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Das magische Land 2 - Das Amulett der Schlange

Das magische Land 2 - Das Amulett der Schlange

Titel: Das magische Land 2 - Das Amulett der Schlange
Autoren: Kathleen Bryan
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»Begleitet mich. Die meisten hier am Hof sind ganz versessen darauf, die wunderschöne junge Herzogin kennen zu lernen. Sollen wir ihrem Wunsche entsprechen?«
    Eine große Zahl von ihnen, dessen war Averil sich sicher, war ganz versessen darauf, die reichste Erbin von Lys zu heiraten. Wenn sie zufälligerweise auch noch jung und ansehnlich war, umso besser.
    Der König verhielt sich sehr taktvoll. Nicht jeder Name und jedes Gesicht, das er ihr vorstellte, war männlich oder auf der Suche nach einer Ehefrau. Von jenen, die es waren, drängte er ihr keinen auf. Er ließ sie gewähren, wie es ihr gefiel.
    Er war ein vollendeter Gastgeber, aufmerksam und fürsorglich. Als sie die Runde durch die Halle beendet hatten, wies er ihr einen bequemen Platz zu und versorgte sie mit einem Tablett voller Delikatessen und einem Becher Wein. Die Höflinge, die sie umschwärmten, schienen sich abzuwechseln, sodass nie mehr als sechs in ihre Nähe kamen.
    Mit sanfter Beharrlichkeit hatte er sie von ihren Zofen getrennt, selbst von der resoluten, beschützerischen Jennet. Averil konnte sie nirgends entdecken. Man musste sie aus der Halle geführt und ihnen befohlen haben, so lange fernzubleiben, bis sie gerufen wurden.
    Der Kopf schwirrte ihr von all den Namen und Gesichtern. Wenn sie von hier fliehen konnte, würde sie sie alle ordnen und sich klar und deutlich an jeden Einzelnen erinnern, aber dazu brauchte sie Ruhe. Dergleichen war hier bei Hofe nicht zu finden.
    Keinen der Jünglinge und Möchtegernjünglinge schien es zu stören, dass sie in der Kunst der leichten Konversation und des heiteren Lachens nicht bewandert war. Sie scherzten stattdessen miteinander und taten dies mit großer Freude, schössen scharfsinnige Pfeile ab, die ab und an Wunden hinterließen.
    Sie begann, die Entfernung zur Tür abzuschätzen und fragte sich, ob es irgendwo einen kürzeren Fluchtweg gab. Die wenigen Schlucke Wein, die sie genippt hatte, waren ihr bereits zu Kopf gestiegen: Sie war müde, und ihr Magen war leer, und Naschwerk und kleine Leckerbissen reichten nicht, um ihn zu füllen. Eine ordentliche Portion Eintopf und ein Stück dunkles Brot und eine anständige Nachtruhe würden Wunder wirken, doch wie sollte sie das alles erlangen?
    »Eure Hoheit«, sagte eine Stimme mit weichem Akzent. »Ich sehe, wir langweilen Euch.«
    Sie blinzelte stirnrunzelnd und erblickte ein Gesicht, an das sie sich nach der großen Vorstellungsrunde des Königs nicht erinnern konnte. Es war ein augenscheinlich ausländisches Gesicht, dunkler und schmaler, als man es typischerweise in Lys sah, mit blauschwarzem, aus der hohen Stirn zurückgekämmtem Haar und Augen so dunkel und samtig wie die eines Rehs. Aber sie blickten keineswegs scheu oder sanft.
    Sie zitterte ein wenig. Er erinnerte sie an eine Schwertklinge, schimmernd und tödlich, und dennoch hatte sie keine Angst vor ihm. Er lächelte; sein Blick schien warm.
    »Messire«, sagte sie, »Langeweile ist etwas, über das ich nicht viel weiß. Ich bin jedoch weit gereist und war schon vor dem Morgengrauen auf den Beinen. Aber es ist wohl nicht besonders höflich, wenn ich mich zurückziehe, wo noch so viele darauf warten, an die Reihe zu kommen.«
    »Sie können bis morgen warten«, sagte der dunkle Mann. Er streckte die Hand aus. Sie zögerte einen Moment lang, dann ergriff sie sie.
    Sein Lächeln war bemerkenswert liebenswürdig. »Oh, Ihr vertraut mir, Comtesse. Ich fühle mich geehrt.«
    »Die Ehre wäre ganz auf meiner Seite«, sagte sie, »wenn ich Euren Namen wüsste.«
    Er grinste — ein Aufblitzen weißer Zähne zwischen seinen kurz geschorenen schwarzen Barthaaren. »Touche! Mein Name ist so lang und kompliziert, wie man es erwarten würde, aber für meine Freunde bin ich Esteban de Cordoba. Mein Bruder ist König in Moresca; meine Schwestern sind mit Prinzen verheiratet. Ich leide unter dem Fluch der Überflüssigkeit, doch ich habe einen gewissen Nutzen als Botschafter.«
    »Oder als Gemahl für eine Herzogin in Lys?«
    »Das könnte schon sein«, sagte er, »obwohl es selten vorkommt, dass jemand von Eurem Blut über die Grenzen des eigenen Reiches hinausschaut.« »Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir es versuchen«, sagte sie, mehr um zu widersprechen, als um ihre Meinung kundzutun. Aber nachdem die Worte gesprochen waren, hatte sie kein Verlangen, sie ungesagt zu machen. Sie ließ sich von ihm beim Aufstehen helfen. Interessiert stellte sie fest, dass sie ihm gerade bis ans Kinn reichte.
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