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Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen

Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen

Titel: Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen
Autoren: Felix R. Paturi
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rund 30 Prozent davon als Eigenkapital nachweisen könne. Kann er aber nicht. »Macht nichts«, meint der Banker, »Sie haben doch einen alten Geräteschuppen gepachtet, in dem Sie eine kleine, aber aufstrebende Schreinerei betreiben.« »Aufstrebend würde ich das nicht nennen«, entgegnet Hugo, »mir fehlen Aufträge.« »Macht auch nichts«, kontert der Finanzberater, »dann werden wir Ihr Unternehmen erst mal sanieren. Ich denke da auch schon an einen potenten Investor. Geld muss ja zunächst noch keines fließen, aber jemand winkt damit. Und wenn das so ist, dann bewerten wir Ihre Firma neu. Der Firmenwert reicht dann als Sicherheit für den Eigenkapitalanteil Ihrer Villa.« Gesagt, getan. Frau Meier ist zufrieden. Herr Meier hat schlaflose Nächte. Aber er wohnt jetztin einem schönen eigenen Edelbungalow. Das verleiht ein gewisses Selbstwertgefühl. »Weißt du«, hat seine Frau eine Idee, »das hat so gut geklappt. Wir bauen jetzt noch ein Mehrfamilienhaus dazu. Den Kredit bekommen wir schon irgendwie, wir können ja nachweisen, dass wir in Finanzgeschäften erfolgreich sind. Irgendein Spekulant gibt uns gegen ein kleines Zinsversprechen sicher eine Bürgschaft. Das Mehrfamilienhaus vermieten wir dann gewinnbringend.«
    Good Banks und Bad Banks: Dr. Jekyll and Mister Hyde.
    Lassen Sie mich das weitere Geschehen in kurzen Worten zusammenfassen: Nach einigen Jahren nannten die Meiers eine Baugesellschaft ihr Eigen, die errichtete ganze Siedlungsanlagen, erstellte Hotelneubauten auf Mittelmeerinseln und stampfte Bürohäuser aus dem Erdboden. Der kleine Bankkundenberater, der an der Wiege ihres Imperiums gestanden hatte, war in der Hierarchie seines Kreditinstituts aufgestiegen und saß jetzt als Ressort-Direktor in der Zentrale. Schließlich hatte er seiner Firma zu erheblichen Zinsgewinnen verholfen und selbst dafür hohe Boni eingestrichen. Ihm gefiel dieses Geschäftsmodell und er wiederholte es mit anderen Kunden, die freilich nicht alle von sich aus zu ihm kamen. Er warb gezielt um sie: »Brauchen Sie Geld?   – Wir geben es Ihnen.«
    Das Modell machte andere Bankhäuser neidisch und sie kopierten es. Schließlich fasste man alle Finanzmanipulationen dieser Art zu einem neuen Finanzprodukt zusammen und nannte es James Bonds   – James, weil der Bankkundenberater Jakob hieß, und Bonds, weil es sich um gut verzinste Anleihen handelte. Die James Bonds gingen an die Börse und wurden zum Umsatzrenner.
    Eines Tages aber kam das große Erwachen. Die ersten Kreditlaufzeiten gingen dem Ende zu und die Banken forderten das ausgeliehene Kapital zurück. Das konnten aber weder das Ehepaar Meier noch andere Bankkunden leisten. Sie hatten kein Geld,zumal der Großteil ihrer Mieteinnahmen als Kapitalzinsen an die Banken geflossen waren. Die Häuslebauer waren samt und sonders bankrott. Zwar hatten die Banken jahrelang Zinsen eingestrichen, doch die hatten sie großzügig unter ihre Führungskräfte verteilt. In ihren Büchern klafften jetzt milliardengroße Löcher, zumal die dubiosen Immobilienkredite beileibe nicht ihre einzigen gigantischen Fehlspekulationen waren. Den Finanzlöchern standen nur noch wertlose Schuldverschreibungen gegenüber, Lotterie-Nieten sozusagen. Die Banken sahen sich vor dem buchhalterischen Ruin. Eigentlich waren sie nicht einmal bankrott, ihnen fehlten nur die Gelder, weitere Kredite auszugeben und Spekulationen einzugehen, und darin sahen sie schließlich ihr Geschäft. Also waren sie eher handlungsunfähig als mittellos. Und deshalb brauchten sie Geld. Sehr viel Geld.
    Wie Kinder, die ihr Taschengeld verschleudert haben, ihre Eltern anbetteln, so antichambrierten die Bankdirektoren jetzt bei Väterchen Staat. In Amerika wurde dann auch ein besonders dämlicher   – für die angeschlagenen Banken allerdings hilfreicher   – Vorschlag gemacht: Der Staat kauft eure Schuldscheine, denn sie schaden euch ja, sie vergiften euch regelrecht. Deshalb nennen wir sie Toxic Papers. Nun kann der Staat als solcher aber keinen Finanzschrott erwerben, das wäre schließlich Betrug an den Steuerzahlern, deren Gelder er für wertlose Papiere verschwendet. Also gründet der Staat Bad Banks, die den eigentlichen schlechten Banken dazu verhelfen sollen, wieder gute Banken zu werden. Einzige Aufgabe der Bad Banks ist es, wertlose Papiere zu horrenden Preisen aufzukaufen, und dabei geht es um Unsummen. Allein zehn betroffene Banken in Deutschland könnten zusammen Schuldpapiere in Höhe von über einer
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