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Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Titel: Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)
Autoren: Erik Kellen
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Streife zu fahren. So erhielt er tiefe Einblicke in die Strukturen der Stadt, auch wenn es dabei nötig war, mit den üblen Burschen der Schwarzhüte unterwegs zu sein. Sie waren die vorderste Front im Kampf gegen das Verbrechen, wenn es sie denn interessieren würde. Die meisten von den Schwarzhüten standen auf irgendeiner Lohnliste, die nicht zur Stadt New York gehörte, jedenfalls nicht offiziell. Hauptsächlich waren es Kleinkriminelle in Uniform, die versuchten ihre Familien über Wasser zu halten. Doch ein paar von ihnen stellten sogar die Gangster in den Schatten. Diese Leute musste man im Auge behalten, denn sie waren unberechenbar. Deshalb hatte Szuda solche Beamte wie Wittfield stets unterstützt, denn man brauchte Verbündete, die wenigstens ein paar Ideale vertraten. Der junge Mann bekam kein Gehalt von Szuda, stattdessen wechselten Informationen den Besitzer. Für diese Leute benutze Leonardo ein Art zweites Ich, dass kultiviert wirkte, vertrauensvoll, engagiert und dem Wohle der Stadt ergeben.
    »Danke, dass Sie mich um diese Stunde noch empfangen, Mr Szuda. Aber ich wusste mir keinen anderen Rat.« Wittfield wirkte aufrichtig verstört, etwas, das Leonardo aufhorchen ließ. Er mochte es gar nicht, wenn ihm Dinge entgingen, die wichtig sein konnten - oder gut fürs Geschäft. Er drückte einen Knopf, den er per Fußdruck aktivieren konnte. Damit schaltete er das Aufnahmegerät ein. Szuda deutete auf den Stuhl vor dem Schreibtisch und Wittfield nahm dankbar Platz. Er war in Zivil gekleidet, ein einfacher grauer Gehrock mit einer Reihe grauer Knöpfe, Hemd und Weste, schlichte Krawatte und in der Hand hielt er einen Zylinder.
    Man sah dem Guard an, dass er viel Zeit zwischen Aktendeckeln oder den Archiven der Stadtbibliothek verbrachte, er hatte das freundliche, offene Gesicht eines neugierigen Menschen, der gebildet war. Doch Szuda dachte gar nicht daran, diesen Bücherwurm zu unterschätzen, er unterschätzte niemals irgendjemanden, es war der Gesundheit nicht besonders zuträglich, wenn man das tat.
    »Wie kann ich Ihnen helfen?« Szuda lehnte sich vor, voller Aufmerksamkeit.
    Wittfield zog eine Fotografie aus der Tasche und reichte sie über den polierten Tisch.
    »Es geht um diesen Mann, Simon Sutherland, ein hochrangiger Bankier. Und es geht um die Anderen, die verschwunden sind aus den Straßen unserer Stadt, Sir.«
    Eine halbe Stunde später saß Leonardo wieder allein in dem Zimmer und war ehrlich besorgt. Das, was der Homeland-Guard ihm berichtet hatte, war alarmierend genug, um sofortige Nachforschungen in Gang zu setzen. Noch in dieser Nacht würden seine Leute nach diesem Sutherland suchen. Was die Anderen betraf, so wusste er, dass in einer Stadt wie New York so etwas wie menschlicher Schwund an der Tagesordnung war. Nach jeder Nacht gab es an die hundert Tote, aus welchen Gründen auch immer. Familien zogen weg, suchten das Weite, weil sie Schulden hatten oder sich mit den falschen Leuten eingelassen hatten. Es gab tausend Gründe, in diese Stadt zu kommen und eintausend mehr, sie schnellstens wieder zu verlassen. Dennoch, dass Menschen, die nicht in diese Kategorien gehörten, sich einfach so in Luft auflösten, das war neu. Und nicht hinnehmbar.
    Leonardo nahm eine kleine, unscheinbare Phiole aus der Schreibtischschublade, entkorkte sie und ließ einen einzelnen, zähen Tropfen davon auf seinen Finger fallen. Dann verrieb er die lavendelfarbene Substanz unter seiner Zunge. Er nahm den Feenhonig schon seit vielen Jahren, ein äußerst stimulierendes Konzentrat aus verschiedenen alchimistischen Kräutern, die ihn wach bleiben ließen und dennoch den Verstand weit öffneten wie den eines Philosophen. Eine Grundregel besagte zwar: Werde nie dein eigener Kunde, doch Leonardo war schlau genug, es nicht zu übertreiben.
    Er versuchte sich wieder in die Kontobücher zu vertiefen, doch schweiften seine Gedanken unaufhörlich zu Wittfield und dessen Bericht zurück. Er löschte die Pulverlampe, zog die Vorhänge wieder auf und spähte durch die Lamellen auf die Dockstraße hinaus. Hier am Fluss nahe der Brücke und im schummrigen Licht der wenigen Laternen wirkten die langen Lagerhäuser wie die aufgestellten Zelte einer fremden Armee. Die meisten waren aus Holz, weiß gestrichen und mit einem gewölbten Wellblechdach versehen, da sich die meisten Inhaber keine Bannzauber leisten konnten. Riesige Zahlen und Lettern der Gesellschaften prangten an Außenwänden oder Toren. Doch hier direkt am Fluss
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