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Das Lied der roten Erde (German Edition)

Das Lied der roten Erde (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Erde (German Edition)
Autoren: Inez Corbi
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er die Augen, riss sie aber gleich wieder auf und fuhr hoch, um nach dem Eimer zu greifen – und stieß mit schmerzhafter Wucht an das Brett über ihm. Er sank zurück und rieb sich die schmerzende Stirn. Wenigstens hatte ihn dieses Missgeschick von seiner Seekrankheit abgelenkt.  
    Wütend blickte er auf das Brett über sich. Mit diesem Anblick würde er die nächsten Monate leben müssen. In der Holzmaserung glaubte er eine entfernte Ähnlichkeit mit dem teigigen Gesicht des Richters zu erkennen, der ihn in einem lächerlichen, nicht einmal zehn Minuten dauernden Prozess verurteilt hatte. Schuldig des Hochverrats. Darauf stand die Todesstrafe. Duncan hatte sich schon am Strick baumeln sehen, als man das Urteil wie das vieler anderer Rebellen in sieben Jahre Verbannung umgewandelt hatte.  
    Sieben Jahre für einen Eid und ein paar Pikenspitzen. Zu lange für Nelly, um auf ihn zu warten.  
    Die See beruhigte sich allmählich. Fitzgerald stieß ein lautes Schnaufen aus. Offenbar war er aufgewacht. Das Brett über Duncan knarrte bedenklich, als sich der Mann hochstemmte und aus seiner Koje wälzte. Im nächsten Moment tauchte sein pockennarbiges Gesicht, über dem sich wirres, dunkelrotes Haar auftürmte, neben Duncan auf.  
    »He«, sagte der Hüne. »Gib mir dein Essen!«  
    »Wieso sollte ich?«  
    »Ich bin größer und schwerer als du. Ich habe das Recht auf eine größere Portion.«  
    Zumindest mit seiner ersten Aussage hatte er zweifelsohne recht. Obwohl auch Duncan nicht gerade klein war, zählte Fitzgerald zu den größten Menschen, die er je gesehen hatte, sicher an die zweihundertsechzig Pfund schwer und von kräftigem Körperbau. Aus seiner Hemdöffnung wucherten rötliche, gelockte Haare, und die Nase hatte er sich sicher mehr als einmal gebrochen. Niemand, mit dem man sich gerne anlegte.  
    »Lass es stehen!«, knurrte Duncan. »Ich esse es noch.«  
    »Du kriegst es sowieso nicht runter.« Ohne ein weiteres Wort griff Fitzgerald über ihn hinweg, nahm den gefüllten Blechnapf und stapfte schwerfällig davon.  
    Duncan seufzte. Ihm war noch immer übel, und er hatte nicht die geringste Lust auf eine Auseinandersetzung. Aber wenn er hier nicht von Anfang an einige Dinge klarstellte, würde es immer so weitergehen. Die Gesetze der Straße, die auch hier galten, kannten kein Mitleid mit den Schwachen.  
    Und so zwang er die Übelkeit zurück, rollte sich zur Seite und schwang sich von seiner Pritsche. »Stell es wieder hin!«  
    Einige der anderen Gefangenen steckten neugierig ihre Köpfe hinaus. Fitzgerald blieb im Mittelgang stehen. Er drehte sich um, stand breitbeinig da, um die Schiffsbewegungen abzufangen, und funkelte Duncan aus tiefliegenden Augen amüsiert an.  
    »Und wenn nicht?«  
    Er stieß ein erstauntes Grunzen aus, als Duncan direkt in ihn hineinlief. Der Blechnapf fiel aus seiner Hand, und die Erbsen mit Sauerkraut ergossen sich auf die Planken des Mittelgangs.  
    »Du …!« Mit einem wütenden Schnauben stürzte sich der Riese auf Duncan, doch dieser war schneller. Geschickt tauchte er unter den zupackenden Armen hindurch und versetzte seinem Gegner einen Hieb. Gleich darauf erhielt er selbst einen Schlag in den Bauch, der so heftig war, dass er einige Schritte zurückstolperte und mit dem Rücken gegen eine Pritsche stieß. Dann, mit kurzer Verzögerung, breitete sich der Schmerz in seinem Körper aus. Duncan sank auf die Knie, in seinen Ohren dröhnte es. Er versuchte nach Luft zu schnappen, aber es ging nicht. Sein Körper gehorchte ihm nicht mehr.  
    Es schien endlos zu dauern, bis er wieder atmen konnte. Seine Eingeweide fühlten sich seltsam verknotet an.  
    »Na«, fragte Fitzgerald spöttisch. »Genug gespielt?«  
    Duncan richtete sich mühsam auf.  
    »Noch lange nicht«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und rammte dem Hünen mit einer drehenden Bewegung seinen Ellbogen in die Seite.  
    Jetzt waren die anderen Gefangenen nicht mehr zu halten. Überall erschienen sie, drängten sich trotz des schwankenden Bodens vor und hinter ihnen, um die willkommene Abwechslung zu genießen und die Kämpfer anzufeuern.  
    Fitzgerald bleckte die Zähne und schlug zu, aber diesmal war Duncan darauf vorbereitet und konnte ihm ausweichen. Als Fitzgerald erneut vorstürmte, rutschte er auf dem Sauerkraut aus, taumelte und fing sich nur mit Mühe. Duncan konnte einige weitere Treffer landen, die an Fitzgerald allerdings abzugleiten schienen wie Öl auf
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