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Das Maedchen mit den Schmetterlingen

Titel: Das Maedchen mit den Schmetterlingen
Autoren: Carol Coffey
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komm schon, Sylvia, um der alten Zeiten willen, hmm?«
    Mit einem Lächeln schnappte sie ihm den Zettel aus der Hand.
    »Das kostet dich was«, sagte sie, drehte sich um und verschwand mit wogenden Hüften.
     
    Als Sam Moran Éamonn McCrackens Geburtsurkunde in den Händen hielt, hatte man diesen bereits in einem sicheren Haus im County Antrim in Verwahrung genommen, wo er auf seine Überführung nach Dublin wartete. Sam war klar, dass er seine Geschichte jetzt gefahrlos veröffentlichen konnte und mischte sich unter das Presserudel vor der Polizeiwache in Dublin, wo
McCracken an diesem Abend noch eingeliefert werden sollte. Sein Verdacht hatte sich bestätigt. McCrackens Mutter war als Elizabeth Dillon in Árd Glen, Wicklow, zur Welt gekommen. Nach ihrer Hochzeit mit McCrackens Vater hatte sie offenbar regelmäßig die Ferien in Árd Glen verbracht und ihren Sohn mitgenommen, der dort Maura Kelly kennengelernt, sie geschwängert und anschließend sitzen gelassen hatte.
     
    Dermot Lynch saß im Kreise seiner Angehörigen am Bett seines Vaters, als dieser seinen letzten Atemzug tat. Der Arzt betrachtete es als Segen, er hätte nie wieder laufen können, und Dermot war überzeugt, dass sein Vater so nicht hätte leben wollen. Trotz ihrer Differenzen verband sie beide die Liebe zum Landleben und das Bedürfnis, im Wechsel der Jahreszeiten durch Feld und Wald zu streifen.
    Die Beerdigung war schlicht wie der Verstorbene selbst. Dermots Schwester traf mit ihren beiden Töchtern gerade noch rechtzeitig aus Amerika ein. Seine Tante war aus Árd Glen angereist. Er war nahe daran, sich nach Kate zu erkundigen, was seiner Tante offenbar nicht entgangen war. Sie erzählte ihm, dass sie Kate zusammen mit Tess im Dorf gesehen hatte, dass es ihr offenbar gut ging, sie aber schrecklich abgemagert sei, was man trotz des schweren Wintermantels erkennen konnte. Dermot merkte, dass seine Tante sich gerne nach seinen weiteren Pläne erkundigt hätte. Sie war froh gewesen, einen Angehörigen in Árd Glen zu haben, und Mattie konnte die Hilfe im Pub gut gebrauchen. Als alle abgereist und seine Geschwister ihren Alltag wiederaufgenommen hatten, fühlte sich Dermot einsamer als je zuvor. Er machte sich auf dem Hof nützlich und half seinem jüngeren Bruder, der nicht mehr davon sprach, nach Amerika auszuwandern. Er hegte den Verdacht, dass seine Mutter von Kate wusste, besonders
nachdem sie ihn gefragt hatte, ob er »die Leute« in Wicklow vermisste.
    Schließlich beschloss Dermot, nach Árd Glen zu fahren und zu erkunden, ob sich eine Rückkehr lohnte. Sein Vater hatte sein Testament nicht geändert, und so gehörte der Hof ihm, wenn er ihn haben wollte. In den letzten Wochen hatte er viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Er vermisste Kate, und ihm war klar, dass er sich sein ganzes Leben lang Vorwürfe machen würde, wenn er nicht diese eine letzte Fahrt unternahm, um mit ihr zu sprechen.
    Der Tag seiner Abreise nach Wicklow war gekommen. Seine Mutter stand bekümmert im Türrahmen, ihr Mann fehlte ihr, und sie hätte sich gewünscht, dass Dermot den Hof übernahm. Das wusste er, auch wenn sie diesen Wunsch nie ausgesprochen hatte. Aber er wusste auch, dass ihr Wunsch, ihn glücklich zu sehen, noch größer war.
    Sie sah ihm zu, wie er ein paar Habseligkeiten in eine Tasche packte, und neckte ihn: »Mehr willst du nicht mitnehmen?«
    Dermot lachte.
    »Mal sehen«, erwiderte er, warf die Tasche ins Auto und machte sich auf den Weg nach Osten. Wenn alles gut ging, dann war er noch vor Einbruch der Dunkelheit in Wicklow.
     
    Kate und Tess waren unterwegs zur Weide draußen am See, wo Seán eine Reihe Fichten gepflanzt hatte, die den Blick auf das Wasser fast völlig verdeckten. Endlich konnte Tess frei und ohne Angst über den Tag sprechen, der ihr Leben so grundlegend verändert hatte. Wegen der großen Ähnlichkeit zwischen McCracken und Seán hatte sie die beiden immer für dieselbe Person gehalten, erklärte sie Kate, weshalb sie auf ihren Bildern auch immer zusammen dargestellt waren. Raupen
seien außerdem hässlich und garstig, und da Seán später unerklärlicherweise so garstig zu ihr geworden sei, hatte sie ihn als Schmetterling mit verkümmerten Flügeln gemalt, der wieder zur Puppe wurde. Sie habe versucht, sich bei Seán zu entschuldigen, damit er aufhörte, sie anzuschreien, aber er hatte nichts davon hören wollen.
    »Und das war auch der Zweck deiner Liste, Tess? Damit alles wieder in Ordnung kommt?«
    Tess nickte. »Es hat
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