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Das Löwenamulett

Das Löwenamulett

Titel: Das Löwenamulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schwieger
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Metellus’ Schreibtisch stand?«
    Delia stutzte kurz. Dann fiel es ihr ein. »Er hat sie genommen und dem Unbekannten an die Schulter geworfen.«
    »Genau«, sagte ich. »Pacuvius ist zusammengezuckt, weil ihm die Schulter noch von dem Bronzehermes wehtat, den Myron ihm dagegengeknallt hatte.«
    »Und die Haare? Myron sagte, der Täter habe halblange dunkle Haare. Und Pacuvius …«
    Ich nickte nur.
    »… hat halblange dunkle Haare. Aber das ergibt doch alles keinen Sinn! Warum sollte Pacuvius Senator Metellus überfallen? Oder gar umbringen? Weil er seinem Vater den Hof abgekauft hat? Das war hart, aber doch kein Unrecht. Außerdem hätte der Vater ja nicht verkaufen müssen. Und es ist zehn Jahre her. Zehn Jahre!«
    Delia hatte recht, für ein Motiv war das zu wenig.
    Sie schüttelte den Kopf. »Das ist alles völlig verrückt.
    Meinst du nicht, wir sollten uns besser an Urbicus halten?
    Der ist ein brutaler Gladiator. Vielleicht war er ja doch nicht die ganze Nacht in dieser Kneipe. Pacuvius hat auf mich nicht den Eindruck gemacht, als sei er ein skrupelloser Mörder.«
    »Auf mich auch nicht«, musste ich zugeben. »Und vielleicht täusche ich mich auch. Vielleicht hat Senator Metellus das Landgut in Tusculum ja von einem ganz anderen gekauft.
    Oder er hat es geerbt. Vielleicht besitzt Pacuvius überhaupt 124

    kein Löwenamulett. Oder er legt es bei der Arbeit tatsächlich ab. Vielleicht hat er sich die Schulter morgens beim Aufste-hen verrenkt. Vielleicht, vielleicht, vielleicht!«
    »Wir müssen das herausfinden«, sagte Delia. »Und zwar möglichst schnell.«
    »Am besten, noch bevor Senator Corvinus hier auf-schlägt.«
    »Also, worauf warten wir?«

    Zur neunten Stunde an den Iden des Juli, am Nachmittag des 15. Juli
    Delias Frage bedurfte keiner Antwort.Esverging keine halbe Stunde, bis wir wieder in der Ascaniusgasse standen. Es war inzwischen früher Nachmittag, Helios’ Feuerwagen brannte heiß vom Himmel. Wer konnte, zog sich zu dieser Tageszeit ins Haus oder eine kühle Säulenhalle zurück. Die schmale Gasse war beinahe menschenleer, nur ein paar Kinder spielten lärmend mit einem Ball, ein Stück weiter saßen zwei kahle Greise auf Holzschemeln vor einem Haus und dösten in der Sonne.
    Wir standen vor Magister Orbilius’ Haus. Erst jetzt wurde uns schlagartig klar, dass wir nicht die leiseste Idee hatten, wie wir vorgehen sollten.
    »Wir könnten die Nachbarn fragen«, schlug Delia zaghaft vor.
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    »Was willst du sie fragen? Ob sie Pacuvius einen Mord-anschlag zutrauen?«
    Delia seufzte. »Nein, das wohl besser nicht. Aber wir könnten sie fragen, ob Pacuvius überhaupt ein Löwenamulett besitzt. Die Antwort darauf könnte uns einen Schritt wei-terbringen.«
    »Möglich«, sagte ich. »Oder wir fragen Servilia, wo Pacuvius in der letzten Nacht war.«
    »Er könnte sich heimlich aus dem Haus geschlichen haben«, wandte Delia ein.
    »Dann fragen wir Magister Orbilius, was mit Pacuvius’
    Schulter los ist.«
    Es war einfach furchtbar! Uns lief die Zeit davon, uns und Myron. Doch wir kamen nicht von der Stelle. Wahrscheinlich hätten wir noch stundenlang weiter überlegt, wie wir am besten vorgehen sollten, wenn Pacuvius selbst nicht plötzlich wie aus dem Nichts hinter uns aufgetaucht wäre. Wir hatten ihn nicht kommen hören.
    »Ihr schon wieder?«, fragte er verblüfft, als er den Haus-schlüssel aus seiner Tunica zog. Er war blass. Ich sah, dass seine Hand zitterte, als er den Schlüssel ins Schloss steckte.
    »Habt ihr etwas vergessen?«
    »Ja«, sagte Delia und schaute mich flehentlich an.
    »Ja«, wiederholte ich. In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Was sollten wir nur tun? Ihn zur Rede stellen? So tun, als seien wir zufällig hier vorbeigekommen?
    »Wir wollten noch einmal mit dir über Urbicus reden«, hörte ich mich sagen. Beim allmächtigen Zeus! War es wirklich eine so gute Idee, hierher zu kommen?
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    »So?«, sagte Pacuvius gedehnt. »Ich habe euch doch schon alles erzählt. Aber wenn ihr unbedingt wollt, kommt doch rein.« Es klang nicht gerade einladend.
    Er stieß die Tür auf und trat in den schmalen Flur. Ich schaute Delia an. Wenn Pacuvius tatsächlich der Täter war, sollten wir seiner Einladung besser nicht folgen.
    »Worauf wartet ihr?«, fragte Pacuvius aus dem Halbdunkel des Flurs. Mein Blick fiel auf seinen Hals. Ein Löwenamulett war dort immer noch nicht zu sehen. »Ich muss ein paar Sachen aus der Werkstatt holen und habe nicht viel Zeit.«
    Magister

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