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Das Magdalena-Evangelium: Roman

Das Magdalena-Evangelium: Roman

Titel: Das Magdalena-Evangelium: Roman
Autoren: Kathleen McGowan
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Umgebung aufgewachsen sind, war das Kapitel über Maria Magdalena ein Augenöffner. Sie zeichnen ein deutlich anderes Bild als das der reuigen Prostituierten, der gefallenen Frau; aber ich bin mir noch immer nicht ganz sicher, ob ich Ihnen das wirklich abkaufen soll.«
    Maureen nickte verständnisvoll, bevor sie entgegnete: »Selbst der Vatikan hat eingeräumt, dass Maria Magdalena keine Prostituierte war, und uns ermahnt, diese Lüge nicht mehr im Religionsunterricht zu lehren. Es ist nun dreißig Jahre her, seit der Vatikan formell verkündet hat, dass Maria nicht die Sünderin der Bibel war und dass Papst Gregor der Große diese Verbindung erfunden hat, um in jener dunklen Zeit seine eigenen Ziele zu verfolgen. So wird Maria Magdalena im Grunde genommen also zur Urmutter der Missverstandenen, zur ersten Frau von großer Bedeutung, die von den Geschichtsschreibern mit Absicht verleumdet worden ist. Sie war eine enge Vertraute Christi, zählte wahrscheinlich sogar zu den Aposteln. Und doch ist sie fast vollständig aus den Evangelien getilgt worden, und …«
    Jenna unterbrach sie. Das Thema erregte sie offenbar sehr. »Aber es gibt heutzutage so viele Spekulationen über Maria Magdalena, wie zum Beispiel, dass sie eine intime Beziehung zu Jesus gehabt haben soll.«
    Die junge Frau mit dem Kreuz zuckte unwillkürlich zusammen, doch Jenna fuhr fort: »Sie haben diese Fragen in IhremBuch nicht angesprochen, und nun frage ich mich, wie Sie zu diesen Theorien stehen.«
    »Ich spreche sie nicht an, weil ich glaube, dass es keinerlei Beweise gibt, um diese Behauptungen zu stützen. Es gibt eine Menge von Mutmaßungen, aber eben nichts Handfestes. Oder jedenfalls gibt es nichts, das ich, als Journalistin mit Selbstachtung, als Tatsache akzeptieren und unter meinem Namen publizieren würde. Allerdings würde ich durchaus so weit gehen zu sagen, dass es in der Tat eine Reihe von Dokumenten gibt, die darauf hindeuten, dass es eine intime Beziehung zwischen Jesus und Maria Magdalena gegeben haben könnte. In einem Evangelientext, der 1945 in Ägypten aufgefunden wurde, heißt es: ›Die Gefährtin des Erlösers ist Maria Magdalena. Er liebte sie mehr als alle seine Jünger und küsste sie oft auf den Mund.‹
    Natürlich werden diese Evangelien von offizieller Kirchenseite infrage gestellt, und tatsächlich könnten sie – soweit wir wissen – genauso gut die Klatschpostille des ersten Jahrhunderts sein. Deshalb halte ich es für angebracht, in diesen Fragen Vorsicht walten zu lassen, und so habe ich über das geschrieben, dessen ich mir sicher war. Und ich bin sicher, dass Maria Magdalena keine Prostituierte war, sondern eine wichtige Person im Gefolge Jesu. Vielleicht war sie sogar die wichtigste, denn schließlich war sie es, der Christus nach seiner Auferstehung zuerst erschienen ist. Jenseits davon bin ich nicht bereit, über ihre Rolle in seinem Leben zu spekulieren. Das wäre unverantwortlich.«
    Maureen antwortete so, dass sie auf der sicheren Seite war; so wie sie es immer tat. Doch insgeheim hatte sie durchaus schon öfter darüber spekuliert, ob Magdalenas Sturz vielleicht daher rührte, dass sie dem Meister zu nahe gestanden hatte; vielleicht hatte das zu Eifersucht bei seinen männlichen Anhängern geführt, die dann später versucht hatten, sie in Misskredit zu bringen. So war der heilige Petrus Maria Magdalena mit offener Abneigung begegnet, und in den gnostischen Evangelien, die aufjenen in Ägypten entdeckten Dokumenten aus dem ersten und zweiten Jahrhundert basierten, tadelte er sie öffentlich. Und auch in den späteren Schriften des heiligen Paulus war methodisch jeder Bezug zu Maria in Jesu Leben entfernt worden.
    Als Ergebnis davon hatte Maureen einen Großteil ihrer Forschungsarbeit damit verbracht, die paulinische Lehre auseinanderzunehmen. Paulus, der zum Apostel gewandelte Verfolger der frühen Christen, hatte mit seinen Lehrbriefen die christliche Gedankenwelt geprägt, obwohl er sowohl philosophisch wie auch im wörtlichen Sinne in deutlicher Distanz zu den von Jesus erwählten Jüngern gestanden hatte. Er hatte die Lehren des Herrn nicht aus erster Hand gehört. Solch ein frauenfeindlicher und politisch manipulativer »Jünger« war kaum dazu geeignet gewesen, Maria Magdalena als Christi treueste Dienerin zu verherrlichen.
    Maureen war fest entschlossen, Maria Gerechtigkeit widerfahren zu lassen; für sie war sie das Musterbeispiel der geschmähten Frau in der Geschichte, die Mutter aller
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