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Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)
Autoren: Sergej Kusnezow
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Stadt versank im Grünen und bot mit ihren einladenden Höfen, Parkanlagen und Vorgärten einen prächtigen Anblick. Besonders schön war sie im Altweibersommer, wenn sie eingehüllt in alle denkbaren Gelb- und Rot-Schattierungen dalag. Im Spätherbst und im Winter wurde sie grau, eintönig, und doch strahlte sie noch immer die ihr eigene Wärme und Behaglichkeit aus. An den langen Winterabenden brannten die Lichter in den Häusern, auf den Straßen erstrahlten die Laternen eine nach der anderen in langen Girlanden, und die Stadt sah aus der Vogelperspektive
aus wie ein riesiger, lichtergeschmückter Tannenbaum.
    Jetzt …
    Jetzt gab es keine Stadt mehr. Übrig geblieben waren nur sinnlos durcheinandergewürfelte Häuserschachteln mit verlassenen Wohnungen, zerschlagenen Fensterscheiben, abgerissenen Türen; Stromleitungen hingen schlaff herab zwischen schiefen, teilweise umgestürzten Strommasten; aus den zerstörten Gebäuden mit ihren eingerissenen Wänden ragten die eisernen Bewehrungsstäbe wie Knochen heraus. Alles war mit Flechten und grünbraunem Moos überzogen. Durch die Risse im aufgeplatzten Asphalt wuchsen Gras und Gebüsch; die Kinderspielplätze waren von hohem Unkraut überwuchert; im Sommer leuchteten verrostete Pkws, Lastwagen und Autobusse rötlich im staubigen Grün. Was verrotten, verfallen oder sich auflösen konnte, war im Laufe der Jahre verrottet, verfallen oder hatte sich aufgelöst.
    An diesem Tag waren die Häuser von einer dünnen Schicht frischen Schnees überzogen, der in der Vornacht zum ersten Mal in diesem Jahr gefallen war. Es war ein seltsamer Schnee, hellblau-gräulich. Aber selbst der Schnee konnte die Abartigkeit dieser Welt nicht verbergen. In der toten Stadt waren neue, furchtbare Bewohner aufgetaucht. Menschen gab es hier schon lange nicht mehr. Außer einem …
     
    Durch die Geisterstadt lief ein Mann, schwankend wie ein Betrunkener.
    Sein dunkelblauer Schutzanzug war stark beschädigt: Über den Rücken liefen von der Schulter bis zum Gürtel drei tiefe, blutverschmierte Furchen, als ob drei scharf geschliffene
Klingen gleichzeitig Anzug, Felljacke und Pulli durchtrennt hätten und in den Körper eingedrungen wären. An der Brust und am linken Oberkörper war der Mann ebenfalls verletzt. Der rechte Arm war purpurrot getränkt, doch dies war möglicherweise fremdes Blut. Nur der Helm aus stabilem Kunststoff und die teure ausländische Atemschutzmaske waren unversehrt geblieben.
    Der Mann atmete schwer und stockend, schleppte sich in einem seltsamen Zickzack dahin – man hätte meinen können, dass er sich ziellos bewegte. Aber es gab ein Ziel: so schnell wie möglich diesen schrecklichen Ort zu verlassen und sich zur Militärhochschule durchzuschlagen. Denn in den unterirdischen Stockwerken der Einrichtung, so hatte er gehört, lebten möglicherweise noch Menschen. Das wäre seine Rettung, seine einzige Rettung. Wenn er es nur dorthin schaffte …
    Der Mann versuchte, sich zu konzentrieren, sich zu erinnern, zu begreifen: Wer hatte ihn angegriffen? Mit wem hatte er gekämpft?
    Etwas Riesenhaftes, Grimmiges war blitzartig und mit ungeheurer Kraft über ihn hergefallen. Eine Kreatur hatte sich von hinten auf ihn gestürzt, ihm mit ihren Krallen den Schutzanzug aufgeschlitzt, die Kleidung und – verdammt, wie sein Rücken brannte! Er verlor Blut. Selbst würde er diese Wunden nicht nähen können. Was, wenn das Tier giftige Krallen gehabt hatte? Die zweite Kreatur hatte ihm die Pistole aus der Hand geschleudert und hätte ihm wohl mit dem nächsten Schlag den Schädel abgerissen, wenn er nicht sein Armeemesser bei sich gehabt hätte. Diese Klinge, wie sie die Männer der Sondereinheiten besaßen,
ein wenig kleiner als eine Machete, mit gezahntem Rücken, hatte er in das Monster getrieben und mehrere Male gedreht. Anscheinend hatten die Angreifer daraufhin das Interesse an ihm verloren und … sich zurückgezogen? Was war danach geschehen?
    Er wusste es nicht mehr. Seine Gedanken waren wirr.
    Wie war er in die Stadt gelangt? Wann? Wozu?
    Der Mann konnte keine dieser Fragen beantworten. Er erinnerte sich an den Kampf, versuchte aber vergeblich, sich das Aussehen der Kreaturen zu vergegenwärtigen. Hilflos knirschte er mit den Zähnen. Hatten die Bestien ihn für tot gehalten? Warum hatten sie ihn nicht verschlungen? Nachdem sie ihn zurückgelassen hatten, musste er eine Zeit lang bewusstlos dagelegen haben. Er war erst wieder zu sich gekommen, als er bereits durch die Stadt
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