ihnen, hier draußen auf den Wellen? Sie schaute zum Lagerfeuer, das immer kleiner wurde.
    Meggie Marie lächelte sie an. „Keine Sorge“, sagte sie. „Wir reiten auf den Wellen zurück an Land.“
    Dann fügte sie hinzu: „Du wirst sehen, das ist ein Kinderspiel.“
    Sie wollte ihrer Meerjungfrauenmutter glauben, aber stattdessen biss sie sich auf die Unterlippe. Meerjungfrauen waren nicht vertrauenswürdig. Sie änderten ständig ihre Meinung und man wusste nie, wann sie kamen oder gingen.
    Meggie Marie summte ein Lied, das Mirja kannte. Du bist mein kleines Meermädchen und ich bin deine Meermama.
    Das Lied. Mirja erinnerte sich.
    Sie erinnerte sich, dass sie die Arme nach Meggie Marie ausgestreckt hatte, aber als sie das runde Boot losließ, fing es an zu schaukeln. Sie klammerte sich wieder an die runden Seiten und schluckte schwer. Ihre Meermama küsste sie auf den Kopf.
    Dann sah sie den Glücksbringer am Hals ihrer Mutter. Er glänzte auf ihrer zarten Haut. Mirja hatte so etwas noch nie gesehen. Sie griff danach.
    „Ein Geschenk von einer Möwe“, sagte Meggie Marie. Dann lachte sie und duckte sich wieder unter die Wellen. Wo war sie?
    Ganz plötzlich tauchte Meggie Marie wieder auf. Sie lachte immer noch. Sie löste die Kette von ihrem Hals und legte sie Mirja um.
    „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag“, sagte sie. Der kalte Anhänger ließ Mirja zusammenzucken.
    Das winzige Boot hopste auf und nieder. Meggie Marie lachte. So war Meggie Marie: Sie lachte immer. Mirja wollte auch lachen, aber sie hatte zu viel Angst. Sie war nass und verängstigt und wollte wieder an den Strand. Wollte sich in ihr Badetuch mit den roten und blauen Fischen wickeln, das Signe ihr geschenkt hatte. Sie wollte zu Signe und sich in ihrem Schoß einkuscheln.
    Plötzlich schwamm Meggie Marie ganz dicht an sie heran und stieß das hölzerne Gefährt mit der Schulter an.
    „Reite auf den Wellen!“, rief sie. Wieder und wieder sagte sie es. „Lass einfach los, kleines Meermädchen!“
    Meggie Marie lachte und dann packte sie die Schale mit beiden Händen, drehte sie kräftig im Kreis und tauchte unter. Das Drehen fühlte sich bösartig an, nicht freundlich und sanft, als ob es sie erschrecken sollte. Über Mirjas Kopf formten die Sterne einen zittrigen Kreis. Sie schaute nach unten, und da kam das Wasser angebraust. Es strömte in ihr kleines, wirbelndes Boot. Sie war klatschnass und fror und war ganz allein. Das Lagerfeuer wurde immer kleiner.
    Endlich tauchte Meggie Marie wieder neben ihr auf und verpasste dem Boot einen Schubs in Richtung Ufer. „Reite auf den Wellenpferden!“, rief sie laut und wild. Das Boot taumelte. Die Wellen galoppierten darunter und darüber hinweg und trugen immer mehr Wasser hinein. Mirja wollte schreien, aber ihre Kehle war zu erstarrt, um auch nur einen einzigen Ton hindurchzulassen. Die Wellen hatten sie umzingelt und schlugen mit ihren schaumigen Mähnen nach ihr.
    Das Nächste, an das sie sich erinnerte, war Signe, die sie aus dem runden Boot zerrte. Signe hatte sie gefunden! Sie
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