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Das Luxemburg-Komplott

Das Luxemburg-Komplott

Titel: Das Luxemburg-Komplott
Autoren: Christian von Ditfurth
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Garde-Kavallerie-Schützen-Division, und dort dem Stabschef der Division, einem Hauptmann Pabst, übergeben.
    Kurz nachdem der Genosse Liebknecht aus der Wohnung gebracht worden war, erschien dort die Genossin Luxemburg und wurde ebenfalls verhaftet. Auch sie wurde schließlich zum Hotel Eden gebracht und dem besagten Hauptmann Pabst übergeben. Außerdem wurde noch der Genosse Pieck verhaftet, der sich als bürgerlicher Journalist ausgab und nicht i dentifiziert werden konnte.
     
    Zacharias lehnte sich zurück und schloss die Augen. Er kannte auch Pieck aus der Vorkriegszeit. Sie konnten ihn nicht identifizieren. Er las weiter und malte sich aus, welches Geschehen sich verbarg hinter den trockenen Sätzen.
    Dieser Hauptmann Pabst wollte die Spartakusführer umbringen, das lag auf der Hand. Gegen 23 Uhr erschienen Offiziere der Division in Mannschaftsuniformen im Hotel. Hauptmann Pabst übergab ihnen Liebknecht, und sie führten ihn aus dem Eden. An der Drehtür stand ein einfacher Soldat Wache, der Jäger Runge. Als er durch die Scheibe Liebknecht erkannte und sah, dass der durch einen Seitenausgang aus dem Hotel gebracht werden sollte, rannte Runge dorthin und kam gerade noch rechtzeitig, um dem Spartakusführer den Gewehrkolben auf den Kopf zu schlagen. Dann zerrten die Bewacher den blutenden Liebknecht ins Auto und fuhren los.
    Und nun geschah etwas Unglaubliches. Kaum waren sie eine kurze Strecke gefahren in Richtung Tiergarten, standen plötzlich Bewaffnete auf der Straße, hielten das Auto an und umringten es. Sie waren in der Überzahl und erklärten, sie gehörten zu Spartakus und den Revolutionären Obleuten. Sie holten Liebknecht aus dem Auto und erschossen seine Bewacher. Zwei seiner Befreier brachten Liebknecht in dem Auto in Sicherheit, die anderen schafften die toten Offiziere von der Straße, so dass auf den ersten Blick keine Spuren der Befreiung zu entdecken waren. Dann versteckten sie sich in der Nähe der Drehtür, behielten auch den Seiteneingang im Auge und warteten ab. Liebknecht sorgte offenbar dafür, dass die Revolutionären Obleute Verstärkung schickten, um notfalls das Hotel in einem Überra schungsangriff zu stürmen. Aber bald sahen die Revolutionäre, dass Rosa Luxemburg durch den Hauptausgang zu einem Auto gebracht wurde. Runge schlug auch sie mit dem Gewehrkolben. Als sie bewusstlos zu Boden stürzte, versetzte Runge ihr noch einen Schlag. Die Bewacher schleppten sie dann zum Auto und fuhren los. Die Revolutionäre hielten auch diesen Wagen an, befreiten die bewusstlose Rosa Luxemburg, töteten ihre Bewacher und brachten die Verletzte unter falschem Namen in ein Krankenhaus. Dann verschwanden die Befreier. Der Berichterstatter schloss mit der Bemerkung, dass ihm die bewaffneten Arbeiter unbekannt gewesen seien.
    Liebknecht und Luxemburg waren schon so gut wie tot gewesen, aber dann tauchte das Schicksal auf in Gestalt bewaffneter Arbeiter. Die befreiten die Arbeiterführer und verschwanden. So etwas gibt es nur im Krieg oder in einer Revolution.
    Die Tür öffnete sich, Dserschinski kam und sagte: »Kommen Sie, der Genosse Lenin will Sie sehen.«
    Zacharias kriegte weiche Knie.
    Im Hof wartete schon die Limousine mit dem Fahrer. Der Wagen verließ das Gebäude und fuhr langsam durch die schneebedeckten Straßen das kurze Stück zum Kreml. Es waren nur wenige Menschen unterwegs, die meisten abgerissen, dieser oder jener in Kleidung, die zeigte, dass er schon bessere Tage erlebt hatte. Immer wieder Bettler oder Frauen, die ein Glas saures Gemüse anboten oder einen halbfaulen Apfel oder sich selbst. Bald würde die frühe Nacht alles verdunkeln, nur Arme, Bewaffnete oder Gruppen trauten sich dann noch auf die Straße. Ein alter Mann starrte ins Auto, sie ließen ihn langsam zurück mit seinem Hass in den Augen.
    Als sie die Kremlpforte erreichten, verlangten Milizsoldaten die Ausweise, obwohl sie Dserschinski gewiss sofort erkannt hatten. Drinnen fuhren sie zu einem größeren Haus, dort empfing sie ein Mann im Frack. Er sah nicht nur aus wie ein Lakai des Zaren. »Der hat schon dem Zaren gedient«, sagte Dserschinski, nachdem sie der Befrackte in einen Raum geführt hatte, wo sie warten sollten, bis sie zu Lenin gebracht wurden. Dserschinski hatte die Verwunderung in Zacharias’ Augen gesehen.
    Sie liefen im Zimmer umher, Zacharias tat es, weil er nervös war. Er betrachtete die Wände. Helle Flecken zeigten, wo früher Bilder gehangen hatten. Ein mächtiger weißer Kachelofen
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