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Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Titel: Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)
Autoren: Erik Kellen
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Scheibenwischer quietschten.
    Angekommen stieg Robert aus, vergaß beinahe Rudolf zu grüßen, durchquerte das Foyer wie ein angekettetes Raubtier. Im Aufzug wurde Coldlake immer kleiner. Dann den Flur entlang, er öffnete die Suite, knallte schwungvoll die Tür zu, riss sich die Krawatte vom Hals. Endlich durchatmen!
    Robert zog die Adelszeichen aus dem Zopf, ließ sie auf den Salontisch fallen. Die Silberringe tanzten klirrend auf dem Holz. Mit nur einer Bewegung schlug er die Lampe vom Tisch, voller Wut. Sie segelte durch den Raum, Coldlake duckte sich eben noch rechtzeitig, bevor der gläserne Lampenschirm an der Wand zerschellte und seine Splitter über den teuren Teppich verstreute.
    »WAS, bei Odins Arschbacken, ist da gerade passiert?«, schrie er zornig. Der Schotte erhob sich vorsichtig aus der geduckten Stellung, schien geschockt von dem emotionalen Ausbruch. Sein Gestank verpestete Roberts Gedanken.
    »Sir, ich …«
    »Halten Sie die verdammte Schnauze, sofort!« Coldlakes Kiefer klappte wieder zu. Der Lord fegte die Adelszeichen vom Tisch, als wären sie überflüssig geworden in dieser Welt. Er musste nachdenken, den Schaden begrenzen. Robert schlug die Schreibmappe auf, die das offizielle, vierfache Wappen der Humberstones zeigte: Ein Schiff für die immer währende Marinezugehörigkeit seines Bruders, ein Pergament mit einer Schreibfeder daneben für die Schwester, weil sie einen Doktortitel an der Universität hatte, einen Anker für den toten Vater und ein Labyrinth mit einem weißen Pferd in der Mitte für den Zauberer der Familie - ihn.
    »Wie heißt der Hauptmann, der mich abgeholt hat?« Coldlake zögerte, wischte sich die Hände nervös an der speckigen Hose ab, allen Mut zusammennehmend.
    »Warum wollt Ihr das wissen, Sir?« Wie außerordentlich mutig!
    Robert wusste um die Gewöhnlichen, die nur zu gerne andere Gewöhnliche in Schutz nahmen. Er entzündete eine Kerze, hielt sie schräg, ließ das Wachs auf den Tisch tropfen und zeichnete in die träge Masse ein unvollständiges Labyrinth.
    »Weil ich es kann!« Der kleine Schotte hob die Hände, gab auf.
    »Hauptmann Harden!«
    Robert verwischte den Zauber, tilgte den Weg. Er schrieb einige Zeilen auf das Blatt.
    »Es ist bald Wintersonnenwende, schicken Sie der Frau von Hauptmann Harden ein entsprechendes Kostüm, auf Ihre Kosten. Sie haben ja noch genug, nehme ich an.«
    Coldlake begann zu verstehen. Der kleine Schotte wähnte sich in Sicherheit. Vergebens! Robert fühlte es, ein Schauder überkam ihn. Nicht mehr zugehörig . Er stand außerhalb aller ihm zugedachten Normen, trat aus ihrem Kreis, aus dem Labyrinth. Und man konnte ihm dabei zusehen! Es war kein schöner Anblick, so vermutete er.
    Er stützte die Hand auf den Tisch. Seine Stimme war müde. Jetzt kamen ihm die einzelne Phasen vor wie Wetterleuchten, nicht wirklich, sondern ein schweres Gewitter ankündigend.
    »Und bringen Sie Rudolf eine kleine Aufmerksamkeit, er ist auf unserer Seite.« ›Unsere Seite? Ging es jetzt schon darum? Was tat er hier eigentlich?‹ Robert sah die aufgeschlagene Zeitung am Rand des Tisches, in der Famke heute Morgen gelesen hatte: The Night Captain. Das Bild zog ihn an, verwirrte ihn zunehmend, denn er erkannte etwas darin: Sich! ›Bei den Göttern!‹ Robert fühlte sich gar nicht wohl.
    »Gehen Sie runter in die Küche, Coldlake, sagen Sie Zoltan, ich brauche etwas Süßes, Konfekt oder ein Stück Torte, irgendwas, Hauptsache viel Schokolade.« Der Schotte verschwand leise, zog die Tür angemessen hinter sich zu. Robert setzte sich, seine Beine wurden wackelig.
    Als der Küchenchef wenig später leise klopfte, brachte Robert nur ein geseuftes „Ja?“ zustande. Der Bericht in der Zeitung hatte ihn paralysiert. Wie hatte das nur passieren können? Was wäre geschehen, wenn er heute morgen die Tür in dieser Verkleidung geöffnet hätte? Nicht auszudenken. War er wirklich so dumm gewesen zu glauben, die Menschen, die er in der vergangenen Nacht getroffen hatte, würden niemandem davon berichten? Ein vermummter Captain mit einem verletzten Mädchen auf dem Arm, der Silbermünzen verteilte? Zudem hatte er vergessen, den Zauber der Lautlosigkeit wieder zu lösen. Er war wahrhaftig wie die Nacht selbst aus dem Nebel erschienen. ›Bei den Krähen, das war ohne Frage erstklassiges Seemannsgarn.‹ Es musste der Fleetschiffer gewesen sein, der hatte ihn sofort als Engländer erkannt, wie, das war ihm noch immer unklar. Robert hatte keinen Akzent, die
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